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Schwarzmarkt? 8 Dinge, die Sie zum Weiterverkauf von Eintrittskarten wissen müssen!

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UPDATE: EM 2016: Darf man Fußballtickets einfach so weiterverkaufen?

Das DFB-Pokalfinale zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund steht vor der Tür. Und wie bei jedem sportlichen Ereignis der Extraklasse übertrifft die Nachfrage das tatsächliche Kartenkontingent um ein Vielfaches. Aus diesem Grund verbringen wieder viele Fans schlaflose Nächte, weil sie die rechtlichen Konsequenzen eines Ticket-Kaufs bei eBay oder anderen Plattformen wie Seatwave oder Viagogo ebenso wenig einschätzen können, wie die Folgen im Falle des eigenen Verkaufs von Karten, welche direkt beim Veranstalter erworben wurden – teilweise zu einem den Normalpreis eklatant übersteigenden Betrag.

Wir wollen die wichtigsten Fragen in der gebotenene Kürze aufwerfen und möglichst prägnant beantworten, um den betroffenen Fans ein wenig Transparenz und damit im besten Fall einen guten Schlaf vor dem Pokalfinale und anderen, zukünftigen Sportereignissen oder Konzerten zu ermöglichen.

1. Darf ich als Privatperson ein Ticket, das ich unmittelbar beim Veranstalter erworben habe, weiterverkaufen?

Ja, private Käufer, die das Ticket zum privaten Gebrauch erworben haben, kann der Weiterverkauf nicht verboten werden. Die Veranstalter versuchen zwar ein solches Weiterverkaufs-Verbot durch die Verwendung von AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen, bzw. Allgemeine Ticketbedingungen, ATB) und durch einen zusätzlichen Kartenaufdruck („Der Weiterverkauf ist nicht gestattet“) durchzusetzen. Diese AGB sind bei einem generellen Weiterverkaufsverbot gegenüber Privatpersonen aber unwirksam. Zwar dürfen die Veranstalter in ihren AGB festlegen, dass der Verkauf der Karten ausschließlich zum privaten Gebrauch erfolgt und darüber hinaus grundsätzlich auch eine Weitververäußerung unter bestimmten Umständen verbieten. Ein generelles Weiterverkaufsverbot benachteiligt den privaten Käufer im Ergebnis aber in unangemessener Art und Weise und ist deshalb unwirksam. Dieses Ergebnis entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der ohne eine eingehende Prüfung von AGB in einem wegweisenden Urteil zum Unmut der Veranstalter festgestellt hat, dass es privaten Käufern möglich sein muss, im Falle einer Erkrankung oder einer Verhinderung die Karte weiterverkaufen zu können (vgl. BGH, Urt. v. 11.09.2008 – I ZR 74/06). Dies entspricht dem Grundsatz der Verkehrsfähigkeit von Wirtschaftsgütern, welcher durch ein generelles Verbot des Weiterverkaufs ad absurdum geführt werden würde.

Auch die legitimen Interessen der Veranstalter, welche im Bereich des Fussballs insbesondere auf Sicherheitsaspekte im Interesse einer Trennung rivalisierender Fangruppen, sowie auf die Vorgabe der Preissicherheit abstellen, um durch das Anbieten verschiedener Preiskategorien eine Preisexplosion zu vermeiden und dadurch jedermann den Zugang zur Veranstaltung zu gewähren, können ein solches Weiterverkaufsverbot gegenüber Privatpersonen nicht rechtfertigen.  Die einmal durch den Veranstalter verkauften Karten müssen damit als Wirtschaftsgüter bewegungsfähig bleiben und dürfen durch Privatpersonen weiterverkauft werden.

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2. Darf ich eine Karte weiterverkaufen, die ich als Privatperson von einem Dritten geschenkt bekommen oder von diesem erworben habe?

Ja, wie bereits festgestellt, greift das Weiterverkaufsverbot der Veranstalter gegnüber privaten Erwerbern nicht durch. Zudem gelten AGB immer nur unmittelbar gegenüber dem Vertragspartner, d. h. zwischen dem Veranstalter und dem Ersterwerber. Eine Sanktionierung gegenüber einem Zweiterwerber ist nicht möglich, weil ihm gegenüber überhaupt kein Vertragsverhältnis besteht und damit auch keine AGB zur Anwendung kommen können.

