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BGH: Facebook muss Nutzung unter Pseudonym erlauben

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Facebook Pseudonym
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Nutzer sozialer Netzwerke sind nicht verpflichtet, mit ihrem echten Namen aufzutreten. Der Bundesgerichtshof hat eine Klarnamenpflicht im Fall Facebook jetzt für unzulässig erklärt (BGH, Urteil v. 27.01.2021, Az. III ZR 3/21, III ZR 4/21).

Telemediengesetz bis 2021: Pseudonym ist zu ermöglichen

Der Bundesgerichtshof verneint eine Klarnamenpflicht bei der Nutzung eines sozialen Netzwerks für bestimmte Fälle. Der BGH entschied, dass Nutzer sozialer Netzwerke ein Recht auf Verwendung eines Pseudonyms haben. Der BGH stützt sich dabei auf § 13 Abs. 6 Satz 1 Telemediengesetz in der bis zum 30. November 2021 geltenden Fassung. Dort heißt es: „Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist.“ Der BGH urteilte, dass die Facebook-Bestimmung zur Klarnamenpflicht den Kläger „entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligte“. Die Unwirksamkeit der Bestimmung führe dazu, dass diese ersatzlos wegfalle und der Kläger einen Anspruch habe, Facebook unter Pseudonym zu nutzen.

Klarnamenpflicht im Innenverhältnis

Der Bundesgerichtshof trennt zwischen denjenigen Angaben, die ein Nutzer bei der Anmeldung beim sozialen Netzwerk angeben muss und dem Namen, der im Profil angegeben wird. Der BGH nahm eine umfassende Würdigung und Abwägung der wechselseitigen Interessen der Vertragsparteien unter Einbeziehung von Art. 6 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Richtlinie) vor. Danach sei es Facebook nicht zumutbar gewesen ist, die Nutzung des Netzwerks zu ermöglichen, ohne dass der Nutzer zuvor, etwa bei der Registrierung, im Innenverhältnis seinen Klarnamen mitgeteilt hatte. Für die anschließende Nutzung der angebotenen Dienste unter Pseudonym sei die Zumutbarkeit hingegen zu bejahen.

Geltung nur für Verträge vor DS-GVO-Inkrafttreten

Die Entscheidung des BGH gilt nur für ältere Verträge. In der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), die 2018 in Kraft trat, ist zur Klarnamenspflicht nämlich nichts geregelt. Deshalb ist für Fälle, in denen der Vertrag über die Nutzung nach Inkrafttreten der DS-GVO zustande kam, noch nicht abschließend geklärt, wie es sich dort mit der Klarnamenspflicht verhält. Laut BGH kam es in den beiden nun entschiedenen Verfahren auf die Datenschutz-Grundverordnung nicht an, weil diese erst seit dem 25. Mai 2018 gilt und es für die entschiedenen Fälle allein darauf ankam, wann jeweils die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen wurden.

Der BGH verkündete nun seine Entscheidung zu zwei verwandten Fällen zur Klarnamenspflicht: Im ersten Fall (Az. III ZR 3/21) war der Kläger Inhaber eines Facebook-Kontos. Er hatte als seinen Profilnamen ursprünglich ein Pseudonym verwendet. Nachdem er auf Nachfrage von Facebook nicht bestätigt hatte, dass das sein im Alltag verwendeter Namen ist, sperrt Facebook sein Nutzerkonto. Erst nach Änderung des Profilnamens wurde es wieder freigeschaltet. Der Kläger verlangte von Facebook, es zu unterlassen, Änderungen seines von ihm verwendeten Profilnamens zu verhindern.
Im zweiten Fall (Az. III ZR 4/21) gab die Klägerin als Profilnamen ebenfalls ein Pseudonym an. Ihr Nutzerkonto wurde gesperrt, nach sie einer Aufforderung, ihren Profilnamen zu ändern, nicht nachkam. Die Klägerin verlangte vor Gericht, dass die Sperre aufgehoben wird.

Die BGH-Entscheidung wurde mit Spannung erwartet. Die Entscheidung hilft vor allem Menschen, die, etwa aus beruflichen Gründen, Opfer von Hasskriminalität in sozialen Netzwerken werden und deshalb unter Pseudonym auftreten möchten. Es bleibt abzuwarten, wann und wie Facebook, aber auch andere soziale Netzwerke, die Entscheidung technisch umsetzen.

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