Was Coaches jetzt wissen müssen: FAQ zum FernUSG nach dem BGH-Urteil

 

 

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit eines Coachingvertrags ohne ordnungsgemäße Zulassung herrscht große Verunsicherung unter Coaches und Anbietern digitaler Weiterbildungsprogramme.

Ein Thema rückt dabei wieder besonders in den Fokus: die Pflicht zur Zulassung von Fernunterricht nach dem FernUSG durch die ZFU (Zentralstelle für Fernunterricht).

Coaches fragen sich: Falle ich mit meinem Videokurs oder meinem 1:1-Mentoring jetzt auch unter die ZFU-Pflicht? Was darf ich noch anbieten – und wie?

Wir geben in diesem Beitrag einen Überblick über die aktuelle Rechtslage und beantworten die drängendsten Fragen unserer Mandanten.

Vorab: LHR hat eine klare Position und vertritt ausschließlich Anbieter von Coaching-Leistungen. Keine Kunden, die aufgrund des BGH-Urteils nach Erhalt aller Leistungen  jetzt auf einmal ihr Geld zurückhaben wollen.

Was ist neu?

Das BGH-Urteil hat keine neuen Maßstäbe zur ZFU-Pflicht gesetzt – aber es hat ein altes Problem zurück auf die Agenda gebracht: Wenn Verträge nicht rechtssicher gestaltet sind, fallen sie schneller als gedacht.

Die zentrale Frage für Coaches: Handelt es sich bei meinem Angebot um „Fernunterricht“ im Sinne des FernUSG – und damit um ein zulassungspflichtiges Angebot?

Das ist juristisch komplizierter, als es klingt. Es kommt nicht nur auf die Formate (Video, Live, Chat etc.) an, sondern auf deren Kombination, Abfolge und Zielsetzung.

FAQ: Die wichtigsten Fragen zur ZFU-Pflicht bei Coachingangeboten

1. Fällt mein aktuelles Coachingprogramm trotz 52 % Live-Anteil unter die ZFU-Pflicht?

Das kommt auf die restlichen 48 % an. Maßgeblich ist, ob das Programm einem einheitlichen didaktischen Konzept folgt und auf einen konkreten Lernerfolg gerichtet ist. Live-Anteile allein schützen nicht automatisch vor der ZFU-Pflicht. Frühere Anwaltsbewertungen sind angesichts neuer Urteile kritisch zu hinterfragen.

2. Wie kann ich mein Coaching aufbauen (z. B. mit Videokurs und Live-Coachings), ohne in die ZFU-Zulassung zu fallen?

Möglich ist z. B.:

  • rein individuelle Einzelberatung ohne festgelegtes Curriculum,
  • Inspiration statt systematischer Vermittlung (kein „Lehrplan“),
  • Videoinhalte rein optional und nicht progressiv aufgebaut,
  • Live-Anteile rein optional oder rein beratend.

Wir prüfen regelmäßig Formate und helfen bei der rechtssicheren Gestaltung.

3. Ist ein Produkt ausschließlich aus 1:1 Coachings ZFU-pflichtig?

Wenn die 1:1 Coachings individuell gestaltet sind, ohne festes Curriculum und ohne strukturierten Lernpfad: nein.

Wenn jedoch ein didaktisches Konzept oder feste Inhalte nach Plan vermittelt werden: potenziell ja.

4. Ist ein reiner Videokurs ohne Support ZFU-pflichtig?

Ja – wenn er einem didaktischen Konzept folgt und auf einen Lernerfolg gerichtet ist. Die ZFU geht selbst bei reinem Videoangebot ohne Support von Fernunterricht aus.

5. Ist ein 1:1 Coaching mit WhatsApp-Support ZFU-pflichtig?

Kommt darauf an. Ist der Support rein organisatorisch oder persönlich-begleitend? Oder werden dort Lerninhalte vermittelt? Letzteres spricht für ZFU-Pflicht.

6. Ist ein 1:1 Coaching mit WhatsApp-Support und sporadischen Videos ZFU-pflichtig?

Hier kommt es auf das „große Ganze“ an. Wenn die Videos systematisch aufeinander aufbauen oder auf Lernfortschritt zielen, liegt ZFU-Pflicht nahe.

7. Ist ein 1:1 Coaching mit WhatsApp-Support und einer Inspirationsbibliothek (ohne Plan und Abfolge) ZFU-pflichtig?

Eher nein, sofern kein strukturierter Lehrpfad besteht und keine Lernzielverpflichtung verfolgt wird.

8. Darf ich einer bestehenden Kundin aus dem 1:1 Coaching kostenlos meinen Videokurs oder andere Videos zur Verfügung stellen, ohne in die ZFU-Pflicht zu fallen?

