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Dürfen Tweets außerhalb von Twitter veröffentlicht werden?

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twitter1Der Schweizer Kollege Martin Steiger wirft in einem aktuellen Blogbeitrag die Frage auf, ob es beispielsweise Zeitungen wie dem «Blick am Abend» erlaubt ist, veröffentlichte Tweets abdrucken, ohne die Urheber dieser Tweets um Genehmigung zu bitten.

Er ist der Auffassung, dass der Versuch, diese Frage mit Mitteln des Urheberrechts zu beantworten, irreführend sei. Denn Twitter lasse sich als Gegenleistung für die kostenlose Nutzung von allen Nutzern eine kostenlose Lizenz für die weltweite Verwertung aller Nutzer-Inhalte («Content») einräumen. Diese Lizenz umfasse unter anderem auch die kostenlose Verwertung von Tweets durch Dritte wie beispielsweise Zeitungen.

Die meisten Tweets sind „vogelfrei“

Thomas Stadler weist in Beantwortung dieses Beitrags in einer aktuellen Mitteilung darauf hin, dass diese Einschätzung – jedenfalls nach deutschem und wohl auch nach schweizerischem Recht – unzutreffend sein dürfte. Denn Voraussetzung für die Lizenzierung eines Texts ist dessen urheberrechtliche Werkqualität.  Existiert aber gar kein Werk, fehlt es schlicht am Gegenstand, an dem Dritten Nutzungsrechte eingeräumt werden könnten. Stadler führt zu Recht aus, dass sich erst dann überhaupt die Frage stellt, ob durch die Nutzungsbedingungen von Twitter wirksam Nutzungsrechte eingeräumt worden sind, wenn ein Tweet ausnahmsweise wegen seiner außergewöhnlichen Originalität urheberrechtlichen Schutz genießt.

Ein Himmelbett im Handgepäck und biegsame Büstenhalter

Dass dies zwar vorkommen kann jedoch nur selten der Fall sein wird, hatten wir bereits hier anhand einiger Beispiele aus der Rechtsprechung dargestellt. Bezüglich ganz besonders kurzer Slogans gibt es in der Rechtsprechung nur wenige Beispiele, in denen vereinzelt Urheberschutz bejaht wurde. So hat das OLG Düsseldorf den Slogan

“Ein Himmelbett als Handgepäck“

als Sprachwerk eingestuft. (OLG Düsseldorf, DB 1964, 617). Das OLG Köln fand den Spruch

„Biegsam wie ein Frühlingsfalter bin ich im Forma-Büstenhalter“

urherrechtswürdig (OLG Köln GRUR 1934, 758, 759). Das Bonmot

„Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut“

von Karl Valentin würde vom Landgerichts München I für schutzwürdig gehalten (LG München I, Urteil v. 8.9.2011, Az. 7 O 8226/11).

Es ist allerdings festzuhalten, dass Tweets in ihrer Mehrzahl „vogelfrei“ oder, um  es mit einem urheberrechtlichen Terminus zu sagen „gemeinfrei“ sind.

Twitters Klauseln zu Rechteeinräumung sind unwirksam

Darüber hinaus ist Stadler darin zuzustimmen, dass die von dem Schweizer Kollegen erwähnten Klausel zu Rechteeinräumung ähnlich wie die von Facebook einer Inhaltskontrolle nicht standhalten damit unwirksam sind. Für Facebook hat das Landgericht Berlin bereits entschieden, dass diese Art Klauseln In Bezug auf eine unentgeltliche Nutzungsrechtseinräumung bezüglich IP-Inhalte gegen das AGB-Recht verstoßen.

Fazit:

Falls ein Tweet im Ausnahmefall einmal tatsächlich die urheberrechtliche Schöpfungshöhe erreichen sollte, muss der Urheber vor Weiterverbreitung im Zweifel gefragt werden, aber nicht Twitter. Die von Twitter mit den Nutzern vereinbarten Klauseln zu Rechteeinräumung dürften an der in der Inhaltskontrolle scheitern und damit unwirksam sein.

Eine andere Frage ist , ob bei der Veröffentlichung die Marke Twitter bzw. das entsprechende Logo ohne Zustimmung des Unternehmens verwendet werden darf. Hier ist jedenfalls mit Hinblick auf die Verwendung des Logos Vorsicht geboten.

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