BGH: Berichterstattung über Tod von Angehörigen kann Persönlichkeitsrecht verletzen

Berichterstattung Tod Angehöriger

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Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Presseberichterstattung über die Umstände des Todes eines nahen Angehörigen einer Person auch das Persönlichkeitsrecht des Angehörigen verletzen kann. Alle vier Verfahren hatten die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Ehemanns durch Berichterstattung über den Tod der Ehefrau zum Gegenstand (BGH, Urteile v. 17. Mai 2022, Az. VI ZR 123/21, VI ZR 124/21, VI ZR 125/21, VI ZR 141/21).

Im ersten BGH-Verfahren ging es um eine Veröffentlichung auf bunte.de, in der ein behandelnder Arzt reißerisch zu den Umständen des Todes der Ehefrau des Klägers zitiert wurde. Der BGH entschied hier, dass eine Berichterstattung über den Tod einer Person das Persönlichkeitsrecht eines nahen Angehörigen sowohl mittelbar als auch unmittelbar beeinträchtigen kann. Dies hänge von den Umständen im Einzelfall ab. Gegen rechtsverletzende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht könne jedoch nur der unmittelbar Verletzte, nicht auch derjenige vorgehen, der von den Fernwirkungen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen mittelbar belastet werde. Etwas anderes gelte, wenn die Auswirkungen auch als Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind.

Kammergerichtsurteil aufgehoben

Im zweiten Verfahren ging es um Berichterstattung von „SUPERillu“ mit der Überschrift „Todesdrama im Italien-Urlaub!“ Hier urteilte der BGH: Durch Presseberichterstattung könne in seinem Persönlichkeitsrecht nicht nur unmittelbar betroffen sein, wer im Mittelpunkt einer Veröffentlichung stehe oder auf wen diese ziele. Jedoch müsse „die Persönlichkeitssphäre des Dritten selbst als zum Thema des Berichts zugehörig erscheinen, damit das Erfordernis der Unmittelbarkeit noch gewahrt bleibt“.

Gefühl der Betroffenheit oder Ansprechen reicht nicht aus

Es reiche nicht aus, wenn der Dritte sich wegen seiner engen Beziehung zum Dargestellten durch eine Berichterstattung, die ihn nicht einmal indirekt erwähnt, persönlich betroffen fühlt. Ebenso reiche es für eine Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht aus, dass Leser eine Veröffentlichung zum Anlass nehmen, den Dritten auf den Bericht anzusprechen und zu belästigen. Dies betreffe nämlich gar nicht den Inhalt der Veröffentlichung, sondern „nur noch die persönliche Verbundenheit zu der in die Öffentlichkeit gerückten Person“, heißt es im Urteil.

Persönlichkeitsrechtsverletzung trotz teilweise passiver Rolle

Wortgleich ist auch das dritte Urteil des BGH. Es befasst sich mit einem Artikel in der „Neue Woche“. Hier entschied der BGH, dass der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ebenfalls betroffen sei. Zwar habe das Kammergericht Berlin zurecht geurteilt, dass der Kläger nicht mehr im Mittelpunkt der Schilderungen im Artikel stehe und noch nicht einmal erwähnt werde. Allerdings sei bei der Deutung einer Aussage ausgehend vom Wortlaut der sprachliche Kontext, in dem eine Äußerung stehe, zu berücksichtigen. Bei der Erfassung des Aussagegehalts müsse die beanstandete Äußerung ausgehend von dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie fiel. Die Rolle des Klägers wechsle in dem streitbefangenen Artikel zwar von einer aktiven zu einer passiven, doch sei er für den Leser auch in seinem passiven Part präsent. Die Persönlichkeitssphäre des Klägers erscheine damit selbst als zum Thema des Berichts zugehörig und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht sei unmittelbar betroffen, lautet das Urteil.

Urteile des Berliner Kammergerichts revidiert

Das vierte Verfahren betrifft einen Artikel in „Freizeit Spaß“ mit dem Titel „Das Geheimnis um ihren frühen Tod“. Auch hier entschied der BGH, dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers tangiert sei.

Der BGH hob auf die Revisionen der Klägers zwei Urteile des 10. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 1. April 2021 (Az. 10 U 1058/20, Az. 10 U 1060/20, Az. 10 U 1062/20, Az. 10 U 1066/20) teilweise auf.

Die Urteile des BGH vereinheitlichen die Rechtsprechung im Äußerungsrecht. Sie vergrößern potentiell auch die Zahl der Fälle, in denen durch Presseberichterstattung Verletzte gegen diese rechtlich vorgehen können.

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