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Rechtswidrige Inhalte: Twitter muss nach Kenntnis auch ähnliche Tweets entfernen

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Foto von Sara Kurfeß auf Unsplash

Wird ein rechtswidriger Post gemeldet, muss ein soziales Netzwerk nicht nur diesen, sondern auch sinngemäße Veröffentlichungen  mit identischen Äußerungskern entfernen. Diesen seit jeher geltenden Grundsatz musste das LG Frankfurt nun noch einmal gegenüber Twitter betonen.

In dem Rechtstreit ging es um Kommentare auf Twitter, in denen wahrheitswidrig behauptet wurde, der Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg habe „eine Nähe zur Pädophilie“, „einen Seitensprung gemacht“, sei in „antisemitische Skandale“ verstrickt und „Teil eines antisemitischen Packs“. Die Pressekammer des Landgerichts Frankfurt am Main stellte fest, dass es sich dabei um ehrenrührigen Behauptungen handelt, die unwahr sind. Der Antisemitismusbeauftragte verlangte die Entfernung der Kommentare, deren Verbreitung Twitter daraufhin unverzüglich zu unterlassen hatte.

Gleichwertigkeit aufgrund identischen Äußerungskerns

Das Landgericht Frankfurt am Main entschied: „Das Unterlassungsgebot greift nicht nur dann, wenn eine Äußerung wortgleich wiederholt wird, sondern auch, wenn die darin enthaltenen Mitteilungen sinngemäß erneut veröffentlicht werden.“ Betroffen seien solche Kommentare, die als gleichwertig anzusehen sind und die trotz gewisser Abweichungen einen identischen Äußerungskern aufweisen (LG Frankfurt am Main, Urteil v. 14.12.2022, Az. 2-03 O 325/22).

Keine allgemeine Prüfpflicht

Dies bedeute allerdings keine allgemeine Prüfpflicht für Twitter, so das Landgericht Frankfurt am Main. Prüfen muss Twitter Inhalte nur im Hinblick auf eine konkret beanstandete Persönlichkeitsrechtsverletzung. Die Vorsitzende Richterin der zuständigen Kammer äußerte in der Urteilsbegründung: „Das deutsche Recht mutet jedem Verpflichteten eines Unterlassungsgebots zu, selbst festzustellen, ob in einer Abwandlung das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt und damit kerngleich ist. Twitter befindet sich damit in keiner anderen Situation, als wenn eine bestimmte Rechtsverletzung gemeldet wird“. Auch in diesem Fall müsse Twitter prüfen, ob eine Rechtsverletzung vorliege, die zu einer Löschung führen müsse oder nicht.

Dieselbe Pressekammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat bereits entschieden, dass in einem sogenannten Meme, also einer Wort-Bild-Kombination, untergeschobene Falschzitate auf Facebook auch ohne erneuten Hinweis gelöscht werden müssen, wenn sie einen kerngleichen Inhalt aufweisen (LG Frankfurt am Main, Urteil v. 08.04.2022, Az. 2-03 O 188/21). Geklagt hatte seinerzeit die Bundestagsabgeordnete Renate Künast.

Berufung möglich

Die neue Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main ist noch nicht rechtskräftig, der Kläger kann noch in Berufung gehen. Das Urteil liegt auch noch nicht im Volltext vor. Interessant wird sein, wie die Kammer ihre Entscheidung im Fall Twitter begründet und inwiefern diese auf Bestimmungen des NetzDG Bezug nimmt.

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