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Corinna Schumacher: Eine Schlacht im großen Kampf geht verloren

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Erst vor kurzem berichteten wir über Corinna Schumachers Kampf gegen die Presse: Corinna Schumacher hatte einen Rechtsstreit vor dem Landgericht München für sich entschieden (LG München I, Urteil v. 16.07.2014, Az. 9 O 5966/14), denn die Richter hatten den Schutz ihrer Privatsphäre als höherrangig im Vergleich zu dem Interesse der Öffentlichkeit an der Berichterstattung über ihren Besuch im Krankenhaus in Grenoble nur fünf Tage nach dem schweren Skiunfall ihres Mannes Michael Schumacher bewertet.

In die Veröffentlichung der Aufnahmen, welche Corinna Schumacher auf dem Weg ins Krankenhaus zu ihrem Mann zeigten, habe Corinna Schumacher weder durch Passieren der Journalisten vor dem Krankenhaus eingewilligt, noch seien die Bildnisveröffentlichungen im Rahmen einer eher „unterhaltende“ Berichterstattung als zeitgeschichtliches Ereignis einzuordnen und damit der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht von Corinna Schumacher gerechtfertigt.

Nunmehr hat Corinna Schumacher vor dem Landgericht Köln jedoch zwei Niederlage einstecken müssen. Die Richter in Köln entschieden zugunsten der „taz“ und des ZDF und erklärten die Veröffentlichung der Bilder, welche Corinna Schumacher auf dem Weg zu ihrem Mann ins Krankenhaus in Grenoble inmitten eines Geschwaders an Fotografen und Blitzlichtern zeigten, für zulässig (LG Köln, Urteile v. 27.08.2014, Az. 28 O 167/14 und 28 O 168/14).

Einmal verboten – und einmal erlaubt?

Es erscheint paradox: Warum dürfen die Medien auf einmal etwas, was ihnen zuvor versagt worden war? Nach Auffassung der Richter sei (nach wie vor) der Besuch von Corinna Schumacher in der Klinik in Grenoble an sich kein zeitgeschichtliches Ereignis, an dem ein überragendes Berichterstattungsinteresse besteht. Der nicht nachlassende Medienrummel in Bezug auf diese Besuche – auch nach Corinna Schumachers Appell, sie in Ruhe zu lassen – sei jedoch ein Ereignis mit zeitgeschichtlicher Bedeutung und auch eine entsprechende Bildberichterstattung in diesem Zusammenhang daher zulässig.

Die angegriffene Berichterstattung der „taz“ und des ZDF diene – im Gegensatz zur vorangegangen Berichterstattung – nicht lediglich der Befriedigung von Neugier und Unterhaltung der Leser, sie leiste nach Ansicht der Richter vielmehr einen erheblichen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung, in dem sie den Leser in die Lage versetze, sich selbst ein Urteil darüber zu bilden, ob er eine Berichterstattung in diesem Ausmaß wünscht. Die „taz“ und das ZDF hätten in ihren Berichten das Verhalten der Medien in Frage gestellt und sich kritisch damit auseinander gesetzt. Die dazu veröffentlichten Fotos illustrierten die Lage von Corinna Schumacher inmitten des Medienrummels vor dem Krankenhaus und ihnen komme dabei in diesem Fall ein eigener Informationswert zu.

Differenzierende Betrachtung der Richter nach den gesetzlichen Regeln zunächst zulässig

§ 23 Abs. 1 Nr. 1 des Kunsturhebergesetzes (KunstUrhG) – die in der Praxis wohl bedeutendste Ausnahme von dem grundsätzlich bestehenden Einwilligungserfordernis bei der Veröffentlichung eines Bildnisses – erlaubt eine Veröffentlichung von Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Selbige dürfen verbreitet werden und öffentlich zur Schau gestellt werden, wenn dadurch Informationsinteressen wahrgenommen werden. Die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung der Bildnisse muss dabei einen zeitgeschichtlichen Nachrichtenwert haben und einem Informationszweck dienen. Die Vorschrift nimmt damit auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit Rücksicht.

