OLG Schleswig: Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafe beseitigt die Wiederholungsgefahr?

UWG einfache Unterlassungserklärung teilweise ausreichend

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Das am häufigsten gewählte Mittel, um gegen eine unlautere und damit wettbewerbswidrige geschäftliche Handlung vorzugehen, ist die Abmahnung. Damit wird der Konkurrent auf sein wettbewerbswidriges Verhalten hingewiesen. Zugleich wird er aufgefordert, das beanstandete Verhalten nicht mehr zu wiederholen und diesbezüglich eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben.

Nach der UWG-Novelle 2020 dürfen die Parteien bei bestimmten Verstößen jedoch keine Vertragsstrafe mehr vereinbaren. Das hört sich gut an. Doch wird dem Schuldner mit dieser Neuerung überhaupt ein Gefallen getan oder muss er deren Folgen nun vor Gericht „ausbaden“`?

Abmahnung wegen Verstoß gegen die Informationspflicht

Ein Händler mahnte einen Einzelunternehmer wegen fehlender Grundpreisangabe, fehlerhafter Angaben zum Widerrufsrecht sowie fehlender Registrierung im Verpackungsregister bei seinen eBay-Angeboten ab. Daraufhin forderte der Abmahnende eine Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Erstattung der Abmahnkosten. Der Händler gab dann nur im Hinblick auf die fehlende Registrierung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Hinsichtlich der Fehler bei den Grundpreisangaben und der Widerrufsbelehrung gab er hingegen unter Verweis auf die neu eingeführten Regelungen in § 13a Abs. 1, 2 UWG in Verbindung mit § 13 Abs. 4 UWG nur eine einfache Unterlassungserklärung ab.

Der Mitbewerber akzeptierte die einfache Unterlassungserklärung nicht und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem zuständigen Landgericht. Das Landgericht wies den Antrag zurück, woraufhin der Abmahnende Beschwerde einlegte.

Wann ist eine einfache Unterlassungserklärung ausreichend?

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Schleswig (OLG Schleswig, Beschluss v. 03.05.2021, Az. 6 W 5/21) waren der Ansicht, dass die einfache Unterlassungserklärung in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG in Verbindung mit § 13 Abs. 4 UWG bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten oder die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ausreiche. Durch das neue Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) habe der Gesetzgeber bei Verstößen gegen die in § 12 Abs. 4 UWG genannten Informationspflichten festgelegt, dass es ausreiche, wenn der Abgemahnte, sofern er weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigte, kein strafbewehrte Unterlassungserklärung mehr abgeben müsse.

Ausreichend sei vielmehr, eine einfache Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafe. Denn mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs habe der Gesetzgeber die Generierung von Vertragsstrafen und Gebühren eindämmen und damit missbräuchlicher Anspruchsverfolgung im Lauterkeitsrecht entgegenwirken wollen. Dieser Intention laufe es zuwider, wenn ein Unterlassungsschuldner die Wiederholungsgefahr bei einer Abmahnung durch einen Mitbewerber in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG nicht durch die Abgabe einer einfachen, nicht strafbewehrten Unterlassungserklärung ausräumen könne, so die Richter. Denn dann könnte der Mitbewerber den Unterlassungsschuldner trotz abgegebener Unterlassungserklärung gerichtlich in Anspruch nehmen. Dies würde erstens nicht zur gewünschten Entlastung der Gerichte und zweitens dazu führen, dass er zwar nicht durch eine Vertragsstrafe, aber doch durch die dadurch verursachten Kosten belastet werde. Eine solche Intention des Gesetzgebers lasse sich jedoch weder der Gesetzessystematik noch der Gesetzesbegründung entnehmen.

Systembruch?

Der Senat setzte sich auch mit dem durch § 13a Abs. 2 UWG verursachten  Systembruch auseinander. Zur Auffassung der Literatur, dass in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG eine außergerichtliche Streitbeilegung nicht mehr möglich sei, da die Wiederholungsgefahr ausschließlich durch das Versprechen einer Vertragsstrafe eingeräumt werden könne, führt der Senat aus: Er verkenne gerade nicht, dass das bisherige System von Abmahnung, Unterwerfung und Wegfall der Wiederholungsgefahr den Zweck verfolge, dem Gläubiger und dem Schuldner ein Mittel an die Hand zu geben, um einen Streit ohne Inanspruchnahme der Gerichte beizulegen. Da der Unterlassungsanspruch immer nur in der Zukunft erfüllt werden könne, müsse der bei anderen Ansprüchen durch die Erfüllung eintretende Rechtsfrieden auf andere Weise erreicht werden. Die Richter stellen klar, dass dies bisher in dem drohenden Nachteil einer Strafe für den Fall einer Zuwiderhandlung gesehen wurde, der den Schuldner vernünftigerweise von Wiederholungen abhalten würde.

Und eben dieser Dogmatik des Unterlassungsanspruchs scheint es zu widersprechen, wenn die Wiederholungsgefahr in bestimmten Fällen nunmehr auch ohne ein Strafversprechen entfallen könne. Jedoch führe auch eine Unterlassungserklärung ohne Strafbewehrung in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG im Falle des späteren Verstoßes zu nachteiligen Rechtsfolgen für den Schuldner. Das Gericht stellt insoweit klar, das dem Gläubiger dann ein vertraglicher Unterlassungsanspruch zustehe. Dies führe dazu, dass das Gericht nicht mehr den Wettbewerbsverstoß an sich prüfen müsse, sondern nur noch den Verstoß gegen die Unterlassungserklärung festzustellen habe. Zudem handele es sich bei dem erneuten Verstoß (gegen die Unterlassungserklärung) nicht mehr um den erstmaligen Verstoß, sodass nunmehr eine Vertragsstrafe zugunsten des Gläubigers vereinbart werden könne.

Einfache Unterlassungserklärung nach neuem UWG

Ist die Gesetzesreform gegen den unlauteren Wettbewerb tatsächlich dahingehend durchdacht worden? Es scheint an vielen Stellen nicht so.

Es wirkt so, als wolle der Gesetzgeber mit aller Gewalt und Eile eine Entschärfung des Abmahnwesens schaffen, ohne bereits bestehende Grundsätze bei den Änderungen zu berücksichtigen – beziehungsweise überhaupt zu bedenken. Doch einen Gefallen tut man dem Schuldner damit nicht wirklich, wenn er den Gläubiger so nicht klaglos stellen kann.

Zwar hat das OLG Schleswig nun entschieden, dass die Neuregelung des Abmahnwesens auf den „alten“ Grundsatz, dass der Unterlassungsanspruch nur bei Wegfall der Wiederholungsgefahr erlischt, durchschlägt und eine „einfache“ Unterlassungserklärung ohne Strafversprechen in der vorhin geschilderten Konstellation die Wiederholungsgefahr entfallen lässt. Danach genügt eine solche Unterlassungserklärung bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 13a Abs. 2 UWG zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr. Allerdings ist auch hier noch nicht das letzte Wort gesprochen.

Ob und wann der BGH dies tut wird, ist allerdings fraglich.  in einstweiligen Verfügungsverfahren, mit denen wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten in der Praxis am häufigsten geklärt werden, ist am Oberlandesgericht Schluss. Nur in seltener anzutreffenden Hauptsacheverfahren, wäre der BGH letzte potentielle Instanz.

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