Ein Rechtsanwaltsportal ist nicht Google


Internetportale dürfen nicht einfach Profile aus dem Internet sammeln und dabei urheberrechtlich geschützte Fotos verwenden. Hier gelten andere Regeln als bei Suchmaschinen. Das hat das Amtsgericht Charlottenburg in einem Urteil entschieden, das LHR Rechtsanwälte für die Klägerin erstritten hat (AG Charlottenburg, Urteil v. 14.06.2022, Az. 206 C 416/21).

Ein Internetportal, auf dem Internetdienstleistungen für Rechtsanwälte angeboten wurden, führte eine Datenbank mit Rechtsanwälten. Auf einer Unterseite des Rechtsanwaltsportals wurde ohne Autorisierung ein Profil der von LHR Rechtsanwälte vertretenen Klägerin, einer Rechtsanwältin, angelegt. Der Eintrag war automatisch über einen sogenannten Scraper erstellt worden. Zu sehen war auf der Seite auch ein Screenshot von der Kanzlei-Webseite der Klägerin, www.kanzlei-gotsche.de. Der Screenshot enthielt darüber hinaus ein Foto der Klägerin, dessen ausschließliches Nutzungsrecht der Klägerin von dem Fotografen eingeräumt wurde.

Die Klägerin macht mit der Klage einen Urheberrechtsverstoß und einen Lizenzschaden gemäß § 97 Abs. 2 Urhebergesetz (UrhG) in Verbindung mit den §§ 15, 19a UrhG geltend. Das Rechtsportal war der Ansicht, dass es zulässig sei, urheberrechtlich geschützte Bilder, die von Suchmaschinen im Internet aufgefunden worden seien, auf einer Webseite anzuzeigen. Dies habe der Bundesgerichtshof im Fall einer Suchmaschine entschieden (BGH, Urteil v. 21.09.2017, Az. I ZR 11/16 – Vorschaubilder III). Die Aufnahme des Profils der Anwältin in die Datenbank sei von einer Suchmaschine nicht zu unterscheiden.

Eingriff in das Recht zum öffentlichen Zugänglichmachen

Das Amtsgericht Charlottenburg ließ sich davon nicht überzeugen und erließ ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte (AG Charlottenburg, Urteil v. 11.03.2022, Az. 206 C 416/21). Das Foto sei als Lichtbildwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Urhebergesetz (UrhG) anzusehen und sei jedenfalls als Lichtbild nach § 72 Abs. 1 UrhG urheberrechtlich geschützt. Durch die Wiedergabe des Fotos als Teil des Screenshots von der Website der Klägerin habe die Beklagte in das ausschließliche Recht der Klägerin zum öffentlichen Zugänglichmachen der Fotografie nach den §§ 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, § 19a UrhG eingegriffen.

Das Rechtsanwaltsportal sei nicht nur eine Suchmaschine, sondern eine Webseite, die Dienstleistungen für Rechtsanwälte anbiete und eine Datenbank für Rechtssuchende unterhalte, in der sie Profile von Rechtsanwälten bereithalte. Der BGH, so das Urteil weiter, habe darauf abgestellt, dass Suchmaschinen weit verbreitet und „praktisch von jedermann benutzt“ würden. Jedoch bediene sich ein wesentlich geringerer Teil der Öffentlichkeit einer von einer Webseite bereitgestellten Datenbank.

Datenbank mit Suche ist mehr als eine Suchmaschine

Die Dienstleistung der Beklagten gehe ersichtlich weiter als die einer Suchmaschine, da nach Rechtsanwälten in der Nähe gesucht werden könne. Dabei erscheine je nach Eingrenzung durch Filter eine Liste, in der Profile in Form von Screenshots angezeigt würden.

Kein erkennbares Interesse von Webseitenbetreibern

Bei Suchmaschinen hätten Webseitenbetreiber in der Regel ein Interesse daran, aus Gründen der Suchmaschinenoptimierung von einer Suchmaschine gefunden zu werden. Der BGH stelle in seiner Entscheidung auf den objektiven Erklärungsinhalt in der Suchmaschinenoptimierung aus Sicht des Erklärungsempfängers ab. Es gebe jedoch kein erkennbares Interesse von Betreibern einer Webseite, „in jedwede Datenbank aufgenommen zu werden“, heißt es im Urteil. Ein Rechtsanwalt wolle selbst entscheiden, auf welcher Webseite ein Profil von ihm angelegt werde.

Schadenersatz und Ersatz der Abmahnkosten

Das Amtsgericht Charlottenburg sprach der von LHR Rechtsanwälte vertretenen Rechtsanwältin Schadenersatz zu. Bei der Höhe stellte das Gericht auf die Empfehlungen der Mittelstandsgesellschaft Foto-Marketing 2021 ab. Außerdem muss das Rechtsanwaltsportal der Klägerin ihre Abmahnkosten ersetzen. Die Abmahnung sei erforderlich gewesen, da die Löschung des Profils und damit des Fotos in der Datenbank die Wiederholungsgefahr nicht habe entfallen lassen.

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