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Booking.com: EuGH-Urteil zu Bestellbutton bei Fernabsatzvertrag

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Bestellbutton Fernabsatzvertrag
Photo by Pickawood on Unsplash

Wenn Unternehmen Dienstleistungen im Internet anbieten, müssen sie europäisches Verbraucherecht beachten. Der Europäische Gerichtshof hat sich nun mit der Frage befasst, ob ein Verbraucher bei booking.com ausreichend auf eine Zahlungspflicht hingewiesen wurde. Der Verbraucher stritt mit einem Hotelanbieter über eine Stornogebühr (EuGH, Urteil v. 07.04.2022, Az. C-249/21 – Fuhrmann-2-GmbH gegen B.).

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen ging es um die Auslegung von Art. 8 Abs. 2 Unterabsatz 2 der EU-Richtlinie 2011/83. Das Amtsgericht Bottrop legte dem EuGH folgende, komplizierte Frage vor: Ist Art. 8 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2011/83 dahingehend auszulegen, dass es zur Beantwortung der Frage, ob eine Schaltfläche, die einen Fernabsatzvertrags im Sinne von Unterabsatz 1 der Richtlinie auslöst und nicht mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ gekennzeichnet ist, mit einer Formulierung im Sinne der Vorschrift gekennzeichnet ist, die den Verbraucher auf eine Zahlungspflicht hinweist, ausschließlich auf die Kennzeichnung der Schaltfläche bzw. der entsprechenden Funktion ankommt?

Was reicht als Formulierung auf der Schaltfläche? Ab wann entstehen Kosten?

Der Verbraucher B. hatte auf booking.com ein Bild des Hotels Goldener Anker angeklickt, woraufhin ihm die verfügbaren Zimmer sowie weitere Informationen angezeigt wurden. Um vier Doppelzimmer zu reservieren klickte B. auf eine Schaltfläche „Ich reserviere“. Anschließend gab er seine Daten ein und klickte auf eine Schaltfläche mit den Worten „Buchung abschließen“.

Stornogebühr nach Fernabsatzvertrag

Die Gesellschaft Fuhrmann-2, welche die Zimmer auf booking.com anbot, war der Ansicht, dass die Worte „Buchung abschließen“, mit denen booking.com die Schaltfläche für die Reservierung gekennzeichnet habe, der in § 312 j Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorgesehenen Verpflichtung genügten, wonach der Unternehmer die Schaltfläche für die Bestellung gut lesbar mit den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung zu beschriften habe. Deshalb sei B. dazu verpflichtet, ihr eine Stornierungsgebühr in Höhe von 2.240 Euro zu zahlen.

Das Amtsgericht Bottrop sah die Verpflichtung aus § 312 j Absatz 3 BGB, mit dem Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2011/83 ins deutsche Recht umgesetzt werde, als erfüllt an. Falls dies zu bejahen sei, sei nach § 312j Abs. 4 BGB ein wirksamer Beherbergungsvertrag zustande gekommen und die Stornogebühr sei zu Recht geltend gemacht worden.

Der EuGH urteilte, es ergebe sich aus dem „klaren“ Wortlaut von Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 2 Satz 2 der Richtlinie 2011/83, dass die Schaltfläche für die Bestellung mit einer gut lesbaren und eindeutigen Angabe zu kennzeichnen sei. Diese müsse den Verbraucher darauf hinweisen, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden sei. Zwar werde in dieser Norm die Formulierung „zahlungspflichtig bestellen“ als Beispiel genannt. Aus dem Wortlaut ergebe sich jedoch, dass es sich bei der Formulierung um ein Beispiel handele und die Mitgliedstaaten ermächtigt seien, dem Unternehmer die Verwendung jeder anderen entsprechenden Formulierung zu gestatten, sofern diese im Hinblick auf die Begründung der Zahlungsverpflichtung eindeutig ist.

Unternehmen können Formulierung frei wählen

Wenn, wie in einem solchen Fall, eine nationale Regelung zur Umsetzung einer Richtlinie wie die Richtlinie selbst keine konkreten Beispielformulierungen enthalte, stehe es den Unternehmern frei, jede Formulierung ihrer Wahl zu verwenden. Aus der Formulierung müsse aber eindeutig hervorgehen, dass der Verbraucher eine Zahlungsverpflichtung eingehe, sobald er die Schaltfläche für die Bestellung oder die ähnliche Funktion aktiviere.

Unmissverständliche Formulierung, die Beginn der Zahlpflicht markiert

Diese Auslegung werde durch den 39. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/83 gestützt, nach dem die Aufmerksamkeit des Verbrauchers durch eine unmissverständliche Formulierung besonders auf die Tatsache zu lenken ist, „dass die Abgabe der Bestellung eine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer zur Folge hat“. Nur so könne der Verbraucher den genauen Zeitpunkt erkennen, ab dem eine Verpflichtung eingegangen wird.

Das vorlegende Gericht, so der EuGH, habe zu prüfen, ob die Formulierung „Buchung abschließen“ in der deutschen Sprache als Entsprechung zu den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ in Art. 8 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2011/83 angesehen werden könne. Und zwar unter alleiniger Berücksichtigung der in dieser Formulierung verwendeten Worte und unabhängig von den Begleitumständen des Buchungsvorgangs. Dabei habe das Gericht auch zu prüfen, ob der Begriff „Buchung“ im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch als auch in der Vorstellung des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers zwangsläufig und systematisch mit der Begründung einer Zahlungsverpflichtung in Verbindung gebracht werde. Falls nein, müsse das Gericht feststellen, dass der Ausdruck „Buchung abschließen“ mehrdeutig sei und nicht mehr als Formulierung durchgehe.

Der EuGH hat mit seinem Urteil für Klarstellung gesorgt, wenn es um kreative Formulierungen im Reise-Verbraucherrecht geht. Bei booking.com und anderen (Reise-)Buchungsportalen im Internet dürfte man gespannt auf den Ausgang des Verfahrens schauen.

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