Keine Entschädigung für bloße Verzögerung: BAG stärkt Arbeitgeber gegen Auskunfts-Schikane

In der Praxis ist seit einigen Jahren zu beobachten, dass die nach der DSGVO bestehenden Auskunftsansprüche zunehmend zweckentfremdet werden.

Ursprünglich eingeführt, um Transparenz bei der Datenverarbeitung zu schaffen und betroffenen Personen die Wahrnehmung ihrer Rechte zu erleichtern, werden sie immer häufiger als Druckmittel eingesetzt.

Das gilt Auch im Arbeitsrecht, wo nicht selten Arbeitnehmer oder abgelehnte Bewerber versuchen, durch umfangreiche oder wiederholte Auskunftsverlangen den Arbeitgeber unter Druck zu setzen.

Teilweise dient dies weniger der Wahrnehmung datenschutzrechtlicher Rechte, sondern vielmehr als Reaktion auf eine als ungerecht empfundene Behandlung.

„Rache-Schmerzensgeld“ im Arbeitsverhältnis?

Vor allem im Bereich des Arbeitsrechts hat sich eine neue Praxis herausgebildet: Arbeitnehmer oder Bewerber, die mit einer Entscheidung unzufrieden sind, setzen auf das Instrument des Auskunftsanspruchs – nicht selten verbunden mit der Hoffnung auf ein erhebliches Schmerzensgeld. Die Argumentation ist dabei stets dieselbe: Die verspätete oder unvollständige Auskunft stelle einen Datenschutzverstoß dar, der per se immateriellen Schaden begründe.

Ein besonders illustratives Beispiel hierfür ist das Verfahren, das nun vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden wurde (Urteil vom 22. Februar 2025 – 8 AZR 61/24).

Ein Bewerber, dessen Auskunftsersuchen erst verspätet beantwortet worden war, verlangte von seinem potenziellen Arbeitgeber ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 2.000 Euro. Seine Argumentation: Schon die zeitliche Verzögerung sei eine Verletzung, die für ihn einen spürbaren immateriellen Nachteil darstelle.

Die Klarstellung des Bundesarbeitsgerichts

Das BAG hat diesen Überlegungen eine klare Absage erteilt. Allein die verspätete Erfüllung eines Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO begründet keinen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz. Maßgeblich sei vielmehr, ob die betroffene Person tatsächlich einen immateriellen Schaden erlitten habe, der über ein bloßes „Störgefühl“ hinausgehe. Ein bloßer Verstoß gegen die DSGVO genüge nicht, um einen Schmerzensgeldanspruch auszulösen.

Damit schließt sich das BAG der Linie des Bundesgerichtshofs an, der bereits im Jahr 2023 eine vergleichbare Auslegung vorgenommen hatte. Der EuGH hatte in seiner „Österreichischen Post“-Entscheidung ebenfalls klargestellt, dass nicht jede bloße Rechtsverletzung automatisch einen Schadensersatzanspruch nach sich zieht.

Wäre schon das Berufen auf solche abstrakten Befürchtungen ausreichend für die Annahme eines Schadens, würde jeder Verstoß gegen Art. 15 DSGVO – so ein Verstoß dagegen einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO dem Grund nach begründen könnte – zu einem immateriellen Schaden führen. Die eigenständige Voraussetzung des Schadens wäre damit bedeutungslos, da sie immer erfüllt wäre.

Signalwirkung für Arbeitgeber

Für Unternehmen und Arbeitgeber ist dieses Urteil von erheblicher Bedeutung. Es reduziert das Missbrauchspotential erheblich, da reine Verzögerungen bei der Bearbeitung von Auskunftsansprüchen künftig nicht mehr ohne Weiteres in eine Entschädigungspflicht münden können. Das BAG hat deutlich gemacht, dass Betroffene konkrete Nachteile darlegen müssen – reine Unzufriedenheit oder die Verärgerung über eine verspätete Antwort reichen nicht aus.

Das bedeutet allerdings nicht, dass Unternehmen die Beantwortung von Auskunftsersuchen auf die leichte Schulter nehmen dürfen. Verstöße gegen die DSGVO können weiterhin Bußgelder der Aufsichtsbehörden nach sich ziehen. Gleichwohl schafft das BAG-Urteil einen wichtigen Puffer gegen taktische Schadensersatzforderungen, die bislang in der Praxis häufig als Drohkulisse aufgebaut wurden.

Fazit

Das Urteil des BAG stärkt die Rechtssicherheit für Arbeitgeber. Zwar bleibt die Pflicht zur rechtzeitigen Erteilung von Auskünften nach Art. 15 DSGVO bestehen. Doch eine bloße Verzögerung löst keinen Anspruch auf Schmerzensgeld aus, solange kein darüber hinausgehender konkreter immaterieller Schaden vorliegt. Damit nimmt das Gericht dem „Rache-Schmerzensgeld“ im Arbeitsrecht ein gutes Stück seiner Schlagkraft – ein wichtiges Signal gegen den Missbrauch datenschutzrechtlicher Instrumente.

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