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3. Gibt es einen Unterschied, wenn gewerbliche Anbieter die Tickets beim Veranstalter kaufen?

Ja, die Situation ist rechtlich anders zu bewerten, wenn ein gewerblicher Anbieter selbst oder über Mittelsmänner beim Veranstalter Eintrittskarten kauft. Der Bundesgerichtshof hat diesbezüglich festgestellt, dass ein Verbot des Weiterverkaufs in den AGB gegenüber gewerblichen Anbietern keine unangemessene Härte darstellt, weil diese den Anbieter über ihre Absicht, die Karten gewerblich weiter zu verkaufen, täuschen (vgl. BGH, Urt. v. 11.09.2008 – I ZR 74/06). Man spricht von einem sogenannten Schleichbezug, gegen welchen sich die Veranstalter auch wettbewerbsrechtlich erfolgreich wehren können (vgl. BGH, Urt. v. 11.09.2008 – I ZR 74/06). Das von den gewerblichen Anbietern in diversen Gerichtsverfahren vorgetragene Interesse, die Karten als Wirtschaftsgüter weiter zu verkaufen, um die Verkahrsfähigkeit der Eintrittskarten zu gewährleisten, hat auf jeden Fall in den Fällen zurückzutreten, in denen die gewerblichen Anbieter gegen die ihnen gegenüber wirksame Vorgabe in den AGB, dass der Verkauf ausschließlich zum privaten Gebrauch erfolgt, verstoßen und damit unredlich handeln.

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4. Ab wann handele ich als gewerblicher Verkäufer?

Diese Frage ist leider nicht pauschal zu beantworten. Nach den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist immer einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, um die Frage zu beantworten. Für den Fall, dass ein Fan als privater Käufer eine Karte erwirbt und diese dann aufgrund von Krankheit oder anderer Verhinderung nicht wie geplant selbst nutzen kann und deshalb weiterverkauft, ist ein gewerbliches Handeln mit Sicherheit auszuschließen, wenn keine anderen besonderen Umstände hinzukommen. Eine solche Verhinderung kann bei einem echten Fan durchaus auch wiederholt vorkommen, ohne dass er als gewerblicher Verkäufer einzustufen ist, wenn er beispielsweise regelmäßig die Heimspiele seines Lieblingsclubs besucht. Aber immer dann, wenn wiederholt vergleichbare Kaufgegenstände wie Eintrittskarten durch ein und dieselbe Person angeboten werden und zudem eine Gewinnerzielungsabsicht zu erkennen ist, d. h. die Karten über dem normalen Preis verkauft werden, ist absolute Vorsicht geboten. Die Grenze zum gewerblichen Verkauf ist fließend und wird in der Praxis oftmals unterschätzt.

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5. Mache ich mich strafbar, wenn ich meine Eintrittskarte als Privatperson weiterverkaufe?

Auch wenn die Veranstalter teilweise Formulierungen wählen, die eine Strafbarkeit des Weiterverkaufs vermuten lassen könnten, ist der Weiterverkauf eines Originaltickets niemals im strafrechtlichen Sinne strafbar. Wie dargelegt, kann der Weiterverkauf auch zivilrechtlich durch ein generelles Verbot in den AGB gegenüber Privatpersonen nicht verboten werden.

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6. Drohen dem privaten Verkäufer weitergehende zivilrechtliche Sanktionen, wenn er sein Ticket verkauft?

Die Veranstalter, insbesondere verschiedene Bundesligavereine, stellen in ihren AGB teilweise drastische Sanktionen für den Fall in Aussicht, dass ein Weiterverkauf des Tickets nach dem Ersterwerb erfolgt. So wird neben dem Verlust des fraglichen Tickets oftmals auch ein Stadionverbot und der endgültige Ausschluss für den zukünftigen Erwerb von Eintrittskarten angedroht. Besonders bedrohlich für die Fans ist auch die Androhung einer Vertragsstrafe in Höhe von 2.500,00 € für den Fall des Weiterverkaufs der erworbenen Karte.

