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300 EUR DSGVO-Schadensersatz für unerlaubte Werbe-E-Mail

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DSGVO Werbe-Mails
Photo by Brett Jordan on Unsplash

Werbung aller Art begegnet uns alltäglich. Ob auf Werbeplakaten, im Internet, im Supermarkt oder auch die fast täglichen Werbe-Mails, die in unser Postfach flattern. Letzteres bedarf jedoch regelmäßig einer vorherigen und ausdrücklichen Einwilligung des Empfängers.

Hält sich ein Unternehmen im Rahmen einer Werbung mittels E-Mail-Marketing nicht an das Erfordernis einer Einwilligung – außerhalb der Fälle des § 7 Abs. 3 UWG – hat der Empfänger einen Anspruch auf Schmerzensgeld.

Werbung mittels E-Mail-Marketing

Der Kläger nutzt eine Adresse von gmx.de für seine E-Mail-Korrespondenz. Er behauptete, die Adresse sei nicht allgemein zugänglich und trug – unstreitig – vor, diese Mailadresse der Beklagten zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt zu haben, da weder eine geschäftliche noch persönliche Beziehung zwischen den Parteien bestünde.

Im Januar 2021 erhielt der Kläger von der Beklagten eine Werbe-E-Mail, ohne dass er zuvor eine Anfrage an die Beklagte gerichtet hat. Die E-Mail ist überschrieben mit „Ihre Anfrage zu Kinder FFP 2 NR Masken“ und bewarb ein „Vorteilspaket FFP2 Masken für Kinder und Erwachsene“. Daraufhin bat der Kläger per Antwort-Mail die Beklagte um Mitteilung, wann sie seine Mailadresse gespeichert habe und woher sie diese erhalten habe. Außerdem bat er um Übersendung einer Unterlassungserklärung verbunden mit einem Vertragsstrafeversprechen.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass sie seine Dienstleistung bzw. Kontaktdaten im Rahmen einer Suche nach einer Rechtsberatung in ihrem Heimatort gefunden hat; da sich die rechtlichen Fragestellungen klären konnten, habe es dann keinen weiteren Bedarf zur Kontaktaufnahme gegeben. Sie gibt an, dass die Mailing-Aktion ausschließlich auf Kontaktdaten basiert hat, die manuell erfasst wurden. Dann gab sie die vom Kläger erbetene Unterlassungsverpflichtung ab. Jedoch machte der Kläger geltend, dass es einer gerichtlichen Klärung bedarf, da er ein besonderes Interesse hat, dass die anwaltlich genutzte Adresse nicht missbräuchlich angesprochen wird. Schließlich wird sie unteranderem für den Kontakt mit beA verwendet und alle eingehenden E-Mails sind mit besonderer Sorgfalt zu bearbeiten. Demnach forderte der Kläger die Beklagte dazu auf, ein Schmerzensgeld zu zahlen, das 300 € nicht unterschreitet.

Schadensersatz aus Art. 82 DSGVO

Das Amtsgericht Pfaffenhofen (AG Pfaffenhofen, Urteil v. 09.09.2021, Az. 2 C 133/21) gab der Klage statt. Insofern stehe dem Kläger gemäß Art. 82 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ein Anspruch auf Ersatz immateriellen Schadens zu. Dies, weil die Beklagte gegen die Bestimmungen der DSGVO verstoßen habe. Denn die Verstöße haben nach dem – insoweit auch unwidersprochen gebliebenen und damit zugestandenen Vorbringen des Klägers – kausal zu einem immateriellen Schaden geführt. Das Gericht stellt klar, die Beklagte habe zum einen die E-Mail-Adresse des Klägers ohne Rechtfertigung im Sinne des Art. 6 DSGVO verarbeitet, zum anderen dem Kläger verspätet bzw. zunächst nicht vollständig Auskunft erteilt. Diesbezüglich habe die Beklagte schon selbst nicht behauptet – geschweige denn belegen können -, dass der Kläger hierin eingewilligt hat. Zwar habe sie angegeben, die Kontaktdaten in einer frei zugänglichen Quelle im Internet gefunden zu haben, bei der Suche einer Rechtsberatung. Aber hierfür habe die Beklagte die Adresse gerade nicht gespeichert und verwendet, sondern zum Zwecke der Werbung, die jedoch mangels vorheriger Einwilligung des Klägers gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und Art. 6 Abs. 1 S. 1 DSGVO verstoße.

