LHR-Praxisfall: Rückforderungsrisiken für Coaches – wenn Coaching-Verträge unter das FernUSG fallen

Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Zulassungspflicht von Coaching-Angeboten nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) erreichen unsere Kanzlei derzeit zahlreiche Anfragen von Coaches, die sich fragen, ob ihre bestehenden Verträge angreifbar oder sogar nichtig sein könnten.

Auch wenn es sich häufig um wirtschaftlich erfolgreiche, seriös strukturierte Programme handelt, besteht bei vielen Vertragstypen Unsicherheit darüber, ob eine ZFU-Zulassung erforderlich gewesen wäre.

Um ein besseres Verständnis für die rechtliche Lage und mögliche Handlungsoptionen zu vermitteln, stellen wir im Folgenden einen anonymisierten Praxisfall aus unserer Beratung vor.

Ein Praxisfall aus dem Bereich Finanz-Coaching

Ein wirtschaftlich erfolgreicher und seriöser Anbieter von Finanz-Coachings vertreibt seine Programme über eine professionelle Website und einen öffentlich sichtbaren YouTube-Kanal. Das Angebot ist didaktisch klar strukturiert, umfasst digitale Lernmodule, 1:1-Betreuung per Zoom, Feedback-Kanäle sowie begleitende Unterstützung über E-Mail und Messenger.

Rückforderungen durch Kunden sind bislang – von seltenen Einzelfällen abgesehen – nicht erfolgt. Die Teilnehmer zeigen sich überwiegend zufrieden, Beschwerden oder öffentlichkeitswirksame Konflikte sind nicht bekannt. Dennoch veranlasst die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Anwendbarkeit des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG) den Anbieter, sein Geschäftsmodell rechtlich überprüfen zu lassen.

Warum jetzt rechtlich gehandelt wird

Nach neuerer Rechtsprechung kann ein Coachingangebot zulassungspflichtig im Sinne des FernUSG sein, wenn bestimmte Merkmale erfüllt sind – unter anderem:

Im vorliegenden Fall deutet vieles darauf hin, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Zulassung durch die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) liegt bisher nicht vor. Der Anbieter handelt daher proaktiv, um etwaige Rechts- und Haftungsrisiken frühzeitig zu erfassen und abzusichern.

Welche Risiken bestehen bei fehlender ZFU-Zulassung?

Reaktion: Neustrukturierung und Risikoabsicherung

In Zusammenarbeit mit unserer Kanzlei wurden folgende Maßnahmen eingeleitet:

ZFU-Zulassung – wann sie erforderlich ist und wie sie abläuft

Die ZFU prüft Coaching-Angebote nicht pauschal, sondern bewertet jeweils das konkrete Kursformat. Die folgenden Voraussetzungen müssen für eine Zulassung erfüllt sein:

Die durchschnittliche Bearbeitungszeit beträgt derzeit 8–12 Wochen. Zwar sieht § 15 Abs. 2 FernUSG vor, dass ein Kursangebot vorläufig als zulässig gilt, wenn über den Antrag nicht innerhalb von drei Monaten entschieden wurde. Diese Bestimmung ersetzt jedoch nicht die Pflicht zur formellen Zulassung und ist mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden.

Eine freiwillige ZFU-Zulassung kann selbst dann empfehlenswert sein, wenn sie rechtlich nicht zwingend vorgeschrieben ist – etwa zur Erhöhung der Rechtssicherheit und zur Vorbeugung wettbewerbsrechtlicher Angriffe.

Fazit: Vorsorge statt Schadensbegrenzung

Auch ein inhaltlich hochwertiges und wirtschaftlich tragfähiges Coaching-Angebot kann unter das FernUSG fallen – ohne dass dies dem Anbieter im ersten Moment bewusst ist. Besonders für seriös arbeitende Coaches mit guter Marktposition empfiehlt sich daher eine frühzeitige rechtliche Klärung, um spätere Rückforderungen, Unterlassungsverfügungen oder gar insolvenzrechtliche Folgeprobleme zu vermeiden.
Weitere Informationen für Coaching-Anbieter

Viele wiederkehrende Fragen von Coaches zur ZFU-Zulassung, zur Vertragsgestaltung und zu Rückforderungsrisiken beantworten wir praxisnah in unserem FAQ-Beitrag:

Wenn Sie wissen möchten, ob Ihr Angebot betroffen sein könnte oder welche Schritte jetzt sinnvoll sind, beraten wir Sie diskret und fundiert – einschließlich steuerlicher Koordination und insolvenzrechtlicher Einschätzung, falls erforderlich.

Gerne begleiten wir Sie auch bei der Konzeption eines neuen, rechtssicheren Angebots.

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