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Creditreform gibt Unterlassungserklärung wegen Speicherung falscher Daten ab

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Wir machen in der täglichen Praxis häufig die Erfahrung, dass bestimmte Dinge landläufig als Gott gegeben hingenommen und dann auch nicht mehr in Frage gestellt werden.

Dazu gehören der Mythos, dass der GEZ-Kontrolleur nach dreimaligem Besuch in die Wohnung gelassen werden müsse oder der Irrglaube, dass Eltern für ihre Kinder hafteten oder der eiserne „Rechtssatz“, dass derjenige, der mit seinem Auto einem anderen hinten drauf fährt, immer „schuld“ sei.

Die Creditreform/Schufa ist keine Behörde

Eine dieser unausrottbaren Legenden ist auch, dass die Creditreform (das gleiche gilt für die berühmt berüchtigte Schufa) eine gemeinnützige Einrichtung oder sogar eine staatliche Stelle sei, die sich in den Dienst der Menschen stellt, um Daten zu sammeln, um diese dann selbstlos in Gestalt einer Bonitätsauskunft Interessierten zur Verfügung zu stellen.

Die Creditreform hat nicht immer Recht

Und weil die Creditreform oder die Schufa sich so aufopfernd um das Informationsbedürfnis der Bürger kümmert, so denken viele, wird das auch alles schon seine Richtigkeit haben. Wenn in den Datenbanken mal etwas Falsches steht, trauen sich Betroffene – eingeschüchtert durch die negativen Folgen einer schlechten Bonitätsauskunft – oft nicht, ihre Rechte über eine bloße höfliche Bitte zur Änderung der Daten hinaus, effektiv wahrzunehmen. Auch wenn die Creditreform oder die Schufa als Inkassostelle auftritt, denken viele, dass es sich dabei um eine Behörde handeln könnte, bei der „Widerspruch zwecklos“ ist und es nichts bringt, die Creditreform oder die Schufa aufzufordern, falsche Einträge zu löschen.

Dies liegt wahrscheinlich nicht zuletzt an der sehr langen Tradition der „Vereinigung“, die bis ins späte 19. Jahrhundert zurückreicht und damals unter dem Namen „Verein Barzahlung Mainz“ mit dem Ziel gegründet wurde, keinem Kunden mehr Kredit zu geben, der einem Vereinsmitglied etwas schuldete.

Die Creditreform ist nicht „gemeinnützig“

Mittlerweile  besteht die Creditreform aus einer ganzen Gruppe von gewöhnlichen privatrechtlichen Dienstleistern, die, wie andere Wirtschaftsunternehmen auch –  natürlich grundsätzlich völlig legitim – nach Gewinnmaximierung streben. Hauptgeschäftsfeld der Creditreform ist neben dem Inkasso das Bereitstellen von Bonitätsinformationen zu Unternehmen und Privatpersonen.

Die Creditreform hat Gesetze zu beachten

Ein Service, der vom Bundesdatenschutzgesetz strengen Reglementierung unterworfen ist, da er in nicht unerheblicher Weise in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen eingreift. Solange die gespeicherten Informationen vorteilhaft sind, werden diese von den betreffenden Unternehmen und Privatpersonen häufig gar nicht bemerkt. Ernst wird es aber dann, wenn Negativmerkmale aufgenommen werden, die dazu führen, dass potentielle Vertragspartner davon absehen, mit den Betroffenen Geschäfte zu machen. Wenn diese gespeicherten Informationen dann auch noch falsch sind, hat der Dateninhaber ein ernstes Problem.

Creditreform oder Schufa Eintrag löschen lassen

Genau dieses Problem hatte ein Mandant, der, bevor er zu uns kam, höflich aber bestimmt versucht hatte, die Creditreform zu bewegen, einen falschen Eintrag löschen zu lassen.

Darauf antwortete die Creditreform im Großen und Ganzen lediglich mit einem Formschreiben, in dem sie darauf hinwies, grundsätzlich auch ohne Einwilligung des Berechtigten Speicherung von Daten berechtigt zu sein. Nach nochmaliger Prüfung der Unterlagen habe man „leider eine falsche Zuordnung“ festgestellt, die aber umgehend gelöscht worden sei. Zu den unrichtig gespeicherten Daten äußerte sich die Creditreform nicht.

Auf unser außergerichtliches Aufforderungschreiben, in dem der Creditreform die einzelnen unrichtigen Daten aufgelistet wurden, reagierte diese im Großen und Ganzen lediglich mit der Wiederholung dessen, was sie bereits unserem Mandanten geschrieben hatte.

Auf außergerichtliche Löschungsverlangen reagierte die Creditreform nicht

Die beanstandeten Daten wurden weder gelöscht, noch wurde die von unserer Kanzlei geforderte Unterlassungserklärung abgegeben.

Der daraufhin am 5.9.2011 beim Landgericht Köln eingereichte Antrag auf einstweilige Verfügung leitete eine regelrechte Odyssee durch die Instanzen ein, da offenbar auch die Judikative unter dem Eindruck der Behördeneigenschaft der Creditreform jedenfalls auf Landgerichtsebene nicht dazu bereit war, diese zur Einhaltung der Gesetze zu zwingen.

Das Landgericht Köln wollte nicht helfen

Zunächst versuchte das Landgericht Köln, seine sachliche Zuständigkeit mit dem Argument zu beseitigen, der Streitwert der Angelegenheit liege lediglich bei  4.000,00 €, so dass das Amtsgericht zuständig sei. Eine Beschwerde gegen diesen Beschluss zum Oberlandesgericht Köln hatte Erfolg, so dass die Sache an das Landgericht am 29.9.2011 zurückverwiesen wurde. Das Landgericht ließ sich dafür, dass es sich um eine Eilsachen handelte, mit einer Terminierung ungewöhnlich viel Zeit und beraumte den Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 24.10.2011 an. Seit dem Eilantrag waren somit bereits acht Wochen vergangen.