Einwilligung erforderlich

Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG ist eine unzumtbare Belästigung stets anzunehmen:

„bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines      Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige und ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt“

Insofern setzt die Werbung mittels E-Mail-Marketing für ihre Zulässigkeit außerhalb der Fälle des § 7 Abs. 3 UWG eine – vorherige und ausdrückliche – Einwilligung voraus, mithin eine Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und die Kenntnis der Sachlage erfolgt. Diese wird schon durch die Beklagte nicht behauptet oder vorgetragen. Ebenso wenig sei aus dem Vorbringen eine – wenn auch nur konkludent – erteilte Einwilligung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO zu entnehmen. Die Richter sind ferner der Ansicht, dass auch keine der weiteren Fälle der Vorschrift zu erkennen sei, insbesondere auch nicht ein Fall des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO, wonach die Verarbeitung nur rechtmäßig ist, wenn die Verarbeitung zu Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist.

Im Rahmen dieser Interessenabwägung sei zu prüfen, ob eine betroffene Person zum Zeitpunkt der Datenerhebung und angesichts der Umstände, unter denen sie erfolgt, vernünftigerweise absehen kann, dass möglicherweise eine Verarbeitung

für diesen Zweck erfolgen wird. Dabei sei zunächst der vom Datenverarbeiter verfolgte Zweck mit der Art, dem Inhalt sowie der Aussagekraft der Daten gegenüberzustellen; sodann seien insbesondere die vernünftige Erwartungshaltung der betroffenen Person beziehungsweise die Absehbarkeit – Branchenüblichkeit – der Verarbeitung sowie ihre Beziehung zu dem Verantwortlichen zu berücksichtigen. Das Gericht macht deutlich: Schon vor diesem Hintergrund müsse die Abwägung zu dem Ergebnis kommen, dass die schutzwürdigen Interessen des Klägers – welcher eben keinerlei Beziehung zur Beklagten hatte – die Interessen der Beklagten an einer Werbemaßnahme für von ihr vertriebene Masken überwiegen.

Verstoß gegen die Informationspflicht

Außerdem habe die Beklagte gegen Art. 14 sowie Art. 15 DSGVO verstoßen. Nach Art. 14 DSGVO hat der Verantwortliche in dem Fall, dass die Erhebung der Daten nicht bei der betroffenen Person selbst erfolgt ist, eine Informationspflicht gegenüber dem Betroffenen über die in Art. 14 Abs. 1, 2 genannten Einzelheiten, welche gem. Art. 14 Abs. 3 lit. a, b DSGVO unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der Verarbeitung personenbezogener Daten innerhalb einer angemessenen Frist nach Erlangung der personenbezogenen Daten, längstens jedoch innerhalb eines Monats, beziehungsweise falls die personenbezogenen Daten zur Kommunikation mit der betroffenen Person verwendet werden sollen, spätestens zum Zeitpunkt der ersten Mitteilung an sie zu erfüllen sei. Allerdings hat die Beklagte diese Pflicht gerade nicht erfüllt, da sie die Daten bereits länger speicherte.

Letztlich hat der Betroffenen dann noch ein Auskunftsrecht bezüglich der personenbezogenen Daten gemäß Art. 15 DSGVO. Hier habe die Beklagte jedenfalls hinsichtlich der Herkunft auf entsprechende Aufforderung des Klägers außergerichtlich keine Auskunft erteilt, obwohl der Kläger hinreichend präzise danach gefragt habe, woher die Beklagte seine E-Mail-Adresse erhalten habe, so die Richter.

Höhe des Anspruchs

Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs führte das Gericht aus, diese sei nicht willkürlich, sondern auf der Grundlage der inhaltlichen Schwere und Dauer der Rechtsverletzung zu beurteilen, unter Berücksichtigung des Kontexts, der Umstände eines Verstoßes. So könnten die Genugtuungs- und Vorbeugungsfunktion bei der Bezifferung eine Rolle spielen. Jedoch dürfe die Höhe des Schadensersatzes zum einen keine Strafwirkung entfalten. Andererseits reiche ein künstlich niedrig bezifferter Betrag mit symbolischer Wirkung nicht aus, um die die praktische Wirksamkeit des Unionsrechts sicherzustellen.

Schmerzensgeld nach Werbung

Eins lässt sich aus diesem Urteil gewiss ziehen: Augen auf beim E-Mail-Marketing. Denn das Versenden von Werbe-E-Mails, ohne vorher eine Einwilligung des Empfängers eingeholt zu haben, kann für den Werbenden teuer werden!

Zwar gab das Amtsgericht Pfaffenhofen der Klage hier statt. Allerdings wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der sich stellenden Rechtsfragen die Berufung zugelassen.

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