LHR Praxisfall: Abmahnungen gegen E-Zigaretten-Online-Shops – gilt das Werbeverbot auch im eigenen Shop?

Uns erreichen derzeit zahlreiche Anfragen von Händlern, die wegen angeblich unzulässiger Werbung im Internet abgemahnt wurden.
Neu ist dabei vor allem ein Ansatz, der für erhebliche Rechtsunsicherheit sorgt: Angegriffen wird nicht mehr nur klassische Online-Werbung, sondern die Darstellung der Produkte im eigenen Online-Shop selbst.
Overview
Worum geht es in den aktuellen Abmahnungen?
Ausgangspunkt ist das Werbeverbot für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter nach dem Tabakerzeugnisgesetz. Unstreitig verboten ist Werbung im Internet, etwa über Banner, Social Media oder sonstige externe Werbeformate.
Aktuell wird dieses Verbot jedoch deutlich ausgeweitet. Abmahner vertreten die Auffassung, dass bereits zahlreiche Darstellungen innerhalb des Online-Shops selbst als unzulässige Werbung zu qualifizieren seien – etwa:
- großflächige Produktbilder mit farbigen Hintergründen oder Lifestyle-Anmutung,
- preisliche Hervorhebungen, Rabatt-Hinweise oder Verkaufsclaims,
- beschreibende Texte, die über rein sachliche Angaben hinausgehen,
- Startseiten-Banner oder „Bestseller“-Kennzeichnungen.
Rechtslage: Werbung oder zulässige Produktinformation?
Rechtlich ist die Lage alles andere als eindeutig.
Zwar ist der Begriff der Werbung im Tabakerzeugnisrecht weit gefasst. Er umfasst jede kommerzielle Kommunikation mit dem Ziel oder der Wirkung, den Absatz zu fördern. Gleichwohl bedeutet dies nicht automatisch, dass jede Darstellung im Online-Shop verboten ist.
Gute Argumente sprechen dafür, dass jedenfalls eine rein sachliche Produktpräsentation zulässig bleiben muss. Der Online-Vertrieb von E-Zigaretten ist gesetzlich erlaubt. Daraus folgt zwangsläufig, dass Verbraucher sich über Produkte informieren können müssen. Dazu gehören insbesondere:
- Produktname und Hersteller,
- Preis und Füllmenge,
- technische Angaben und Inhaltsstoffe,
- neutrale Abbildungen zur Identifikation des Produkts.
Problematisch wird es dort, wo Darstellungen emotionalisieren, anpreisen oder Kaufanreize schaffen. Genau an dieser – bislang nicht klar gezogenen – Grenze setzen die aktuellen Abmahnungen an.
Warum die Abmahnungen rechtlich angreifbar sind
Viele der derzeit geltend gemachten Vorwürfe verallgemeinern das Werbeverbot in einer Weise, die den erlaubten Online-Handel faktisch leerlaufen ließe. Das ist europarechtlich wie verfassungsrechtlich nicht unproblematisch.
Entscheidend ist eine differenzierte Betrachtung:
- Handelt es sich um „Push-Werbung“, die ein neues Kaufinteresse erzeugen soll?
- Oder lediglich um eine „Pull-Situation“, in der ein ohnehin kaufinteressierter Kunde sachlich informiert wird?
Diese Unterscheidung wird in den Abmahnungen häufig verwischt oder vollständig ignoriert. Entsprechend bestehen in vielen Fällen erhebliche Verteidigungsansätze – sowohl gegen den Unterlassungsanspruch als auch gegen den behaupteten Wettbewerbsverstoß.
Was betroffene Händler jetzt tun sollten
Wer eine Abmahnung erhalten hat, sollte keinesfalls vorschnell eine vorformulierte Unterlassungserklärung abgeben. Diese ist regelmäßig sehr weit gefasst und kann das Geschäftsmodell dauerhaft erheblich einschränken.
Sinnvoll ist vielmehr:
- eine sorgfältige rechtliche Prüfung der beanstandeten Inhalte,
- eine klare Trennung zwischen zulässiger Produktinformation und riskanter Werbung,
- die Entwicklung eines rechtssicheren Shop-Layouts für die Zukunft.
Unser Fazit
Die aktuelle Abmahnwelle zeigt, dass der E-Zigaretten-Online-Handel zunehmend in den Fokus wettbewerbsrechtlicher Auseinandersetzungen gerät. Die Rechtslage ist komplex, aber keineswegs hoffnungslos. Viele Abmahnungen gehen deutlich weiter, als es das Gesetz zwingend vorgibt.
Wir beraten regelmäßig Online-Händler aus der E-Zigaretten- und Vape-Branche zu genau diesen Fragestellungen – sowohl präventiv als auch im konkreten Abmahnfall.
Wenn Sie betroffen sind oder Ihren Online-Shop rechtssicher aufstellen möchten, sprechen Sie uns gerne an.