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Focus Markenrecht
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Alles bequem im Blick. BGH stellt Bedingung für korrekte Grundpreisangabe klar

Grundpreisangabe
Photo by Markus Spiske on Unsplash

In Zeiten hoher Inflation greifen einige Produzenten in die Trickkiste. Da freut man sich als Verbraucher über die Konstanz des Schokoladenpreises und muss dann feststellen, dass es für den Euro nicht mehr 100 Gramm, sondern nur noch 90 Gramm gibt. Das ist nicht nur psychologisch leichter zu verkraften als die Anhebung des Preises für die Standard-100-Gramm-Tafel auf 1,10 Euro, sondern wird eben auch leicht mal übersehen. Das heißt: Man merkt die Minderleistung für den gleichen Preis nicht, während man eine Preiserhöhung für die gleiche Leistung sofort bemerken würde. Und da das nicht nur für Schokolade gilt, ist das ein grundsätzliches Problem im Rahmen des Verbraucherschutzes. 

Grund- und Verkaufspreis…

Daher gibt es die Preisangabenverordnung (PAngV), und das bereits seit 1970. Die PAngV regelt unter anderem, dass neben dem Endpreis, der pro Verkaufseinheit zu zahlen ist, zusätzlich der Grundpreis, also der Preis bezogen auf eine „runde“ Mengenangabe des Produkts (ein Liter, 100 Gramm, ein Kilogramm etc.) angegeben werden muss. Die konkrete Gestaltung der Preisauszeichnung war jedoch bislang nicht ganz eindeutig geklärt. Etwa blieb die Frage offen, wo die Grundpreisangabe stehen muss. Er soll gut wahrnehmbar sein, der Grundpreis, doch was heißt das genau? 

…auf einen Blick wahrnehmbar

Dazu hat der BGH nun klar gestellt: Der Grundpreis muss in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises angegeben werden (BGH, Urteil v. 19.5.2022, Az.: I ZR 69/21). Die Karlsruher Richter gaben als Kriterium für hinreichende Nähe von Grund- und Verkaufspreis an, es müsse gwährleistet sein, dass beide „auf einen Blick wahrgenommen werden“ können. Das hatte die Rechtssprechung bsiher teilweise anders gesehen, nun ist klargestellt, was „Nähe“ in diesem Fall bedeutet. 

„Neben“ heißt auch „nebeneinander“

Die am 28. Mai 2022 in Kraft getretene, an der europäischen Preisangaben-Richtlinie (98/6/EG) orientierte Novellierung der PAngVO ändere diesen Umstand nicht, betonte der BGH. Wenn es nunmehr von der Norm nicht mehr verlangt wird, dass der Grundpreis „in unmittelbarer Nähe“ zum Gesamtpreis der Verkaufseinheit stehen, sondern lediglich „neben“ diesem genannt werden soll (§ 4 Abs. 1 Satz 1 PAngV), dann impliziere das eben auch, darunter eine räumliche Bedeutung im Sinne von „nebeneinander“ zu verstehen – und nicht bloß soviel wie „außerdem“ oder „zusätzlich“.

„Klar erkennbar“ verlangt einfache Vergleichbarkeit

Zudem sei „klar erkennbar“ in der geänderten PAngVO eine Anforderung an die korrekte Preisauszeichnung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 PangV). Dieser komme man für den Verbraucher am besten nach, wenn man auf „einfachste Weise optimale Möglichkeiten“ schaffe, „Preise von Erzeugnissen zu beurteilen und miteinander zu vergleichen“, was im Ergebnis bedeute, „dass Gesamtpreis und Grundpreis auch weiterhin auf einen Blick wahrnehmbar sein müssen“. Vergleichen muss man dann zwar immer noch selbst, aber so fällt es dann vielleicht doch mal auf, dass an der Schokolade eine ganze Ecke fehlt.

Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.

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