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OLG Köln zur Wiederholungsgefahr bei zweiter inhaltsgleicher Unterlassungserklärung, zur Geschäftsführerhaftung und zu den Anforderungen an die Erfüllung eines Auskunftsanspruchs

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tinteIn einem von unserer Kanzlei begleiteten Verfahren setzte sich das Oberlandesgericht Köln kürzlich mit mehreren sehr praxisrelevanten Fragen im Zusammenhang mit der Reichweite und Durchsetzung urheberrechtlicher Ansprüche auseinander (OLG Köln, Urteil v. 05.12.2014 – 6 U 57/14).

Zentral ging es dabei vor allem um die Anforderungen an die Ausräumung der Wiederholungsgefahr nach einem Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung, die Haftung eines Geschäftsführers einer GmbH neben der Gesellschaft und die Erfüllbarkeit und Erfüllung eines Auskunftsanspruchs betreffend den Umfang der begangenen Rechtsverletzungen.

Alle diese Aspekte waren bereits Gegenstand einer intensiven erstinstanzlichen Auseinandersetzung vor dem Landgericht Köln, über die wir hier berichtet haben. Dank der von der Gegenseite eingelegten Berufung erhielt nun auch das Oberlandesgericht Köln Gelegenheit, sich mit dem zugrunde liegenden Fall – ein weiteres Mal – zu beschäftigen und zu den angeführten Problematiken aus der täglichen Beratungspraxis eines jeden auf dem besagten Gebiet spezialisierten Rechtsanwalts Stellung zu nehmen. Das Ergebnis ist eine überaus lesenswerte Entscheidung, die – um den Ausgang des Rechtsstreits kurz vorwegzunehmen – das stattgebende Urteil des Landgerichts in allen Punkten bestätigt und mit weitergehenden Argumenten untermauert hat.

Wiederholung einer wortgleichen Unterlassungserklärung reicht nicht aus

Die Besonderheit des vorliegenden Falls bestand, wie wir bereits berichtet haben, darin, dass sich die Gegenseite nach einem Verstoß gegen ihre seinerzeit bereits abgegebene Unterlassungserklärung zur Erledigung des damit neu begründeten Unterlassungsanspruchs zwar erneut zur Unterlassung verpflichtet, diese Verpflichtung aber nicht mit einer erhöhten Vertragsstrafe bewehrt hatte. Stattdessen begnügte sie sich damit, ihre alte Unterlassungserklärung nach neuem Hamburger Brauch mit gleichem Wortlaut noch einmal zu wiederholen.

Es lag auf der Hand, dass eine Erklärung, welche die Gegenseite schon einmal von neuen Rechtsverstößen nicht abhalten konnte, es auch diesmal nicht tun wird und damit nicht geeignet war, die den Unterlassungsanspruch begründete Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen. Trotz entsprechender Hinweise beharrte die Gegenseite jedoch auf ihrer gegenteiligen Auffassung und reichte sogar eine entsprechende negative Feststellungsklage beim Landgericht Köln ein, die anschließend mit dem von uns betriebenen Hauptsacheverfahren zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurde.

Nachdem das Landgericht Köln die von der Gegenseite vorgetragenen Argumente allesamt zurückgewiesen hatte, stellte nunmehr auch das Oberlandesgericht Köln mit deutlichen Worten fest, dass der zweiten Unterlassungserklärung aufgrund der aufgezeigten Umstände die erforderliche Ernsthaftigkeit abzusprechen ist:

„Begeht der Schuldner nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, mit der die Wiederholungsgefahr beseitigt wurde, einen identischen Wettbewerbsverstoß, entsteht ein neuer Unterlassungsanspruch. Die nach Abgabe einer Unterlassungserklärung durch einen erneuten – auch unverschuldeten – Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr kann grundsätzlich allenfalls durch eine weitere Unterlassungserklärung mit einer gegenüber der ersten erheblich höheren Strafbewehrung ausgeräumt werden (BGH, GRUR 1990, 534 – Abruf-Coupon).

