Ausgangspunkt: Ein LinkedIn-Post, der für viele Unternehmer bittere Realität ist
Hintergrund war der Fall eines E-Commerce-Unternehmers, der monatlich rund 35.000 € in Google Ads investierte. Der Unternehmer wollte lediglich eine zweite Meinung zur Performance seiner Kampagnen einholen. Doch als der Consultant um Zugriff auf den Account bat, offenbarte sich das Problem: Der Kunde hatte gar keinen eigenen Zugriff. Der Google Ads-Account lief über das MCC der Agentur. Der Unternehmer hatte zwar bezahlt, aber keinen Zugang – weder technisch noch rechtlich.
Als er kündigen wollte, bot ihm die Agentur den Zugang zum Ads-Konto an. Gegen eine Zahlung von 20.000 €. Formal ist so ein Verhalten womöglich rechtlich noch gedeckt – aber wirtschaftlich ist es hochgradig bedenklich. Und juristisch betrachtet ist es in vielen Fällen alles andere als legal.
Unser Fall: Blockierter YouTube-Kanal – wirtschaftlicher Schaden, eindeutige Rechtslage
Ein sehr ähnlicher Fall wurde uns als Kanzlei angetragen.
Eine Agentur hatte im Rahmen eines umfassenden Marketingvertrags einen YouTube-Kanal für einen Mandanten aufgebaut, der eine zentrale Rolle in dessen Unternehmenskommunikation spielte. Nach dem Ende der Zusammenarbeit verweigerte die Agentur die Herausgabe des Zugangs und blockierte den Mandanten über Monate hinweg. Der wirtschaftliche Schaden war erheblich, da der Kanal nicht nur Reichweite, sondern auch direkte Umsätze generierte.
Im gerichtlichen Verfahren ließ sich die Herausgabe rechtlich eindeutig durchsetzen. Die Argumente der Agentur, sie habe den Kanal selbst eingerichtet und sei deshalb im Recht, hielten vor Gericht nicht stand. Entscheidend war, dass der Kanal auf das Geschäftsmodell des Mandanten zugeschnitten war und damit in dessen wirtschaftliche Sphäre fiel. Die Blockade war somit unzulässig.
Rechtliche Bewertung: Kein Kavaliersdelikt, sondern potenziell strafbar
Aus juristischer Sicht ist ein solches Verhalten keineswegs ein bloßes Ärgernis. Wer einem Kunden den Zugriff auf geschäftskritische Infrastruktur verweigert oder diesen von einer Zahlung abhängig macht, bewegt sich schnell im strafrechtlich relevanten Bereich. In Betracht kommen insbesondere die Straftatbestände der Nötigung (§ 240 StGB) oder gar der Erpressung (§ 253 StGB). Zivilrechtlich besteht in solchen Fällen regelmäßig ein Herausgabeanspruch. Und auch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten kann ein solches Vorgehen als unlautere Behinderung (§ 4 Nr. 4 UWG) gewertet werden, insbesondere wenn Agenturen den Wechsel zu einem anderen Dienstleister gezielt sabotieren.
Was Unternehmen daraus lernen können: Klare Strukturen von Anfang an
Für Unternehmer und Marketingverantwortliche ergibt sich aus diesen Fällen eine klare Handlungsempfehlung: Sorgen Sie von Anfang an dafür, dass Sie selbst Eigentümer Ihrer geschäftskritischen Accounts sind – sei es bei Google Ads, Meta Business Manager, YouTube oder vergleichbaren Plattformen. Technisch bedeutet das, dass Sie als Inhaber den Account selbst anlegen und der Agentur nur Nutzerrechte einräumen. Rechtlich sollte im Vertrag klar geregelt sein, dass sämtliche Zugangsdaten, Konten und Auswertungsdaten im Eigentum des Unternehmens verbleiben und bei Vertragsende ohne Wenn und Aber herauszugeben sind.
Zugleich empfiehlt sich eine regelmäßige Prüfung der tatsächlichen Rechte und Zugriffsmöglichkeiten. Denn selbst wenn ein Vertrag „Zugriff“ garantiert, sagt das noch nichts über die technische Realität aus. Wer über Monate hinweg kein Login hat oder nur Reports erhält, steht im Ernstfall mit leeren Händen da.
Wenn es schon zu spät ist: Rechtzeitig rechtliche Hilfe holen
Sollte sich eine Agentur weigern, Zugänge herauszugeben oder sogar ein „Lösegeld“ für geschäftskritische Infrastruktur verlangen, ist es wichtig, nicht vorschnell zu zahlen oder auf informelle Lösungen zu hoffen. Dokumentieren Sie die Kommunikation, sichern Sie alle Beweise – und holen Sie frühzeitig anwaltliche Unterstützung. In vielen Fällen lässt sich die Blockade bereits mit einem anwaltlichen Schreiben auflösen. In anderen Fällen ist gerichtlicher Rechtsschutz erforderlich – insbesondere dann, wenn ein wirtschaftlicher Schaden unmittelbar droht oder bereits eingetreten ist.
Unsere Unterstützung: So hilft LHR
Wir beraten und vertreten Mandanten in Fällen blockierter Zugänge, streitiger Account-Inhaberschaften und rechtswidriger Agenturpraktiken – außergerichtlich und vor Gericht. Wir sorgen dafür, dass Sie wieder Zugriff auf Ihre Plattformen erhalten und begleiten Sie dabei, rechtliche Klarheit zu schaffen – präventiv oder im Konfliktfall.
Wenn Sie sicherstellen wollen, dass Sie Ihren eigenen Ads-Account niemals „zurückkaufen“ müssen, sprechen Sie uns an.
▶️ Den besprochenen Parallelfall und das Urteil lesen Sie hier: Marketingagentur blockiert YouTube-Kanal – Urteil und Einordnung