Phänomen Brandgating: Ein Markt von Amazons Gnaden?

Brandgating Amazon

Aleksei – stock.adobe.com

Unsere Wirtschaft funktioniert arbeitsteilig. Bis ein Produkt von der ersten Idee bis zum gebrauchsfertigen Artikel beim Kunden liegt, vergeht nicht nur Zeit für Entwicklung und Herstellung, sondern auch für Vermarktung und Vertrieb.

Dafür ist der Handel zuständig, jene zivilisatorische Errungenschaft, die überhaupt erst dafür sorgt, dass Produkte (und zunehmend auch Dienstleistungen) von dem, der sie in die Welt bringt, zu dem gelangt, der sie nutzt. Dabei werden seit jeher weite Strecken zurückgelegt, entlang derer wichtige Siedlungsräume entstanden und das Leben erblühte.

Im Handel liegt Segen, sagt der Volksmund.

Vom Handel zum Fachhandel

Im Prinzip kann jeder Händler mit allem Handel treiben, was sich vom Produzenten zum Konsumenten befördern oder vermitteln lässt. Große Warenhäuser, in denen man praktisch alles kaufen kann, was man so braucht (und noch viel mehr) zeugen von dieser Unabhängigkeit des Handels. Die Ausnahme bilden ganz spezielle Produkte, deren Vertrieb besondere Kenntnis erfordert; man denke etwa an Medikamente, die man insoweit eben nur in der Apotheke bekommt.

Dazwischen gibt es Produkte – vor allem im Bereich der Technik – für die sich die Gattung des typenspezialisierten Fachhändlers herausgebildet hat, also Händler, die nur Produkte eines bestimmten Herstellers anbieten, man denke an Autos. Umgekehrt legen die Hersteller solcher Produkte Wert darauf, dass der Vertrieb in einer bestimmten, zum Teil vom Hersteller kontrollierten Form passiert und autorisieren Händler dafür.

Brandgating: Schutz der Marke zum Nachteil des Marktes?

Warum aber reduzieren Hersteller auf diese Weise die Zahl der möglichen Vertriebskanäle? Zum einen, um sicherzugehen, dass eine bestimmte Qualität an Präsentation und Beratung gewährleistet ist. Und zum anderen, um dem Verbraucher zu signalisieren, dass er beim autorisierten Fachhändler in guten Händen ist, weil dieser nur Originalware anbietet. Die Einschränkung der Vermarktungsmöglichkeiten (und damit anderseits auch die Einschränkung der Spielräume nicht-autorisierter Händler) dient also dem Kampf gegen Produktpiraterie, positiv gesagt: dem Schutz der eigenen Marke.

Brandgating nennt man das. Je wertvolle nun eine Marke ist, desto mehr wird der Herstellung auf Brandgating setzen – gegen die Freiheit des Handels. Und hier ergibt sich ein grundsätzliches kartellrechtliches Problem: Was aus Sicht der Hersteller die eigene Marke schützt, schaltet aus Sicht der (nicht-autorisierten) Händler den Markt aus. Ein Fall für die Wettbewerbshüter, hierzulande vertreten durch das Bundeskartellamt. Das ermittelt derzeit in einem ganz besonders heiklen Fall von Brandgating gegen den Online-Händler Amazon und den Hersteller Apple. Amazon erlaubt den Verkauf von Apple-Produkten nämlich nur über autorisierte Apple-Händler. Und das bereits seit zwei Jahren. 

Amazon profitiert von Amazons Regeln

Das Pikante daran: Amazon gehört mittlerweile selbst zu den damit protegierten lucky few unter den Händlern, zieht also das Geschäft momentan zunehmend an sich. Die meisten anderen Händler hingegen sind aus dem Spiel. Das Bundeskartellamt sieht darin einen möglichen wettbewerbswidrigen Ausschluss von Dritthändlern, was – auch eingedenk des edlen Anliegens, etwas gegen Produktpiraterie zu unternehmen – unverhältnismäßig wäre. Es liegt bei dieser Konstellation durchaus nahe, dass Amazon hier nicht nur die Marke „Apple“ schützen will (beide Unternehmen betonen, das es genau darum, also letztlich um den Kunden geht, der voll Vertrauen darauf, ein Originalgerät zu erhalten, einkaufen soll), sondern auch (vielleicht sogar in erster Linie) die eigene Handelsaktivität auf dem umkämpften Markt.

Melden Sie sich!

Als betroffener Dritthändler – auch in anderen Fällen von Spweerrungen wegen Brandgatings – sollte man sich also gegen die Maßnahmen von Amazon wehren. Dazu bieten wir orientierende Beratung an und veranlassen konkrete Schritte. Wenden Sie sich vertrauensvoll an uns.

Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.

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