Diese Formulierungen in den AGB schrecken viele Fans  von einem Weiterverkauf ab, ohne dass sie tatsächlich Auswirkungen entfalten. Wie festgestellt, sind die AGB in Bezug auf das generelle Weiterverkaufsverbot gegenüber privaten Erwerbern unwirksam. Damit sind auch die damit in Zusammenhang stehenden Sanktionen eines Stadionverbots oder einer Vertragsstrafe unwirksam. Die angedrohten Sanktionen verstärken die Unangemessenheit des Veräußerungsverbots sogar noch, weil sie eine unverhältnismäßige Härte gegenüber dem privaten Käufer darstellen (vgl. LG Essen, Urt. v. 26.03.2009, Az. 4 O 69/09). So könnte ein Bundesligaverein einem privaten Käufer bereits allein wegen des des Versuchs der Weiterveräußerung einer Eintrittskarte durch Einstellen des Tickets auf einer Verkaufsplattform Stadionverbot erteilen und bei einem erfolgreichen Verkauf der Karte sogar die Zahlung einer Vertragsstrafe fordern, was eine erhebliche Intensivierung der Unangemessenheit gegenüber dem privaten Käufer darstellen würde.

Zuletzt versuchen die Anbieter oftmals auch, durch die AGB den Zweiterwerber zu sanktionieren, indem auch dem Erwerber der Eintrittskarte das Zugangsrecht zum Stadion verboten werden soll. Wie aufgezeigt, entfalten die AGB aber immer nur Wirkung gegenüber dem unmittelbaren Vertagspartner und nicht gegenüber Dritten, so dass auch dieses Verbot unwirksam ist.

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7. Gibt es einen Unterschied, wenn ich ein personlisiertes Ticket kaufe?

Ja, der Kauf eines personalisierten Tickets hat andere rechtliche Konsequenzen als der Kauf eines einfachen Tickets. Personalisierte Tickets wurden insbesondere zur Fussball-Weltmeisterschaft 2006 verkauft, kommen aber auch bei Konzerten und anderen Veranstaltungen zum Einsatz und führen nicht selten ebenfalls zu rechtlichen Auseinandersetzungen . Die normale, nichtpersonalisierte Eintrittskarte stellt rechtlich ein sogenanntes kleines Inhaberpapier dar, d. h. der jeweilige Inhaber der Karte hat ein Recht auf Leistung gegenüber dem Anbieter bzw. Veranstalter. Anders ausgedrückt darf immer genau derjenige ein Fussballspiel oder ein Konzert besuchen, der die Karte beim Eintritt in den Händen hält.

Bei personalisierten Karten hingegen, die rechtlich als sogenanntes qualifiziertes Legitimationspapier einzustufen sind, darf gerade nicht jedermann Zutritt zur Veranstaltung verlangen, sondern immer nur genau derjenige, der als Karteninhaber vermerkt ist. Jedem Dritten darf der Veranstalter den Zugang verweigern, so dass ein Weiterverkauf solcher personalisierten Tickets schwierig ist, weil der Erwerber kein Zutrittsrecht erwirbt. Um besonderen Situationen wie Krankheit oder sonstigen Verhinderungen dennoch gerecht zu werden, kann die Karte auf eine andere Person umgeschrieben werden. Diese Umschreibung darf aber immer nur vom Veranstalter selbst vorgenommen werden und erfordert dessen Einverständnis.

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8. Darf ich die Karte teurer als zum Normalpreis verkaufen?

Ja, der Weiterverkauf von Karten zu einem erhöhten Preis ist nicht verboten. Eine Grenze stellt diesbezüglich lediglich der sogenannte Wucher nach § 138 Abs. 2 BGB dar, bei welchem sich jemand unter Ausnutzung einer Zwangslage eine Gegenleistung sichern lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zur eigenen Leistung steht.

Nun könnte man annehmen, dass bei einem Weiterverkauf einer Eintrittskarte ein zehnfach überhöhter Preis nach gesundem Menschenverstand in einem auffälligen Missverhältnis zum tatsächlichen Fussballspiel oder zum tatsächlichen Konzert von Helene Fischer, den Rolling Stones oder anderen Künstlern steht und damit unzulässig ist. Dies ist aber gerade nicht der Fall, weil keine Zwangslage vorliegt, die ausgenutzt werden könnte (vgl. OLG Köln, OLGE 93, 193, 194f., wonach der um das Zehnfache erhöhte Preis für eine Eintrittskarte für ein Fussball-WM-Endspiel mangels Ausnutzung einer Zwangslage keinen unzulässigen Wucher darstellte).

Im Ergebnis kann jeder frei entscheiden, wieviel ihm der Zutritt zu einer bestimmten Veranstaltung wert ist.

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