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Focus Markenrecht
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BGH: Markeninhaber muss im Löschungsverfahren Umstände zum Fortbestand der Marke nachweisen

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Beweislast Löschung Farbmarke
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Das Orange der juristischen Fachzeitschrift NJW ist bekannt und geschützt. Ein Antragsteller verlangte die Löschung der Marke. Der BGH entschied: Der Markeninhaber hat Umstände nachzuweisen, aus denen sich der Fortbestand einer Marke ergibt.

In dem vom BGH entschiedenen Rechtsstreit (BGH, Beschluss v. 22.07.2021, Az. I ZB 16/20) ging es um die abstrakte Farbmarke Nr. 30 2008 037 660. Sie wird seit vielen Jahren für die Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Deutschlands mit Abstand größte und bekannteste juristische Fachzeitschrift, und deren Werbung benutzt. Es handelt sich um einen extra für den Beck-Verlag angemischten Farbton des Farbherstellers.

Rechtsbeschwerde gegen zurückgewiesenen Löschungsantrag

Die Antragstellerin beantragte beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Löschung der Marke unter anderem mit der Begründung, die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung der nicht unterscheidungskräftigen Marke lägen nicht vor. Die Markeninhaberin widersprach dem Löschungsantrag. Das DPMA wies den Löschantrag in der Folge zurück. Eine dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin beim Bundespatentgericht wurde zurückgewiesen (BPatG, GRUR 2020, 878). Die Antragstellerin verfolgte ihr Löschungsbegehren weiter mit einer vom Bundespatentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde. Die Markeninhaberin beantragte die Zurückweisung dieser Beschwerde.

Ausreichende Verkehrsdurchsetzung?

Das Bundespatentgericht nahm an, der Löschungsantrag sei zwar zulässig, aber unbegründet, weil eine Löschungsreife der angegriffenen Marke nicht festgestellt werden könne. Die angegriffene Marke sei nicht gemäß § 50 Abs. 1 und 2 Satz 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 Markengesetz (MarkenG) wegen Fehlens der Unterscheidungskraft zu löschen. Sie verfüge nicht von Haus aus über die für eine Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft. Es komme deshalb auf die Verkehrsdurchsetzung an.

Patentgericht: Zweifel gehen zu Lasten des Antragstellers

Die Markeninhaberin habe zwar für ihre Behauptung der Verkehrsdurchsetzung kein demoskopisches Gutachten vorgelegt, so das Bundespatentgericht weiter. Es sprächen jedoch mittelbare Anzeichen wie Umsatz, Marktanteil, Intensität, geografische Verbreitung und Dauer der Benutzung der Marke für die juristische Fachzeitschrift NJW dafür, dass das Eintragungshindernis im Anmeldezeitpunkt im Wege der Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden sei. Es sei jedoch nicht zweifelsfrei, dass die festgestellten Tatsachen und Indizien, die eine hohe Bekanntheit der NJW an sich belegten, ausreichend seien, um für die Farbmarke den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung in den beteiligten Verkehrskreisen als erbracht anzusehen. Verbleibende Zweifel gingen zu Lasten der Antragstellerin.

Bundespatentgericht-Beschluss aufgehoben

Der BGH war anderer Auffassung. Er gab der gegen die Beurteilung des Bundespatentgerichts gerichteten Rechtsbeschwerde der Antragstellerin statt, hob den angefochtenen Beschluss und verwies die Sache zurück an das Bundespatentgericht.

Markeninhaber muss Umstände zum Fortbestand nachweisen

Der zuständige BGH-Senat beschloss an der Rechtsprechung, wonach verbleibende Zweifel, ob ein Schutzhindernis im Eintragungszeitpunkt vorlag, zu Lasten des Antragstellers des Löschungsverfahrens und nicht des Markeninhabers gehen, nicht festzuhalten. Es obliege generell dem Markeninhaber, im Löschungsverfahren diejenigen Umstände nachzuweisen, aus denen sich der (Fort-)Bestand seiner Marke ergebe.

Der BGH beruft sich im Leitsatz seiner Entscheidung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil v. 19.06.2014, Az. C-217/13, C-218/13 – Oberbank u.a./Farbmarke Rot, Urteil v. 22.10.2020, Az. C-720/18, C-721/18 – Ferrari testarossa). Die im Streitfall maßgeblichen Kriterien für die Prüfung, ob das NJW-Orange infolge Benutzung Unterscheidungskraft erworben habe, seien durch diese EuGH-Rechtsprechung bereits geklärt.

Nutzung der Farbe geeignet, um markenmäßige Benutzung zu belegen

Der BGH entschied, dass das Bundespatentgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass das Eintragungshindernis des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG im Wege der Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden sei. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde gegen den Bundespatentgericht-Beschluss sei die Benutzung der geschützten Farbe für die NJW geeignet, ihre markenmäßige Benutzung für juristische Fachzeitschriften zu belegen. Die Verkehrsdurchsetzung setze gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG lediglich voraus, dass sich die Marke infolge ihrer Benutzung für die Waren oder Dienst-leistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat. Die Nutzung der Farbe als „Hausfarbe“ verlange § 8 Abs. 3 MarkenG nicht.

Löschungsanträge auf Marken kommen häufig vor. Das neue BGH-Urteil bedeutet damit geänderte Rahmenbedingungen für die Inhaber einer Marke, die – sei es zu Recht oder zu Unrecht – angegriffen wird. Denn sie können nun gezwungen sein, Zweifel an der Berechtigung ihres Markenschutzes auszuräumen.

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