OLG Dresden: LinkedIn-Kommentare als Wettbewerbsverstoß – Was erlaubt ist – und was nicht

LinkedIn ist längst mehr als eine Karriereplattform.

Für viele Unternehmen ist es ein Ort, um Projekte zu präsentieren, Branchenwissen zu teilen – und: sich im besten Licht zu zeigen.

Was häufig übersehen wird: Wer dort in Kommentaren eigene Produkte bewirbt, dabei aber gleichzeitig ein Konkurrenzprodukt schlechtredet, kann gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen.

Genau das hatte ein Oberlandesgericht Dresden in einem aktuellen Urteil zu entscheiden – und stellte klar: Auch in Kommentarspalten gilt das UWG.

Der Fall: Werbung im fremden Umfeld

Ausgangspunkt war ein LinkedIn-Beitrag eines Fachportals über ein neues Verfahren im Bereich des industriellen Recyclings. In den Kommentaren meldete sich ein Geschäftsführer eines anderen Unternehmens zu Wort.

Er erklärte, das beschriebene Verfahren gehöre bei ihm „seit Ewigkeiten zum Tagesgeschäft“ und sei „absoluter Stand der Technik“. Ergänzend verwies er auf eine Website mit „sachlichem Content“ – tatsächlich aber handelte es sich um eine Produktseite seines eigenen Unternehmens. Ein weiterer Kommentar eines Mitarbeiters brachte es auf die Formel: „Hier wird das Rad wiederholt neu erfunden.“

Das Ergebnis: Kritik am Verfahren, Eigenwerbung im fremden Beitrag – und ein gerichtlicher Streit über die Grenzen zulässiger Werbung.

Erstinstanzlich abgewiesen – mit bemerkenswerter Begründung

Das erstinstanzliche Gericht ließ die beanstandeten Kommentare durchgehen. Die Begründung: Es handele sich lediglich um eine fachliche Auseinandersetzung. Zudem sei nicht bewiesen, dass sich die Kommentare überhaupt auf das konkrete Projekt des Mitbewerbers bezogen hätten. Auch der Link sei – so das Gericht – eher informativer Natur.

Die Entscheidung ließ wesentliche Zusammenhänge außer Acht: etwa die unmittelbare Platzierung des Kommentars unter dem Beitrag über das Forschungsprojekt, den werblichen Kontext des Verlinkungsziels oder die Formulierungen selbst.

Korrektur in der Berufung: Werbung plus Herabsetzung = unlauter

Das Oberlandesgericht Dresden entschied klar anders – und damit konsequent im Sinne des UWG (OLG Dresden, Urteil v. 17.06.2025, Az. 14 U 1613/24):

Die Kommentierung war vergleichende Werbung, weil ein unmittelbarer Bezug zum Projekt des Mitbewerbers bestand und zugleich das eigene Verfahren als überlegen dargestellt wurde (§ 6 Abs. 1 UWG).

Die Werbung war unlauter, weil das Konkurrenzprojekt nicht sachlich eingeordnet, sondern pauschal als überflüssig dargestellt wurde (§ 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG). Die Verlinkung auf die eigene Produktseite entlarvte den Kommentar als gezielte Absatzförderung – auch wenn sie im Gewand eines Fachbeitrags daherkam.

Besonders überzeugend: Das Gericht betonte, dass es nicht auf die subjektive Absicht des Kommentierenden, sondern auf die Sicht eines verständigen Lesers ankommt. Und für diesen war der Zweck klar: Das eigene Angebot als überlegene Alternative präsentieren – zulasten eines konkret benannten Wettbewerbers.

LinkedIn ist kein lauterkeitsfreier Raum

Die Entscheidung ist von hoher Praxisrelevanz. Denn gerade auf Plattformen wie LinkedIn werden Grenzen zwischen Meinung, Information und Werbung bewusst verwischt. Kommentare erscheinen harmlos – doch wer dabei subtil auf eigene Leistungen hinweist, betreibt regelmäßig Werbung. Sobald dann auch noch die Konkurrenz abgewertet wird, ist die Schwelle zur Unzulässigkeit schnell überschritten.

Wer im geschäftlichen Kontext auf LinkedIn postet oder kommentiert, sollte sich bewusst sein:

Handlungsempfehlung: Was betroffene Unternehmen tun können

Unternehmen, die auf LinkedIn (oder anderen Plattformen) Ziel solcher Kommentare werden, sind dem nicht schutzlos ausgeliefert. Im Gegenteil: Das UWG bietet klare Handlungsoptionen, etwa:

Zugleich gilt: Wer selbst im geschäftlichen Umfeld kommentiert, sollte darauf achten, nicht in wettbewerbsrechtliches Glatteis zu geraten. Denn anders als im Privatprofil können Äußerungen aus einem Geschäftsführerprofil heraus dem Unternehmen unmittelbar zugerechnet werden – mit allen Folgen.

Fazit: Auch Kommentarspalten unterliegen dem Lauterkeitsrecht

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist ein wichtiges Signal: Auch spontane LinkedIn-Kommentare können Werbung sein. Und wo geworben wird, gelten die Spielregeln des Wettbewerbsrechts. Unternehmen sind gut beraten, sich gegen gezielte Abwertung zu wehren – und selbst mit werblichen Aussagen in sozialen Netzwerken vorsichtig umzugehen.

Fairer Wettbewerb gilt überall – auch zwischen den Zeilen.

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