Wir trauten unseren Augen kaum, als wir am Wochenende ein Schreiben auf den Tisch bekamen, mit der die öffentliche Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) eines Lichtbilds auf Facebook abgemahnt wird.
Der Abmahner fordert darin die umgehende Entfernung des Lichtbilds, eine mit einer Vertragsstrafe bewehrte Unterlassungserklärung, Auskunft über die Dauer der Nutzung des Lichtbilds sowie Schadensersatz wegen Verletzung seines Urheberrechts, dessen Höhe er nach Erhalt der Auskunft beziffern will.
Die Abmahnung wäre nichts besonderes, wenn es sich dabei um ein Foto handelte, welches der Abgemahnte selbst auf seine Facebookpräsenz hochgeladen hätte und es sich damit um gewöhnlichen Bilderklau handeln würde. Dass die Verwendung fremden Bildmaterials verboten ist, sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben.
Die Besonderheit: Ein Dritter hat das Lichtbild auf die Pinnwand hochgeladen
Darum geht es aber nicht. Die Besonderheit des Falles besteht darin, dass das betreffende Lichtbild von einem Dritten auf die Pinnwand unseres Mandanten hochgeladen wurde. Dieser kann naturgemäß gar nicht überprüfen, ob derjenige auch Rechteinhaber ist, der es auf der Pinnwand postet.
Hoffentlich ist es Zufall.
Vielleicht wurde der Abmahner aber auch durch die Ausführungen und Warnungen in der Sendung Ratgeber Internet: Der Internetanwalt „inspiriert“ und hat nun ein neues fragwürdiges Betätigungsfeld gefunden.
In der Sendung vom 31.3.2012, die hier von allen, die sie verpasst haben sollten, noch einmal angeschaut werden kann, haben der Kollege Thomas G. Becker und unser Kollege Niklas Haberkamm unter anderem darauf hingewiesen, dass Facebooknutzer nicht nur für eigene Beiträge haften, sondern unter Umständen auch für von Dritten auf der Pinnwand veröffentlichte Inhalte geradestehen müssen.
Der Fernsehbeitrag hat ein gewaltiges Echo ausgelöst und zu zahlreichen Zuschauerfragen geführt, die unter anderem hier beantwortet werden. Viele Zuschauer waren regelrecht empört. Die Reaktionen reichten von bloßer Ungläubigkeit bis hin zu dem offenen Vorwurf der Panikmache.
Facebookseite ist kein „Kinderspiel“
Die uns nun vorliegende Abmahnung, die sicherlich nicht die letzte bleiben wird, ist trauriges Zeugnis dafür, dass man bei den Betrieb einer Facebook-Seite auch und gerade als Privatperson nicht vorsichtig genug sein kann. Die Gefahr, wegen Rechtsverletzungen in Anspruch genommen zu werden, ist offensichtlich größer, als viele denken.
Wir haben die Abmahnung zum Anlass genommen, die Redaktion von Ratgeber Internet umgehend zu informieren. Man wird das Thema sicherlich in der einen oder anderen Art und Weise nun noch einmal aufgreifen.
E-Mail-Hotline für weitere Abmahnungen
Dabei hinaus bieten wir die Möglichkeit, sich unter der eigens dafür eingerichteten E-Mail-Adresse
mit Fragen, Sorgen oder sogar mit der Mitteilung weiterer Abmahnfälle an uns zu wenden. Wir bemühen uns, alle Eingaben zeitnah zu beantworten und/oder gegebenenfalls an die Redaktion von Ratgeber Internet weiterzuleiten.
Wir werden weiter über den Fall berichten. (la)
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