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OVG NRW: Geflügel-Salami mit Schweinespeck irreführend

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Geflügel-Salami
Photo by Wesual Click on Unsplash

Im Lebensmittelrecht gibt es viele Tricks. Nicht immer weiß der Verbraucher, was er bei einer bestimmten Bezeichnung wirklich vor sich hat. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Analogkäse. Der Europäische Gerichtshof hat geurteilt, dass Milch aus Eutern kommen muss und vegane Produkte nicht „Sojamilch“ heißen dürfen. Beliebt ist auch, etwas auf die Verpackung zu schreiben, das nicht zu 100 Prozent oder nur in Spuren enthalten ist. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat jetzt eine Entscheidung darüber gefällt, ob eine Wurst mit der Bezeichnung „Geflügel Salami“ Schweinespeck enthalten darf, der kein Fleisch ist (OVG NRW, Beschluss v. 15. 08. 2022, Az. 9 A 517/20).

Das OVG NRW beschloss, dass ein als „Geflügel Salami“ bezeichnetes Produkt kein Schweinefleisch bzw. keinen Schweinespeck enthalten dürfe. Die Bezeichnung „Geflügel Salami“ auf der Vorderseite der Verpackung, so das Gericht, sei irreführend. Dadurch werde der falsche Eindruck erweckt, die Salami enthalte ausschließlich Geflügel. Es ging um eine fertigverpackte Salami, die neben Putenfleisch auch Schweinespeck enthielt. Das OVG NRW bestätigte damit eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden (VG Minden, Urteil v. 22.01.2020, Az. 7 K 9935/17).

Schweinespeck in kleinerer Schrift 

Geklagt hatte ein Unternehmen mit Sitz im Kreis Gütersloh, das Fleischerzeugnisse herstellt und bundesweit im Einzelhandel vertreibt. Auf der Vorderseite der Folienverpackung befand sich die Angabe „Geflügel Salami“. Auf der Rückseite der Verpackung stand unter der fettgedruckten Aussage „Geflügel Salami“ in kleinerer Schrift „mit Schweinespeck“.

Verstoß gegen die Lebensmittelinformationsverordnung

In der Zutatenliste wurde Schweinefleisch von der Reihenfolge her nach Putenfleisch genannt. Außerdem wurde dort angegeben, dass 100 Gramm der  „Geflügel Salami“ aus 124 Gramm Putenfleisch und 13 Gramm Schweinespeck hergestellt würden. Es gab eine Verbraucherbeschwerde hinsichtlich des Produkts. Die Fleischfirma fand die gewählte Bezeichnung rechtens. Die für die Lebensmittelüberwachung zuständige Behörde beim Kreis Gütersloh sah in der Bezeichnung beziehungsweise Aufmachung des Produkts jedoch einen Verstoß gegen Artikel 7 Abs. 1 lit. a die Lebensmittelinformationsverordnung i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch. Nach dieser dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein. Danach ist es ferner verboten, Lebensmittel, die Art. 7 Abs. 1, auch in Verbindung mit Absatz 4 der Lebensmittelinformationsverordnung nicht entsprechen, in den Verkehr zu bringen.

Verkehrsübliche Fettquelle

Die Fleischfirma klagte vor dem Verwaltungsgericht Minden auf Feststellung, dass das Produkt „Geflügel Salami“ nicht gegen das lebensmittelrechtliche Irreführungsverbot verstößt. Die Klage blieb jedoch ohne Erfolg. Ihren Antrag auf Zulassung der Berufung begründete die Fleischfirma unter anderem damit, eine Verbrauchererwartung, wonach die Salami ausschließlich Geflügel enthalte, bestehe nur bei der Bezeichnung einer Salami als „rein Geflügel“. Bei der „Geflügel Salami“ werde ausschließlich Geflügelfleisch verwendet, nicht aber Fleisch anderer Tierarten. Bei dem auf der Produktverpackung ausgewiesenen „Schweinespeck“ handle es sich nicht um Fleisch, sondern um eine verkehrsübliche Fettquelle, die lebensmitteltechnologisch erforderlich sei. Verbraucher würden die Zutat bei einer Salami erwarten.

Da der Beschluss des OVG in Münster unanfechtbar ist, können Liebhaber von Geflügelsalami jetzt wieder getrost zulangen.

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