Der Schultrojaner – Big Brother ist watching you, teacher

Wie der Presse zu entnehmen ist, haben sich die Bundesländer per Vertrag mit dem Dachverband VdS Bildungsmedien, welcher die urheberrechtlichen Interessen der Hersteller von Schulbüchern vertritt, verpflichtet, mit dem Einsatz eines „Schultrojaners“ Schulcomputer auf digitale Kopien von Schulbüchern hin zu durchsuchen.

Grundlage dieses Vertrages mit dem Titel „Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 Urheberrechtsgesetz“ ist § 53 Abs. 3 UrhG:

(3) Zulässig ist, Vervielfältigungsstücke von kleinen Teilen eines Werkes, von Werken von geringem Umfang oder von einzelnen Beiträgen, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen oder öffentlich zugänglich gemacht worden sind, zum eigenen Gebrauch
1.
zur Veranschaulichung des Unterrichts in Schulen, in nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie in Einrichtungen der Berufsbildung in der für die Unterrichtsteilnehmer erforderlichen Anzahl oder
2.
für staatliche Prüfungen und Prüfungen in Schulen, Hochschulen, in nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie in der Berufsbildung in der erforderlichen Anzahl

herzustellen oder herstellen zu lassen, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist. Die Vervielfältigung eines Werkes, das für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmt ist, ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig.

Demnach dürfen urheberrechtlich geschützte Werke wie Schulbücher in kleinen Teilen für den Unterrichtsgebrauch oder für Prüfungen vervielfältigt werden, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist.

Oberstes Ziel dieses „Überwachungsvertrages“ soll die Sicherstellung der Vervielfältigungsrechte an Unterrichtsmaterialien sein. Aber natürlich wollen die Schulbuchverlage auch entsprechend der Vervielfältigung ihrer Werke entlohnt werden.

Erwartungsgemäß laufen die Schulen gegen diese Vereinbarung Sturm, da ein moderner, flexibler und leistungsstarker Unterricht mit dieser Regelung wohl kaum noch möglich ist. Dies auch insbesondere deshalb, da Schulleitern und Lehrer bei Verstößen gegen den Vertrag dienstrechtliche Konsequenzen drohen. Immer mehr Schulen benutzen heute moderne Medien, so z.B. Activeboards, d.h. digitale Tafeln, bei denen Unterrichtsmaterialien eingescannt und auf dem Server gespeichert werden können, so dass die Schüler sich diese Materialien zuhause für die weitere Bearbeitung herunterladen können.

Der Vertrag sieht konkret vor, dass ab dem Schuljahr 2011/2012 an mindestens ein Prozent der öffentlichen Schulen eine „Plagiatssoftware“ installiert wird, um unerlaubte digitale Kopien auf Schulrechnern aufzuspüren. Wie diese Durchsuchung der Schulcomputer, bei der strikt zwischen Schüler- und Lehrerdaten unterschieden werden müsste, technisch umgesetzt werden soll, steht noch in den Sternen. Auch wie der Eingriff in das sogenannte „IT-Grundrecht“ der Lehrer, welches das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Online-Durchsuchung entwickelt hat, gerechtfertigt werden soll, ist äußerst fraglich.

Dieser Vertrag scheint die begrüßenswerte digitale Entwicklung und den Umgang mit neuen Medien an Schulen stark zu beeinträchtigen. Dies hat auch die Bundesjustizministerin erkannt, die sich dem Thema angenommen hat. Wir bleiben dran (nh).

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