Mitarbeiter der Creditreform hatten den Eintrag unseres Mandanten zwischenzeitlich wunschgemäß abgeändert und trugen in der mündlichen Verhandlung jetzt natürlich vor, dass mit der Korrektur nun ja auch die Wiederholungsgefahr entfallen sei, so dass der Antrag nunmehr jedenfalls deshalb zurückzuweisen sei. Erst am 18.11.2011, somit über drei weitere Wochen später bequemte sich das Landgericht schließlich, ein Urteil in der Sache zu sprechen, mit dem es den Verfügungsantrag nun auch in der Sache wesentlich mit der Begründung zurückwies, dass sich im Streitfall Bedenken an dem Bestehen einer Wiederholungsgefahr daraus ergäben, dass die Beklagte ersichtlich kein Interesse an der Speicherung wiedergabefehlerhafter Daten habe. Als Wirtschaftsauskunftei sei sie auf das Vertrauen der Auskunftsuchenden auf die Richtigkeit der von ihr gespeicherten, wirtschaftsrelevanten Daten angewiesen. Eine falsche Auskunftserteilung würde dieses Vertrauen unmittelbar und gegebenenfalls nachhaltig beeinträchtigen. Die Wiedergabe zutreffender Daten sei demgegenüber Geschäftsgrundlage der Beklagten.

Außerdem, habe der Kläger außergerichtlich darauf verzichtet, die Daten im Einzelnen richtigzustellen. Er habe der Beklagten überhaupt nicht mitgeteilt, welche der bei ihr gespeicherten Daten fehlerhaft seien.

Nach Auffassung des Landgerichts Köln galt hier offenbar, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Und, falls der bedauernswerten Creditreform bei der ganzen Datenflut doch wider Erwarten einmal ein Fehler passiere, dass der Betroffene doch gefälligst mithelfen solle, diesen zu korrigieren.

Creditreform gibt schließlich die geforderte Unterlassungserklärung ab

Auf eine Berufung zum Oberlandesgericht Köln, gab die Beklagte auf dringenden Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung die außergerichtlich geforderte Unterlassungserklärung endlich ab und verpflichtete sich gegenüber unserem Mandanten, es bei Meidung einer Vertragsstrafe von 5.100,00 € zu unterlassen, bestimmte Daten zu erheben, zu speichern, zu verändern oder zu nutzen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts bestand selbstverständlich sowohl der Verfügungsgrund der Dringlichkeit als auch ein Verfügungsanspruch. Da die Creditreform Daten über unserem Mandanten gespeichert habe, die unstreitig nicht korrekt waren, habe sie die Persönlichkeitsrechte unseres Mandanten verletzt und damit eine Wiederholungsgefahr geschaffen, welche nicht widerlegt worden sei. Die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung sei nicht abgegeben worden. Die bloße Korrektur der Daten reiche dazu nicht aus.

Damit war der Fall für unseren Mandanten aber noch nicht zu Ende. Denn die Creditreform wollte die Kosten des notwendig gewordenen Gerichtsverfahren durch zwei Instanzen dennoch nicht tragen, da unser Mandant einen Verfügungsgrund missbräuchlich (!) herbeigeführt habe und ein einstweiliges Verfügungsverfahren nicht notwendig gewesen sei.

Durchschlagender Erfolg vor dem Oberlandesgericht Köln

Nachdem die Senatsmitglieder des Oberlandesgerichts Köln bereits in der mündlichen Verhandlung ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck gebracht hatten, weshalb die Creditreform die geforderte Unterlassungserklärung nicht schon viel früher abgegebenen habe, fanden sie in einem Beschluss vom 8.3.2012, Az. 18 U 304/11 zu dieser Auffassung deutliche Worte und legten der Beklagten Creditreform auch die Kosten beider Instanzen auf.

Wehren Sie sich gegen die Speicherung falscher Daten!

Nach unserem Kenntnisstand handelt es sich bei dem durch unsere Kanzlei vertretenen Fall um den ersten, in dem die Creditreform von einem Obergericht bezüglich falscher Daten unzweideutig in die Schranken gewiesen wurde. Der Fall zeigt einerseits , dass sich bisher offenbar keiner so recht traut, seine Rechte gegen die althergebrachte Creditreform gerichtlich durchzusetzen. Andererseits zeigt der Fall, dass man sich gegen die Speicherung falscher Daten auch gerichtlich effektiv wehren kann.

Eine schlechte Bonitätsauskunft ist kein Schicksalsschlag oder eine Strafe Gottes, der man hilflos ausgeliefert wäre, sondern letztendlich nur die Auskunft aus einer Sammlung von Daten eines privaten Unternehmens aus völlig unterschiedlichen Quellen, die selbstverständlich auch falsch bzw. veraltet sein können.

Jeder hat einen Anspruch darauf, bei der Creditreform (oder der Schufa) falsche Einträge löschen zu lassen. Der Betroffene muss auch nicht etwa, wie die Creditreform oder die Schufa gerne suggerieren, erläutern, weshalb die Daten falsch sind oder sogar die richtigen mitteilen. Auch wenn die Creditreform oder die Schufa das natürlich gerne hätten, muss der Betroffene nicht noch bei der Vermarktung seiner Daten mithelfen.

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