Bei einem Vertragsstrafeversprechen nach „neuem Hamburger Brauch“ kann die erforderliche Verschärfung durch Versprechen einer Vertragsstrafe „nicht unter …“ nach Lage des Falles genügen (LG Köln, ZUM-RD 2014, 222 = juris Tz. 30f.; Bornkamm, in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 12 Rn. 1.157). Ais dem Urteil des OLG Hamm vom 28.07.2011 – 4 U 55/11 –, das die Beklagten heranziehen, folgt nichts anderes. […]

Daher liegt es neben der Sache, wenn die Beklagten meinen, aufgrund der Unterwerfungserklärung vom 17.05.2013 habe der Kläger für einen weiteren Verstoß eine höhere Vertragsstrafe verlangen können, so dass es eines – wie beispielsweise von Bornkamm a.a.O. in Erwägung gezogenen – Vertragsstrafeversprechens mit einer Mindestvertragsstrafe nicht bedurft hätte. Die Erklärung vom 17.05.2013 hat die Beklagten – aus welchem Grund auch immer – nicht davon abgehalten, einen identischen Verstoß binnen eines Monats zu begehen. Sie war daher ersichtlich nicht geeignet, die Gefahr weiterer Verstöße auszuräumen, so dass die Abgabe einer inhaltsgleichen Erklärung nicht geeignet war, die Vermutung der Widerholungsgefahr zu widerlegen. Objektiv bestand Anlass zu Zweifeln an der Ernsthaftigkeit der (wiederholten) inhaltsgleichen Unterwerfungserklärung, die dem Kläger keine über die ursprüngliche Erklärung hinausgehenden Rechte einräumte und dementsprechend kein über die ursprüngliche Erklärung hinausgehendes Sanktionsrisiko darstellte“.

Die von der Gegenseite beantragte Revision wurde nicht zugelassen. Bereits in der mündlichen Verhandlung wies der Senat darauf hin, dass die hier interessierenden Fragen in der obergerichtlichen Rechtsprechung außer Streit seien. Zudem verkenne die Gegenseite bei ihrer gegenteiligen Argumentation, mit der sie dem Schutzrechtinhaber praktisch das Prozessrisiko betreffend den Bestand seiner Unterlassungsansprüche und  die Höhe der im Einzelfall festzusetzenden Vertragsstrafe aufbürden möchte, das insoweit bestehende Regel-Ausnahme-Verhältnis. Denn die Wiederholungsgefahr werde im Falle eines rechtswidrigen Verhaltens zu Gunsten des Rechteinhabers vermutet und könne außergerichtlich nur ausnahmsweise durch eine (hinreichend strafbewehrte) Unterlassungserklärung ausgeräumt werden.

Geschäftsführer haftet eigenständig neben der Gesellschaft

In Bezug auf den Beklagten zu 2.) – den separat in Anspruch genommenen Geschäftsführer der Beklagten zu 1.) – stellte das Oberlandesgericht fest, dass dieser neben seiner Gesellschaft passivlegitimiert sei und in gleichem Umfang auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz hafte:

„c) […] Insoweit ist aber nach wie vor darauf abzustellen, dass sich bei der Verletzung von Urheberrechten der Unterlassungsanspruch auch gegen den handelnden Vertreter einer juristischen Person richtet, es sei denn, dieser hat an den Rechtsverletzungen nicht teilgenommen und von diesen nichts gewusst (BGH, GRUR 1986, 248, 251 – Sporthosen; GRUR 2010, 616 Tz. 34 – marions-kochbuch.de; v. Wolff, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl. 2014, § 97 Rn. 20). Insoweit trifft den Anspruchsgegner zumindest eine sekundäre Darlegungslast dahingehend, wer für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (KG, GRUR-RR 2013, 204, 205 – Foto-Nutzung); an entsprechendem Vortrag der Beklagten fehlt es.“

Soweit sich die Gegenseite in diesem Zusammenhang auf die viel diskutierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur den Grundsätzen der Geschäftsführerhaftung (wir berichteten hier) berufen hat, wies der Senat darauf hin, dass diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall, welcher im Urheberrecht verankert ist, nicht übertragbar sei:

