Die Veröffentlichung von Fotos ohne die Einwilligung der Abgebildeten ruft datenschutzrechtlich immer wieder Probleme hervor. Erst recht gilt das für Fotos, die in sozialen Netzwerken hochgeladen werden und so jederzeit abrufbar im Internet umherschwirren. Deshalb muss die Veröffentlichung eines Fotos von der DSGVO gedeckt sein, wenn darauf Personen aus größeren Menschenmengen klar erkennbar sind.
Das OVG Lüneburg hat kürzlich in einer ausführlichen Interessenabwägung in einem Einzelfall zugunsten der abgebildeten Personen entschieden.
Ein Foto von mir auf Facebook? Möchte ich nicht!
Der Ortsverein einer politischen Partei klagte gegen eine datenschutzrechtliche Verwarnung wegen der Veröffentlichung eines Fotos auf ihrer Facebook-Page im Jahr 2018. Auf diesem Foto aus dem Jahr 2014 war eine Menschenmenge zu sehen, die an einer öffentlichen Veranstaltung in Form eines Ortstermins zum Bau einer Ampelanlage teilnahmen. Zwei Eheleute, die Beklagten, waren auf dem Bild eindeutig zu erkennen. Vier Jahre nach der Aufnahme des Bildes wollte die Partei auf die nun erfolgte Realisierung der Ampelanlage aufmerksam machen und veröffentlichte das Foto auf ihrer Fanpage bei Facebook – für sämtliche Facebook-Nutzer frei einsehbar. Die Eheleute sahen darin eine unzulässige Verarbeitung personenbezogener Daten und damit einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung.
Trotz der erfolgten Stellungnahme und Löschung des Fotos seitens der Klägerin kam es zwischen den Beteiligten zu einem Streit über die datenschutzrechtliche Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung auf der Facebook-Seite.
Wann ist die Nutzung meines Fotos auf Facebook unzulässig?
Grund für die Veröffentlichung des Bildes auf der Facebook-Seite des Ortsvereins war es, Informationen über die parteipolitischen Aktivitäten des Klägers sowie die Fortschritte bezüglich des Ampelbaus kundzutun. Gemäß Artikel 6 Abs. 1 lit. f Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.
Unter dem Begriff der berechtigten Interessen sind die „vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person“, also sämtliche rechtliche, wirtschaftliche oder ideellen Interessen zu verstehen. Wenigstens mittelbar könne die Informationsweitergabe der Partei auch dem Ziel dienen, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, so das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (OVG Lüneburg, Beschluss v. 19.01.2021, Az. 11 LA 16/20).
Allerdings muss eine Veröffentlichung des Fotos auch erforderlich gewesen sein. Die Erforderlichkeit ist zu bejahen, wenn der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden kann. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden, wenn es sich ausschließlich um eine für den Verantwortlichen wirtschaftlich sinnvollste Variante handelt. Vielmehr muss hier das Ziel der Datenverarbeitung im Auge behalten werden: Kann also das Ziel auch durch die Verarbeitung anonymisierter Daten erreicht werden, ist eine unanonymisierte Verarbeitung gerade nicht erforderlich. Ziel des Klägers sei gewesen, aufzuzeigen, dass das Thema, für das er sich politisch eingesetzt habe, eine größere Anzahl von Personen interessiere und er das Ziel des Baus erreicht habe – nicht aber, dass sich gerade ein bestimmtes Ehepaar dafür interessiere. Daher reiche es aus, das Foto unter Unkenntlichmachung der abgebildeten Personen, beispielsweise durch Verpixelung der Gesichter, zu verwenden, so das Gericht.
Soziale Netzwerke: unbegrenzte Möglichkeiten des Abspeicherns
Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung sind die jeweils gegenüberstehenden Rechte und Interessen zu ermitteln und zu beurteilen. Das Gericht entschied, dass die Risiken für die abgebildeten Personen schwerer wiegen als das Veröffentlichungsinteresse des Ortsvereins. Insbesondere bei der Veröffentlichung in sozialen Netzwerken wie Facebook sei Vorsicht geboten.
Sind Bilder auf sozialen Netzwerken einmal hochgeladen, ist eine Nachverfolgung der Verbreitung oder Entfernung so gut wie unmöglich. Jeder kann die Fotos speichern, verfremden und weiter verbreiten – Missbrauch vorprogrammiert?
Zumindest nicht ausgeschlossen, hält das OVG Lüneburg fest. Durch die Veröffentlichung des Fotos auf der Facebook-Seite würde die Intensität des Eingriffs in die Persönlichkeits- und Datenschutzrechte der Eheleute erhöht, indem sie mit besonderen Risiken verbunden sei. Veröffentlichungen jeder Art im Internet seien besonders missbrauchsanfällig. Die Schnelllebigkeit und Unübersichtlichkeit des Internets und die große Reichweite der beliebten sozialen Netzwerke müssen in die Abwägung mit einbezogen werden. Deshalb sei dem Schutz der personenbezogenen Daten der Abgebildeten ein besonderes Gewicht beizumessen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass es sich um eine öffentliche Veranstaltung gehandelt habe.
Keine Verarbeitung zu journalistischen Zwecken
„Schlupfloch“ Kunsturhebergesetz? Nein! Vor dem Inkrafttreten der DSGVO richtete sich die Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung von Fotos nach den §§ 22, 23 KUG. Danach dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten oder unter den in § 23 KUG genannten Voraussetzungen verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Seit Mai 2018 gilt jedoch die Datenschutz-Grundverordnung unmittelbar und ihr kommt gegenüber nationalen Rechtsvorschriften grundsätzlich Anwendungsvorrang zu. Gemäß Art. 85 Abs. 2 DSGVO dürfen die Mitgliedsstaaten jedoch Abweichungen und Ausnahmen vorsehen, wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung in Einklang zu bringen.
Art. 85 Abs. 2 DSGVO kann dann zur Anwendung gelangen, wenn es sich im konkreten Einzelfall um eine Verarbeitung zu journalistischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken handelt. Die Richter sind der Auffassung, dass die Veröffentlichung des Posts dazu diente, auf die parteipolitischen Aktivitäten und ihre Erfolge aufmerksam zu machen, nicht aber könne darin eine Veröffentlichung gesehen werden, die allein journalistischen Zwecken im Sinne des Art. 85 Abs. 2 DSGVO diente. Auch der bloße Umstand, dass eine Datenveröffentlichung einen Informationswert für die öffentliche Meinungsbildung habe, mache aus der der Veröffentlichung noch keine journalistische Tätigkeit, so das Gericht.
Rotes Licht für Fotoveröffentlichung auf Facebook ohne Einwilligung
Sowohl nach §§ 22, 23 KUG als auch nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO war die unautorisierte Veröffentlichung des Fotos auf Facebook unrechtmäßig. Die Veröffentlichung eines Fotos auf einer Fanpage bei Facebook, auf dem Personen identifizierbar sind, stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar, die einer Legitimation nach datenschutzrechtlichen Vorschriften bedarf.
Kann das Ziel auch durch eine anonymisierte Veröffentlichung erreicht werden, ist eine unanonymisierte Veröffentlichung gerade nicht erforderlich. Die Lösung für grünes Licht: Unkenntlich machen durch Verpixeln – wenigstens – der Gesichter. Nur so kann den erheblichen Risiken aufgrund der Reichweite und der Missbrauchsmöglichkeiten des Internets und der sozialen Netzwerke entgegengewirkt werden. Denn diese Risiken bestehen, unabhängig davon, ob es sich um eine öffentliche oder private Veranstaltung handelt.