Kontosperrung: LG Berlin stärkt Rechte von Influencern gegenüber Instagram

Mit Urteil vom 28. Juli 2025 (LG Berlin II, Urteil v. 28.7.2025, Az. 61 O 99/25 Kart eV) hat das Landgericht Berlin eine Entscheidung zum Verhältnis zwischen Plattformbetreibern und Influencern getroffen.

Das Gericht stellte klar: Deaktiviert Meta Platforms Ireland Ltd. ein Instagram-Konto ohne vorherige Anhörung des Nutzers, kann dies einen Missbrauch marktbeherrschender Stellung im Sinne des § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 GWB darstellen.

Entscheidend: Gegen die Deaktivierung kann – entgegen der Gerichtsstandsvereinbarung, die Roland vorsieht, auch in Deutschland vorgegangen werden.

Deutsche Gerichte sind international zuständig

Das Landgericht bejahte zunächst die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Maßgeblich sei, dass sich der behauptete Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung von Meta auch auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auswirke.

Eine in den Nutzungsbedingungen enthaltene irische Gerichtsstandsvereinbarung steht dem nicht entgegen – das Gericht schloss sich damit der jüngeren Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Urt. v. 2.4.2025 – VI-U (Kart) 5/24) an.

Vorherige Anhörung als zwingende Voraussetzung

Ebenfalls bedeutsam ist die Feststellung, dass Meta bei Kontosperrungen grundsätzlich zur vorherigen Anhörung verpflichtet ist. Unterbleibt diese, liegt ein kartellrechtlich relevanter Missbrauch vor – es sei denn, es bestehen außergewöhnliche Umstände, die ein sofortiges Handeln rechtfertigen.

Das Gericht betonte, dass Plattformen ihre überragende Marktmacht nicht willkürlich ausüben dürfen, insbesondere wenn die Sperrung für den Betroffenen existenzielle Folgen hat.

Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 33 GWB

Der Kläger – ein Influencer, der mit den über sein Instagram-Konto veröffentlichten Videos seinen Lebensunterhalt bestreitet – machte Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach § 33 Abs. 1 i.V.m. § 19 GWB geltend.Das Gericht folgte der Argumentation: Die Deaktivierung ohne Anhörung verletze die kartellrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen abhängiger Marktteilnehmer.

Einstweiliger Rechtsschutz möglich

Das Landgericht erließ eine einstweiligen Verfügung auf Wiederherstellung des Kontos. Ein Verfügungsgrund sei gegeben, wenn die Rechtslage eindeutig und die Anspruchsberechtigung zweifelsfrei feststellbar sei. Das Interesse des Antragstellers überwiege, da ihm durch die Sperrung ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden drohe, während Meta durch die Wiederherstellung des Kontos keine unzumutbaren Nachteile erleide.

Dies ist ebenfalls ein wichtiger Punkt, weil viele Gerichte Eilrechtsschutz im Kartellrecht nur unter ganz besonderen Voraussetzungen gewähren und dafür eine drohende Insolvenz oder wenigstens schwerwiegende, wirtschaftliche Nachteile fordern. Das Landgericht Berlin stellt dem gegenüber richtigerweise eine einfache Interessenabwägung an und stellt fest, dass das Interesse des Influencers an einer sofortigen Freischaltung, dessen Konto, ohne ersichtlichen Grund und ohne Anhörung aus heiterem Himmel gesperrt wird, das Interesse von Instagram überwiegt, das Konto gesperrt zu halten.

Fazit: Plattformmacht hat Grenzen

Die Entscheidung ist ein weiterer Schritt in der Entwicklung einer effektiven gerichtlichen Kontrolle von Plattformentscheidungen.

Das Landgericht Berlin macht deutlich: Auch globale Internetkonzerne wie Meta unterliegen den Schranken des deutschen Kartellrechts, wenn ihr Verhalten den Wettbewerb oder die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit von Marktteilnehmern in Deutschland beeinträchtigt.

Für Influencer und Unternehmen, deren Konten gesperrt werden, eröffnet das Urteil eine zusätzliche rechtliche Handhabe – nicht nur über AGB- oder Äußerungsrecht, sondern auch über das Kartellrecht.

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