EuGH-Superleague-Urteil: UEFA missbraucht marktbeherrschende Stellung

Superliga-Urteil

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Der Europäische Gerichtshof hat dem Ansinnen von UEFA und FIFA, eine europäische Superleague zu verhindern, einen Riegel vorgeschoben. Mit ihren Statuten missbrauchten die Fußballverbände ihre marktbeherrschende Stellung, so der EuGH in seinem unerwarteten Urteil (EuGH, Urteil vom 21.12.2023, Az. C-333/21).

 

 

 

Wenn sich verschiedene Vereine, die Mitglied der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) oder der Union of European Football Associations (UEFA) sind, sich für ein bestimmtes Projekt zusammenschließen, dann benötigen sie dafür die vorherige Genehmigung der Fußballverbände. Die Statuten der Verbände sehen dies so vor und verbieten den Clubs und Spielern, an einem nicht genehmigten Wettbewerb mitzuwirken.

Europäische Fußballclubs klagten gegen FIFA- und UEFA-Regeln

Zwölf europäische Fußballvereine aus Spanien, Italien und Großbritannien, die gemeinsam über die spanische Firma European Superleague Company agieren – darunter bekannte Namen wie Real Madrid oder Manchester United – wollten eine European Superleague gründen. Diese ist als Konkurrenzwettbewerb zur Champions League geplant. Die FIFA und die UEFA legten jedoch ihr Veto ein und drohten mit Sanktionen für Clubs und Spieler, die an dem geplanten neuen Wettbewerb teilnehmen.

Monopolstellung von UEFA und FIFA

Die European Superleague Company klagte vor einem Handelsgericht in Madrid. Die Firma argumentierte, dass die Regeln von FIFA und UEFA, welche die Genehmigung von Wettbewerben vorsehen, ebenso EU-rechtswidrig seien wie die Verwertung von Medienrechten. Das spanische Gericht, welches Zweifel insbesondere mit Blick auf die Monopolstellung von FIFA und UEFA hatte, legte dem EuGH sechs Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vor.

Der EuGH stellt nun in seinem Urteil fest, dass es sich bei der Organisation von professionellen Fußballwettbewerben unter Teilnahme verschiedener Vereine und bei der Verwertung von Medienrechten um wirtschaftliche Aktivitäten handelt. Diese hätten sich demnach an die Regeln des Wettbewerbs zu halten und müssten die Personenfreizügigkeit respektieren, auch wenn der Profisport besondere Merkmale aufweise wie die Existenz von Verbänden mit bestimmten Regulierungs- und Kontrollbefugnissen sowie der Befugnis, Sanktionen zu verhängen.

Ungerechtfertigte Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit

Die Regeln von FIFA und UEFA hinsichtlich Genehmigung, Kontrolle und Sanktionen hätten willkürlichen Charakter und seien als ungerechtfertigte Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit anzusehen.

Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung

Wenn ein Unternehmen in beherrschender Stellung die Macht habe, die Bedingungen zu bestimmen, unter denen potentielle Konkurrenten Zugang zum Markt erhalten, müsse diese Macht angesichts des Risikos von Interessenkonflikten bestimmten Kriterien unterliegen. Diese Kriterien müssten transparent, objektiv, nicht diskriminierend und verhältnismäßig sein, so der EuGH. FIFA und UEFA unterlägen jedoch keinen solchen Kriterien. Damit missbrauchten sie eine „marktbeherrschende Stellung“.

Eine Genehmigungspflicht eines Wettbewerbs wie der Superleague verneint der EuGH generell. Über das Einzelprojekt Superleague trifft der EuGH in seinem Urteil keine Entscheidung.

EuGH: Regelwerk schadet Clubs und Fernsehzuschauern

Der EuGH stellt in seinem Urteil ferner fest, dass die Regeln von FIFA und UEFA bezüglich der Auswertung von Medienrechten schädlich seien für europäische Fußballclubs, Medienfirmen, Verbraucher und Fernsehzuschauer. Diese würden nämlich daran gehindert, sich an neuen und potentiell innovativen oder interessanten Wettbewerben zu erfreuen.

Der EuGH gab dem Madrider Gericht auf, zu prüfen, ob die Regeln von FIFA und UEFA dennoch zum Vorteil verschiedener Interessengruppen gereichen könnten, etwa indem diese für eine solidarische Umverteilung der Gewinne aus bestimmten Rechten sorgten.

(Markt)macht der Verbände eingeschränkt

Der finale Volltext des EuGH-Urteils wurde bislang nicht auf Deutsch veröffentlicht, wohl aber ein vorläufiger Urteilstext auf Englisch. Die UEFA warf dem EuGH vor, das Urteil in einer Pressemitteilung verzerrt darzustellen.

Die Diskussion über die sport- und wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen des Urteils hat gerade erst begonnen. „Der Fußball ist frei“, jubelte bereits ein Superleague-Vertreter. Die UEFA drohte zwölf europäischen Clubs im April 2021 mit Ausschluss von europäischen Wettbewerben wie der Champions League. So etwas ist nach dem neuen Urteil in der Form nicht mehr möglich. Das EuGH-Urteil wird als äußerst grundlegend auch für alle anderen internationalen Sportverbände angesehen. Es dürfte den Wettbewerb im Profi-Fußball deutlich stärken.

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