OLG Köln: Kein urheberrechtlicher Schutz von Computergrafiken
Mit Urteil vom 20.03.2009 hatte das OLG Köln, Az. 6 U 183/08, darüber zu entscheiden, ob eine Computergrafik, die als Auftragsarbeit hergestellt worden war und den Entwurf eines Messestands als dreidimensionale Gestaltung zeigte, urheberrechtlichen Schutz genießt.
Das OLG führte zunächst altbekannte Grundsätze auf:
“Nach vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretener (vgl. zur Kritik Schricker / Loewenheim, a.a.O., § 2 Rn. 31 ff., 158 m.w.N.), verfassungsrechtlich unbedenklicher Auffassung (BVerfG, GRUR 2005, 410 – Laufendes Auge), der auch der Senat folgt, unterliegt die urheberrechtliche Schutzfähigkeit im Bereich der „Gebrauchskunst“ höheren Anforderungen als im Bereich der zweckfreien bildenden Kunst. Sie erfordert, da sich in diesem Bereich schon geschmacksmusterfähige Gestaltungen vom nicht geschützten handwerklichen Durchschnitt, vom Alltäglichen und Banalen abheben müssen, ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung (BGH, GRUR 1995, 581 [582] – Silberdistel; BGHZ 138, 143 [147] = GRUR 1998, 30 – Les-Paul-Gitarren; GRUR 2004, 941 [942] – Metallbett).
(…) abzustellen ist vielmehr darauf, ob in diesem Rahmen von den Gestaltungen ohne Rücksicht auf ihren praktischen Zweck eine so starke ästhetische Wirkung ausgeht, dass sie über ein gefälliges und überzeugendes kunstgewerbliches Design hinaus bereits künstlerische Individualität erkennen lassen.
Die Entwürfe setzen typische Anforderungen an das Design eines Messestands auf technisch angemessene und handwerklich durchaus überzeugende Weise um, ohne dabei aber jene besondere, das Durchschnittskönnen eines mit dem Fachgebiet vertrauten Designers überragende Kreativität erkennen zu lassen, durch die sie sich von der Masse vorbekannter Gestaltungen deutlich abheben würden.”
Der Senat vermochte in dem streitgenständlichen Werk auch kein urheberrechtsfähiges Werk nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG zu erblicken:
“Wären die Grafiken als Zeichnungen, Pläne, Skizzen oder ähnliche Darstellungen technischer Art nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG aufzufassen, bedürfte es für ihren Schutz der Form nach ohne Rücksicht auf die Schutzfähigkeit der abgebildeten Objekte (vgl. BGH, GRUR 1985, 129 [130] – Elektrodenfabrik) keines zu hohen Maßes an eigen-schöpferischer Formgestaltung, weil in diesem Bereich bereits (als „kleine Münze“) solche von ihrem praktischen Zweck bestimmten Darstellungen (mit entsprechend engem Schutzumfang) geschützt sind, bei denen die individuelle, sich vom alltäglichen Schaffen im Bereich technischer Zeichnungen abhebende Geistestätigkeit in dem darstellerischen Gedanken zum Ausdruck kommt, mag auch das Maß an Eigentümlichkeit und individueller Prägung gering sein. Das Gestaltungsvermögen des Grafikers kann in diesem Sinne etwa dann besonders gefordert sein, wenn der Gegenstand einer technischen Konstruktion zeichnerisch so dargestellt werden soll, dass sich dem Betrachter die Zusammensetzung, Anordnung und Funktion dieses Gegenstandes verständlich und anschaulich erschließt (BGH, GRUR 1991, 529 f. – Explosionszeichnungen; GRUR 1993, 34 [35] – Bedienungsanweisung; vgl. Schricker / Loewenheim, a.a.O., § 2 Rn. 194 ff. m.w.N.). Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht: Bei den Grafiken der Klägerin geht es ihrem Zweck entsprechend gerade um das Design und den gefälligen visuellen Eindruck selbst, nicht dagegen um eine praktisch-technische Bildaussage, deren grafische Umsetzung unter Auswahl geeigneter Darstellungstechniken eine eigene besondere geistige Leistung erfordert.”
Diese Problematik kehrt bei der Prüfung, ob eine am Computer hergestellte Grafik urheberrechtlichen Schutz genießt, ständig wieder. Angesichts dessen, dass jede Computergrafik ein gewisses “handwerkliches” Geschick des Grafikers voraussetzt und oft sogar eine künstlerische Tätigkeit erfordert, fällt es nicht leicht zu verstehen, wieso eine Grafik, die durchaus auch ein Werk geistiger Schöpfung und kreativer Entfaltung sein kann, nicht urheberrechtsfähig ist, statt dessen aber jedes auch noch so bedeutungslose Foto einen Leistungsschutz besitzt.
Der Senat hat dies nicht verkannt:
“Der Berufung ist einzuräumen, dass der Streitfall gewisse Inkonsistenzen der gesetzlichen Regelung in Bezug auf den urheberrechtlichen Schutz von Computergrafiken im Vergleich etwa zu Lichtbildern aufzeigen mag.”
Gefordert sei der Gesetzgeber, der jedoch bei den letzten Änderungen, die 2008 in Kraft traten, keinen Bedarf gesehen hat, den Schutz für Computergrafiken auszuweiten (ca). Zum Urteil