Krähen unter sich II: Die nicht hervorgehobene Angabe auf einer Rechtsanwaltsseite "Zugelassen an allen deutschen Landgerichten und Oberlandesgerichten ist keine irreführende Werbung mit einer Selbstverständlichkeit

Am 14. Juni 2013 beendete das Berliner Kammergericht (KG, Beschluss v. 14.6.2013, Az. 5 W 119/13) einen Streit zwischen Rechtsanwälten.

Diesmal ging es um die bei vielen Kollegen immer noch auf Briefbögen oder auf der Internetseite zu findende Hinweis, der so oder so ähnlich lautet:

„Zugelassen an allen deutschen Landgerichten und Oberlandesgerichten“

Hintergrund ist, dass es bis 2007 nur solche Anwälte vor dem OLG auftreten durften, die einige Jahre Berufserfahrung nachweisen konnten und sich bei einem bestimmten OLG zugelassen hatten. Bis dahin war es somit sinnvoll, darauf hinzuweisen, dass man aufgrund einiger Erfahrung und besonderer Zulassung dazu in der Lage war.

Seit 2007 dürfen alle Anwälte unterschiedslos vor jedem OLG Mandanten vertreten. Der Hinweis ist aktuell  somit zwar nicht falsch, aber überflüssig und im Einzelfall sogar irreführend und damit unzulässig.

Krähen versuchen immer wieder, einander ein Auge auszuhacken

Spitzfindige Rechtsanwälte beschäftigten bereits im Jahr 2007, also kurz nach der Gesetzesänderung die Gerichte mit der Frage, ob sie Kollegen zu Recht mit einer Abmahnung wegen der fortdauernden Verwendung dieses Hinweises „eins auswischen“ könnten. Das OLG Saarbrücken (OLG Saarbrücken, Beschluss v. 10.11.2007, Az. 1 W 193/07-40) meinte damals – mit ausführlichen jedoch etwas zweifelhaften Gründen – Nein.

2012 entschied das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Urteil vom 22.6.2012, Az. 6 U 4/12) , dass es unzulässig ist, den Hinweis

„Rechtsanwalt auch zugelassen am OLG Frankfurt“

im Briefkopf besonders herauszustellen, da der rechtsuchende Verbraucher aufgrund dieses Zusatzes annehmen könnte, dass der der Rechtsanwalt über eine spezielle Zulassung verfüge, besser als andere sei und deswegen grundsätzlich dazu neigen werde, eher diesen als einen nicht so qualifizierten Anwalt zu beauftragen.

Ähnlich sah es das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen (OLG Bremen, Beschluss v. 20.02.2013, Az. 2 U 5/13) in einem Fall, in dem ein Rechtsanwalt im Impressum seiner Internetseite den folgenden Hinweis bereithielt:

„Zulassung OLG, LG, AG Bremen“

Die kurz gehaltene Begründung befasst sich allerdings nicht mit der Frage einer besonderen Herausstellung des Hinweises.

Ohne Hervorhebung keine unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten

Genauer nimmt es diesbezüglich das oben bereits zitierte KG Berlin. Das lehnte eine irreführende Werbung nämlich deswegen ab, weil der Hinweis im Abschnitt „Impressum“ in kleiner Schrift gehalten und nicht hervorgehoben war.

Der Senat stellt klar, dass objektiv richtige Angaben wettbewerbsrechtlich unzulässig sein können, wenn sie bei einem erheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen unrichtigen Eindruck erwecken. Ein solcher unrichtiger Eindruck kann entstehen, wenn Werbebehauptungen etwas Selbstverständliches in einer Weise betonen, dass der Adressat der Werbung hierin einen besonderen Vorzug der beworbenen Ware oder Leistung vermutet.

Die Angabe „zugelassen an allen deutschen Landgerichten und Oberlandesgerichte – sowie am Kammergericht Berlin“ auf der Website eines Rechtsanwalts stelle zwar eine objektive richtige Angabe und bezogen auf Rechtsanwälte in Deutschland auch eine Selbstverständlichkeit dar. Eine unzulässige, irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten liege aber nicht vor, wenn diese Angabe in eher kleiner Schrift gehalten ist, die Angabe sich nicht an prominenter Stelle, sondern sich im Gegenteil (am unteren Rand) im Abschnitt „Impressum“ der Website befindet und (erst) nach scrollen sichtbar wird; es also bereits an einer in ihrer Textgestaltung in besonderem Maße hervorgehobenen Werbeaussage fehle.

Fazit:

Eine, wie wir finden gut begründete und damit zu begrüßende Entscheidung, die – was nicht immer „selbstverständlich“ ist – Rechtsanwendung am konkreten Fall betreibt.

Bereits hier hatten wir darauf hingewiesen, dass Werbung mit Selbstverständlichkeiten nicht per se unzulässig ist. Denn das Besondere liegt darin, dass die so aufgestellten Behauptungen grundsätzlich zutreffen und damit grundsätzlich zulässig sind. Interessant wird es nur dann, wenn Produkteigenschaften, die zum Beispiel gesetzlich vorgeschrieben sind, in einer Weise hervorgehoben werden, so dass beim Verbraucher der Eindruck entsteht, er erhalte etwas Besonderes.

Leider wird das oft übersehen. Insbesondere dann, wenn wie im vorlegenden bei der Selbstvertretung von Rechtsanwälten offenbar Emotionen und Rachegelüste den Blick auf die Tatsachen verstellen. (la)

Update 28.7.2013: Der Kollege Nebgen hat die Entscheidung des Kammergerichts auch gelesen und findet sie falsch.

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