BGH: Zufriedenheitsbefragung in einer E-Mail ist unzulässige Werbung

Wettbewerbsrecht Umfrage E-Mail unzulässige Werbung Sachzusammenhang

© Robert Kneschke – fotolia.com

„Wenn Sie mit unserem Service zufrieden waren, geben Sie doch bitte eine Bewertung ab.“ – Wer kennt diese Aufforderung nicht? Aber ist es schon Werbung im Rechtssinne, wenn diese Aufforderung dem Verbraucher mit Rechnungsstellung per E-Mail zugeht? Der Bundesgerichtshof hat diese Frage jüngst bejaht (BGH, Urteil v. 10.07.2018, Az. VI ZR 225/17).

Ein Mal bitte 5 Sterne erteilen

Der Kläger nahm die Beklagte, bei der er über die Internet-Plattform „Amazon Marketplace“ Waren bestellt hatte, auf Unterlassung der Zusendung von Werbe-E-Mails in Anspruch. In den E-Mails verknüpft die Beklagte den Dank für den Kauf eines Gegenstandes mit der Bitte, an einer Kundenzufriedenheitsbefragung teilzunehmen.

Der Kläger erhielt nach seiner Bestellung von der Beklagten die Rechnung per E-Mail mit dem Betreff „Ihre Rechnung zu Ihrer Amazon Bestellung …“ und folgendem Inhalt:

Sehr geehrte Damen und Herren, anbei erhalten Sie Ihre Rechnung im PDF-Format. Vielen Dank, dass Sie den Artikel bei uns gekauft haben. 

Wir sind ein junges Unternehmen und deshalb auf gute Bewertungen angewiesen. Deshalb bitten wir Sie darum, wenn Sie mit unserem Service zufrieden waren, uns für Ihren Einkauf eine 5-Sterne Beurteilung zu geben. […]

Der Kläger sah in der E-Mail eine unaufgeforderte unerlaubte Zusendung von Werbung, die in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreift, und klagte auf Unterlassung.

Kundenumfrage als unzulässige Werbung?

Sowohl das Amtsgericht als auch das Berufungsgericht verneinten einen (wettbewerbsrechtlichen) Unterlassungsanspruch sowohl aus § 8 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG als auch aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB.

Sie waren der Ansicht, dass die Aufforderung in unmittelbarem Sachzusammenhang mit der vollständigen Kaufabwicklung erfolgt sei. Der Eingriff in das betroffene allgemeine Persönlichkeitsrecht sei daher relativ gering und nicht rechtswidrig. Der Käufer müsse sich dadurch auch nicht inhaltlich mit anderen Produkten auseinandersetzen, so dass ein noch weniger schwerwiegender Eingriff vorliege als im Rahmen des § 7 Abs. 3 UWG.

Der BGH bleibt seiner Linie treu

Der BGH dagegen hob die Urteile auf und bejahte das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB.

Wie schon in vorhergegangenen Urteilen stufte das Gericht die Aufforderung zur Teilnahme an einer Kundenzufriedenheitsbefragung als unzulässige (Direkt-)Werbung ein, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolgt, vgl. Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG (Datenschutz in der elektronischen Kommunikation). Nach Ansicht des BGH dienen Kundenzufriedenheitsbefragungen auch dazu, die Kunden an sich zu binden und künftige Geschäftsabschlüsse zu fördern. Eine derartige Befragung vermittele den Eindruck, der fragende Unternehmer bemühe sich auch nach Geschäftsabschluss um ihn. Dadurch werde weiteren Geschäftsabschlüssen der Weg geebnet.

Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kunden liege auch dann vor, wenn die Aufforderung mit der Übersendung einer Rechnung für ein zuvor gekauftes Produkt erfolgt.

Zwar stellt die Übersendung der Rechnung selbst noch keine Werbung dar. Allerdings wird dem BGH zufolge auch hier die elektronische Post des Klägers von der Beklagten in zweifacher Hinsicht genutzt: Zum einen für die Übersendung der Rechnung und zum anderen für Werbezwecke. 

Der BGH schließt sich also nicht der Auffassung an, die Rechnungsübersendung nehme der E-Mail insgesamt den Charakter der Werbung.

Never ending Werbe-Story …

Der Verbraucherschutz erfährt mit dieser Entscheidung eine Erweiterung. Während zuvor lediglich die isolierte Anfrage zur Teilnahme an einer Kundenzufriedenheitsbefragung unzulässig war, ist diese nun auch rechtswidrig, wenn sie mit einer ansonsten sachbezogenen E-Mail an den Kunden versendet wird.

Die Unternehmen sind daher angehalten, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, in die Verwendung seiner E-Mailadresse zum Zwecke der Werbung (und somit auch der Aufforderung an der Teilnahme von Umfragen) einzuwilligen.

Ihnen bleibt überlassen, ob sie diesen Weg gehen oder ob sie von jeglicher Art von Werbung zukünftig absehen. In jedem Fall profitiert wieder einmal der Verbraucher von der höchstrichterlichen Entscheidung. Wir dürfen gespannt sein, welcher Inhalt bei E-Mails demnächst noch als unzulässige Werbung eingestuft wird.

Die mobile Version verlassen