 „a) Soweit der Beklagte zu 2) sich darauf beruft, nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne eine Haftung der Organe einer juristischen Person nicht mehr ohne weiteres angenommen werden (BGH, GRUR 2014, 883 – Geschäftsführerhaftung), so übersieht er, dass diese Entscheidung die Haftung für Wettbewerbsverstöße betrifft und damit begründet worden ist, die weitergehende Haftung sei früher mit der Störerhaftung begründet worden, die seit einiger Zeit im Wettbewerbsrecht nicht mehr angewendet werde (Fritzsche, LMK 2014, 362609). Auf den Bereich des Urheberrechts – in dem die Störerhaftung nach wie vor angewendet wird, da hier, anders als im Wettbewerbsrecht, die Verletzung absoluter Rechte in Rede steht (BGH, GRUR 2012, 304 Tz. 49 – Basler Haar- Kosmetik) – lässt sich die Entscheidung daher nicht übertragen.“

Da der in Anspruch genommene Geschäftsführer in den vorangegangenen Auseinandersetzungen neben der GmbH zum Teil auch sich selbst verpflichtet hat, folgte seine Haftung insoweit unabhängig von den gesetzlichen Haftungstatbeständen auch unmittelbar aus Vertrag (für die Mitarbeiter seiner GmbH – in Verbindung mit § 278 BGB), und zwar sowohl für den Unterlassungsanspruch wie auch für den Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 S. 1 BGB:

„b) Ferner übersehen die Beklagten, dass der Beklagte zu 2) nicht nur aus Gesetz, sondern auch vertraglich aus der Unterwerfungserklärung vom 17.05.2013 haftet. In der Berufungsinstanz hat sich der Kläger auch ausdrücklich auf diesen vertraglichen Anspruch berufen. Dies ist zulässig; insbesondere stellen gesetzliche und vertragliche Unterlassungsansprüche in einer Konstellation wie der vorliegenden einen einheitlichen Streitgegenstand dar (BGH, GRUR 2013, 397 Tz. 13 – Peek & Cloppenburg III).“

Auch die Auskunftserteilung muss ernsthaft und vollständig erfolgen

Erwähnenswert sind schließlich die Feststellungen des Oberlandesgerichts Köln zu der in der Praxis oft sehr umstrittenen Frage, welche Informationen der Verletzer über den Umfang und die Dauer seines rechtswidrigen Verhaltens mitteilen und welche Anstrengungen er bei der Beschaffung dieser Informationen unternehmen muss, um den insoweit bestehenden Auskunftsanspruch des Schutzrechtinhabers zu erfüllen und diesem die Berechnung seiner Schadensersatzforderung zu ermöglichen. Dazu führt der Senat wie folgt aus:

„Der vom Landgericht zuerkannte Auskunftsanspruch gegenüber der Beklagten zu 1) besteht ebenfalls und ist insbesondere noch nicht erfüllt. Ein Auskunftsanspruch ist nicht erfüllt, wenn die Auskunft nicht ernst gemeint, unvollständig oder von vorneherein unglaubwürdig ist (BGH, GRUR 2001, 841, 844 – Entfernung der Herstellungsnummer II; Senat, GRUR 2006, 31 – Mitwirkung eines Dritten; Köhler, in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 9 Rn. 4.32).

Erstinstanzlich hatten die Beklagten mitgeteilt,

„dass eine über die vom Kläger dokumentierte Nutzung des Lichtbilds bei eBay hinausgehende Verwendung nicht bekannt ist. Obgleich der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) sich hierzu innerbetrieblich nochmals erkundigt hat, ist insbesondere nicht mehr ersichtlich, wann genau das Lichtbild bei eBay eingestellt wurde.“

Dass damit die Verpflichtung, über Dauer und Umfang der Nutzung des Lichtbilds Auskunft zu erteilen, objektiv nicht erfüllt ist, bedarf keiner näheren Erläuterung. [..] In Betracht käme allenfalls ein Wegfall der Auskunftspflicht gemäß § 275 Abs. 1 BGB, wenn es den Beklagten unmöglich wäre, die geforderte Auskunft zu erteilen. Davon ist aber aufgrund des vagen Vortrags nicht auszugehen; sie müssten zumindest darlegen, bei wem nachgeforscht worden ist. Darzulegen wäre eine Nachfrage bei – sämtlichen – zuständigen Mitarbeitern sowie Auswertung etwa vorhandener Unterlagen und Datensicherungen; ferner wäre auch eine Nachfrage bei eBay und deren Ergebnis darzulegen.“

(pu)

(Bild: Tintenfass und Schrift © gold36 – Fotolia.com)

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