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Focus Markenrecht
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HappyDigits und der Datenschutz

Der Bundesgerichtshof hat am 11.11.2009 über die Zulässigkeit von Klauseln des Bonuspunkteprogramms „HappyDigits” entschieden. „HappyDigits“ ist ein Rabattsystem, nach welchem Kunden bei Erwerb bestimmter Produkte und der Angabe personenbezogener Daten bestimmte Rabatte eingeräumt werden. Nach Angaben des Betreibers, der Customer Advantage Program GmbH (CAP) in Köln, nehmen bei Happy Digits 21 Millionen Haushalte teil. Ende September 2009 sind alle großen Sammelpartner bei Happy Digits ausgestiegen. Die Kunden sollen aber weiter Prämien erhalten.

Das Urteil des BGH befasst sich mit der Wirksamkeit einer formularmäßigen Einwilligung in Datenspeicherung und Datennutzung. Und zwar im Bereich der Zusendung von Werbung per Post und im Bereich der Marktforschung. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hatte gegen zwei der Klauseln im Vertragsformular geklagt. In der ersten streitgegenständlichen Klausel geht es um die Einwilligung in die Verarbeitung von personenbezogenen Daten zur Marktforschung.

Nach dem vorgedruckten Text erklärt der Kunde sein Einverständnis, dass seine Daten für Werbung per Post und zur Marktforschung verwendet werden dürfen. Weiter hieß es dort:

“Sind Sie nicht einverstanden, streichen Sie die Klausel.”

Die Verbraucherschützer hatten verlangt, dass eine Nutzung von Kundendaten nur erlaubt sein dürfe, wenn Verbraucher der Nutzung gezielt zustimmen. Sogenannte Opt-out-Klauseln, also vorformulierte Einverständniserklärungen, die Verbraucher streichen oder anders als nicht gültig markieren müssen, sollten nicht ausreichend sein.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Klausel des Rabattsystems “Happy Digits” zur Verwendung von Kundendaten für Werbezwecke nunmehr gebilligt. Weil die – drucktechnisch hervorgehobene – Bestimmung in den Geschäftsbedingungen den Kunden deutlich darauf hinweist, dass er die Klausel streichen und damit die Nutzung seiner Daten untersagen kann, ist sie rechtlich wirksam, heißt es in dem Urteil. Der BGH hatte in seinem Urteil eine Verschärfung des Bundesdatenschutzgesetzes zu berücksichtigen, welche am 01.09.2009 in Kraft getreten ist. Trotz der Verschärfung sah der 8. Zivilsenat des BGH die Anforderungen des Gesetzes im vorliegenden Fall als erfüllt an. Wesentlich und damit entscheidend werteten die Richter den Umstand, dass die sogenannte Opt-out-Klausel ausreichend hervorgehoben war. Durch die klare Hervorhebung der Klausel im „HappyDigits“-Formular wurde damit die Voraussetzung des § 4a Abs. 1 S. 4 BDSG erfüllt, nach welche eine Opt-out-Reglung ausreichend ist, wenn sie gerade besonders hervorgehoben wird.  Außerdem darf sich die Einwilligung nach dem Urteil des BGH gerade nicht auf die Verwendung von Daten für elektronische Werbung (SMS, E-Mail) beziehen, wo nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG eine Opt-in-Klausel erforderlich ist.

Noch im Juli 2008 hatte der BGH nach einer Verbraucherschutzklage gegen das Rabattsystem Payback entschieden, dass Opt-out-Klauseln bezüglich der Werbung mit SMS und per Email unwirksam seien. Zulässig ist eine Opt-out-Klausel nach dem aktuellen Urteil zufolge jedoch, wenn sie Werbung per Post betrifft. Allein darum geht es im vorliegenden Fall von Happy Digits.

In dem Payback-Fall mussten die Kunden im Vertragsformular ein Kreuzchen setzen, wenn sie eine Verwendung ihrer Daten ausschließen wollten. Bei “Happy Digits” war hingegen eine vorformulierte Einverständniserklärung zu streichen. “Wir haben hin und her überlegt, ob es eine höhere Hemmschwelle gibt, eine Klausel zu streichen, als ein Kreuzchen zu setzen”, führte der Vorsitzende Richter des 8. Zivilsenats, Wolfgang Ball, in Bezug auf die neue Entscheidung aus. Zuvor hatte sich das Oberlandesgericht Köln mit dieser Frage auseinander gesetzt und war – wohl auch durch die höchstrichterlichen Vorgaben aus dem Payback-Urteil – zu dem Schluss gekommen, dass die von „HappyDigits“ verwendete Klausel unwirksam ist. Diese Entscheidung wurde nun aufgrund der anders gelagerten Umstände des konkreten Einzelfalls höchstrichterlich korrigiert.

Die zweite zu prüfende Klausel wertete der BGH jedoch als unwirksam. Sie betrifft die wirksame Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch eine Klausel im Anmeldeformular. Eine wirksame Einbeziehung der ABG der Customer Advantage Program GmbH ist nach Ansicht des BGH durch die Klausel im Anmeldeformular des „HappyDigits”-Programms gerade nicht möglich. In dem Anmeldeformular heißt es:

„Die Teilnahme an HappyDigits erfolgt auf Grundlage der Allgemeinen Teilnahmebedingungen, die Sie mit Ihrer Karte erhalten und die Sie dann mit Ihrer ersten Aktivität, z.B. Sammeln, anerkennen.”

Voraussetzung für eine wirksame Einbeziehung ist unter anderem, dass der Kunde bei Vertragsabschluss die Möglichkeit hat, den Inhalt der AGB zur Kenntnis zu nehmen. Eine solche Möglichkeit sei den Kunden vorliegend gegeben, so der BGH. Denn bereits mit Ausfüllen des Vertragsformulars komme der Vertrag zustande. Zu diesem Zeitpunkt hat der Kunde jedoch keine Möglichkeit, die AGB zu lesen, da diese erst mit einer Kundenkarte zugesandt werden.

Eine nachträgliche Einbeziehung der AGB setzt nach den Ausführungen des BGH jedoch die Einwilligung des Kunden voraus. Diese Einwilligung werde fingiert, was nach § 308 Abs. 5 BGB unzulässig ist.

Die Entscheidung (Urteil v. 11.11.2009, Az. VIII ZR 12/08) liegt noch nicht im Volltext vor.

Relevante Vorschriften im Zusammenhang mit dem BGH-Urteil:

  • § 4a Abs. 1 Satz 4 BDSG: “Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie besonders hervorzuheben”.
  • § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG n.F.: “Die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke des Adresshandels oder der Werbung ist zulässig, soweit der Betroffene eingewilligt hat (…)”.
  • § 28 Abs. 3a Satz 2 BDSG n.F.: “Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie in drucktechnisch deutlicher Gestaltung besonders hervorzuheben”.
  • § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG: “Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgeräts oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt, (…).”

Die vorinstanzlichen Urteile zum Urteil des BGH vom 11. November 2009 – VIII ZR 12/08:
LG Köln – Urteil vom 9. Mai 2007 – 26 O 358/05
OLG Köln – Urteil vom 14. Dezember 2007 – 6 U 121/07
(veröffentlicht in OLGR 2008, 461)

(ha, ro)

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