Nur wenn:

  • der Kurs nicht Teil des Produkts war (kein Vertragsbestandteil), und
  • keine didaktische Einheit damit gebildet wird.

Sicherer ist es, dies separat und klar freiwillig zu gestalten.

9. Wie rechtssicher sind diese Aussagen? Ändern sie sich in zwei Wochen wieder?

Die Grundprinzipien des FernUSG sind stabil, aber die Auslegung durch Gerichte und Behörden verändert sich durch neue Urteile und Einzelfallentscheidungen. Sicherheit bringt nur ein regelmäßiges Legal Audit durch spezialisierte Kanzleien.

10. Welche Richtlinien greifen, wenn ich mich ZFU-zertifizieren lasse?

Dann gilt:

  • Das didaktische Konzept des Kurses muss genehmigt werden.
  • Wesentliche Änderungen am Angebot bedürfen einer erneuten Zulassung.
  • Werbematerial darf keine irreführenden Aussagen enthalten.
  • Es gelten Prüfpflichten, Dokumentationsvorgaben und regelmäßige Berichtspflichten gegenüber der ZFU.

Die ZFU-Zertifizierung ist aufwändig, bringt aber auch Vorteile – etwa bei behördlicher und rechtlicher Absicherung.

11. Gibt es bisher keine „Sammelklagen“ aus der Coaching-Branche gegen die Urteile der ZFU?

Nein. Derzeit sind keine branchenweiten Klagen oder Musterverfahren bekannt. Einzelne Anbieter wehren sich zwar gerichtlich, aber ein systematischer Widerstand ist bisher nicht organisiert.

12. Gilt die ZFU-Zulassung für mich als Anbieter oder nur für mein konkretes Produkt?

Die Zulassung gilt ausschließlich für das jeweils geprüfte Lehrangebot, nicht für den Anbieter selbst. Jeder neue Kurs oder jede wesentliche Änderung muss separat eingereicht und genehmigt werden.

13. Was sind typische Fehler, die zur ZFU-Pflicht führen?

Zum Beispiel:

  • Ein klarer Lernpfad mit Zielsetzung ohne offizielle Zulassung,
  • die Bewerbung von Lernerfolgen („garantierter Durchbruch“),
  • eine systematische Videostruktur mit verbindlicher Nutzung,
  • Verpflichtende Aufgaben, Tests oder Abschlusszertifikate.

14. Ist ein Coaching rechtlich sicher, wenn es als Mentoring oder Consulting bezeichnet wird?

Nein. Entscheidend ist nicht die Bezeichnung, sondern die tatsächliche inhaltliche Ausgestaltung des Angebots. Auch Mentoring kann ZFU-pflichtig sein, wenn die Kriterien des Fernunterrichts erfüllt sind.

15. Was passiert, wenn ich ein ZFU-pflichtiges Angebot ohne Zulassung vertreibe?

Das Angebot ist dann unwirksam. Kunden können bereits gezahlte Beiträge zurückfordern. Zudem drohen aufsichtsrechtliche Maßnahmen durch die zuständige Behörde. Auch Reputationsschäden sind möglich.

16. Wenn meine Verträge nichtig sind, muss ich Insolvenz anmelden?

Das kommt darauf an. Wenn zahlreiche Verträge rückabgewickelt werden müssen, kann dies zu erheblichen Rückforderungen führen. Diese können im Einzelfall zu einer bilanziellen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit führen – beides potenzielle Insolvenzgründe. Eine Pflicht zur Insolvenzanmeldung entsteht aber nur dann, wenn keine Aussicht auf Beseitigung dieser Gründe innerhalb von drei Wochen besteht (§ 15a InsO). Eine rechtzeitige insolvenzrechtliche und steuerliche Beratung ist in solchen Fällen dringend geboten.

Wir empfehlen: Jetzt Beratung einholen und Angebote anpassen.

Sie bieten Coaching-Leistungen an und möchten Ihr Geschäftsmodell auf rechtssichere Beine stellen?

Wir beraten Sie umfassend zur Anwendung des Fernunterrichtsschutzgesetzes und zur Abwehr unberechtigter Rückforderungsforderungen. Wir vertreten regelmäßig führende und bekannte Coaching-Anbieter.

Sie bieten Coaching-Leistungen an und werden mit Rückforderungen konfrontiert?

Wir unterstützen Sie dabei, unberechtigte Rückzahlungsforderungen abzuwehren. Denn der Teufel steckt im Detail: Ob ein Programm unter das FernUSG fällt, hängt nicht vom Etikett „Coaching“ ab, sondern von Aufbau, Vermittlungsform und tatsächlicher Durchführung. 

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