Unter den Begriff der Zeitgeschichte fallen nicht nur sämtliche Ereignisse, die aus irgendeinem Grund in das Blickfeld der Öffentlichkeit getreten sind, sondern alle Angelegenheiten von öffentlichem Interesse generell.

Insofern können die Richter durchaus argumentieren, dass die Veröffentlichung der Bildnisse von Corinna Schumacher in vorliegendem Fall gerade nicht lediglich der Befriedigung von Neugier und Unterhaltung der Leser dient, sondern vielmehr dadurch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Verhalten der Medien um Corinna Schumacher erfolgt und auch die Bildnisse damit in diesem Kontext – im Gegensatz zu den vorangegangenen Aufnahmen – ein zeitgeschichtliches Ereignis mit einem gewissen Nachrichtenwert darstellen,  an denen ein öffentliches Informationsinteresse besteht. Damit fallen die Bildnisse unter die Ausnahme des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG.

Die Einschränkung der Ausnahme: keine entgegenstehenden berechtigten Interessen

Die Ausnahme des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG gilt jedoch nach dessen Absatz 2 vorbehaltlich dessen, dass keine berechtigten Interessen des Abgebildeten entgegen stehen.

Selbst wenn man also den Richtern folgt und zunächst einen Unterschied zwischen der ursprünglich verbotenen rein „unterhaltenden“ Berichterstattung und der vor dem Landgericht Köln streitgegenständlichen kritischen Berichterstattung zur Illustration des Medienrummels um Corinna Schumachers Besuche bei Ihrem Mann macht und dabei letzteres als zeitgeschichtliches Ereignis nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG einordnet, bleibt die Regelung des § 23 Abs. 2 KunstUrhG. In Anbetracht dieser Regelung bleibt es unserer Ansicht nach fraglich, ob nicht ebensolches berechtigte Interesse von Corinna Schumacher auch der vorliegend streitgegenständlichen Bildnisveröffentlichung entgegen stehen sollte. Ob nicht ihr Interesse, in Ruhe ihrem kranken Mann besuchen zu können, unabhängig davon, ob die Medien nun rein „unterhaltend“ über sie berichten oder sich kritisch mit ihrer durch die Medien hervorgerufenen Situation auseinandersetzen, das Recht der Medien auf die einwilligungsfreie Bildnisveröffentlichung ausschließen sollte. Auch eine solche kritische Berichterstattung wird für Corinna Schumacher neues Öl im Feuer des Medienrummels sein.

So sieht es nach Berichten von Spiegel Online und N24 auch Corinna Schumachers Anwalt: Es sei fragwürdig, eine bestimmte Art von Berichterstattung zu kritisieren und dabei das Beanstandete selbst zu reproduzieren. Kritik an dem Verhalten der Journalisten sei natürlich völlig in Ordnung, aber man hätte dafür nicht erneut das Foto veröffentlichen müssen, so der Anwalt weiter. In diesem Zusammenhang bezeichnete er die Medienkritik von ZDF und der „taz“ als „Feigenblatt“.

Ein Ablenkungsmanöver also, in der Absicht, wahre voyeuristische Motive der Berichterstattung zu verbergen, um dessen moralisch angreifbare Eigenschaft nicht gewahr werden zu lassen? Es bleibt jedenfalls ein fader Beigeschmack. Und für Corinna Schumacher wird es letztlich wohl keinen Unterschied machen, in welchem Zusammenhang ihr Bild mal wieder durch die Meiden gejagt wird, ob es nun im Rahmen kritischer Berichte veröffentlicht wird oder im Rahmen von „unterhaltenden“ Berichten. Ihr Appell an die Öffentlichkeit nach ein bisschen Ruhe wurde jedenfalls nicht gehört.

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