Google: Persönlichkeitsverletzung durch irreführende Snippets

Persönlichkeitsverletzung Snippets

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Die von Google automatisch erstellten Snippets können in ihrem Zusammenspiel mit der URL einer Seite und dem Seitentitel zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts führen. Dies ist zumindest immer dann der Fall, wenn eine eigenständige Aussage mit Verletzungsgehalt entsteht.

Ungünstige Zusammenstellung des Suchergebnisses

Der Kläger wurde, wegen mehrfachen versuchten Bandendiebstahls, im Jahr 1995 zu sieben Jahren Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Bei der Eingabe seines Namens in Google erschien als ein Suchergebnis, jedoch sein Name zusammen mit dem Seitentitel:

„Nicht-Therapierbarer Sextäter greif Mädchen an – Politcally“

Die URL wies auch die Formulierung „nicht-therapierbarer-sextäter-greift-mädchen-an“ auf. Der Bericht auf der Seite beschäftigte sich gar nicht mit dem Kläger.  Der Name des Klägers wurde lediglich in einem Kommentar genannt, in dem sich eine Nutzerin über die Justiz eschauffierte. Es sei eine Schande, dass „Ladendiebe“, wie der Kläger, in Sicherheitsverwahrung genommen würden, während Sexualverbrecher nicht belangt würden. In diesem Zusammenhang zitierte sie auch einen Bericht über den Beklagten. Dieser nannte sowohl seinen Namen als auch sein Geburtsjahr. Inhaltlich beschäftigte sich der Artikel mit der erfolgreichen Beschwerde des Klägers vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. In Folge des vom Kläger erstrittenen Urteils musste die Sicherheitsverwahrung in Deutschland neu geregelt werden. Ein Ausschnitt dieses Kommentars wurde von Google als Snippet verwendet, dadurch kam es zu der Zusammenstellung des Suchergebnisses.

Vor dem Landgericht scheiterte der Kläger. Durch das Snippet – den im Zusammenhang mit dem Titel und der URL stehende Ausschnitt der Internetseite – werde nicht der eindeutige Eindruck erweckt, dass der Kläger ein Sexualstraftäter sei. Zudem sei dies auch in keiner Weise Inhalt des hinterlegten Artikels.

Gegen dieses Urteil ging der Kläger mittels der Berufung jetzt vor dem Oberlandesgericht Köln vor (OLG Köln, Urteil v. 25.1.2018, Az. 15 U 56/17).

Eigene Aussage durch Snippets?

Das Oberlandesgericht sprach dem Kläger einen Unterlassungsanspruch gegen die konkrete Zusammenstellung von Titel, URL und Snippet zu. Google hafte in diesem Fall als unmittelbarer Störer. Die Suchmaschine könne zwar keine eigenständigen Aussagen treffen, wohl aber durch die Zusammenstellung der Bestandteile des Suchergebnisses den Eindruck einer eigenen Sachaussage erwecken. Es entstehe durch die Zusammenstellung der Eindruck einer vom Artikel abweichenden Aussage über den Kläger. Daraus ergebe sich eine Haftung als unmittelbarer Störer, da nicht bloß eine fremde Äußerung wiedergegeben werde, sondern eine neue Aussage entstehe. Die Entstehung durch einen Algorithmus sei nicht erheblich. Die Beklagte habe auf Hinweis des Klägers ihren Prüf- und Löschungspflichten nachkommen müssen. Das Unterlassen der Wahrnehmung dieser Verkehrssicherungspflichten begründe die unmittelbare Störerhaftung.

Die Entscheidung solle aber nicht allgemein gelten. Nicht jedes Snippet habe einen eigenen Aussagegehalt im Zusammenspiel mit der URL und dem Titel. Insbesondere, wenn nur Satzfetzen angegeben würden sei dies nicht der Fall. Die Besonderheit des vorliegenden Falles liege darin, dass durch die Gesamtschau vollständige Sätze vorliegen, die der durchschnittliche Nutzer als einheitliche Aussage verstehe.

Weder Sexualstraftäter noch in Sicherheitsverwahrung

Bei einer Gesamtbetrachtung des Snippets, mit dem Seitentitel und der URL, komme ein durchschnittlicher Leser zu dem unzutreffenden Eindruck, dass der Kläger ein Sexualstraftäter sei. Die Sicherheitsverwahrung werde allgemein mit Sexualstraftaten in Verbindung gebracht, wodurch ein direkter Bezug zwischen Titel der Seite und dem Snippet entstehe. Durch den Wortlaut des Snippets –

„Der Beschwerdeführer [Name des Klägers] ist deutscher Staatsbürger, 1945 geboren, und derzeit […] in Sicherheitsverwahrung“

– entstehe der Eindruck, dass der Kläger sich aktuell noch wegen eines Sexualdelikts in Sicherheitsverwahrung befinde. Dies sei offensichtlich eine falsche Behauptung, da es nie eine Verurteilung des Klägers wegen eines Sexualdelikts gegeben habe. Zudem befinde sich der Kläger nach dem Urteil des EMRK auch nicht mehr in einer Sicherheitsverwahrung. Das anprangern des Klägers als Sexualstraftäter, der Mädchen angreift, stelle eine erhebliche Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Eine Sicherheitsverwahrung wegen Ladendiebstahls sei eine gänzlich andere Sache, als eine wegen eines Sexualdelikts. Diese Verletzung könne weder über Haftungsprivilegien des Telemediengesetzes, noch durch Interessen der Beklagten – in einer Abwägung – gerechtfertigt werden.

Gesamtbild wichtiger als einzelne Faktoren

Dieser Fall zeigt, dass im Rahmen des Äußerungsrechts und bei Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts immer der Gesamtkontext zu beurteilen ist. Während einzelne Teile einer Aussage für sich genommen womöglich zulässig sind, kann deren Zusammensetzung aber sehr wohl eine Verletzung darstellen. Eine genaue Betrachtung der einzelnen Faktoren ist zwar wichtig, die Auslegung des Gesamtbildes letztendlich aber wesentlich für ein erfolgreiches Reputationsmanagement.

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