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Panoramafreiheit: Nicht bei Drohnenbildern

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Foto von David von Diemar auf Unsplash

Sind Drohnenbilder von Bauwerken durch die Panoramafreiheit gedeckt? Nein, entschied das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 27.04.2023, Az. 4 U 247/21). Jetzt muss der Bundesgerichtshof in der Revision eine Entscheidung fällen.

Der Begriff Panoramafreiheit bedeutet, dass es zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Plätzen befinden, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, wiederzugeben und zu verbreiten. Bei Bauwerken gilt dies für die äußere Ansicht.

In dem Fall, den das OLG Hamm nun zu entscheiden hatte, ging es um die Frage, ob die Panoramafreiheit auch für Luftbildaufnahmen gilt, die durch eine Drohne angefertigt werden. Das OLG Hamm entschied, dass die Veröffentlichung von Luftbildaufnahmen urheberrechtlich geschützter Werke nicht von der Panoramafreiheit in § 59 Abs. 1 Satz 1 Urhebergesetz (UrhG) gedeckt ist. Die Perspektive aus dem Luftraum heraus sei keine Perspektive „von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“, wie es im Wortlaut des § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG heißt.

Luftraum ist frei, aber nicht Teil von Straßen und Wegen

Zwar sei der Begriff der „öffentlichen Wege, Straßen oder Plätze“ lediglich beispielhaft und nicht abschließend. Doch lasse sich der Luftraum hier nicht subsumieren, auch wenn dieser grundsätzlich frei sei. Die Schrankenregelung in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG umfasse nur Perspektiven, die sich den Augen eines Menschen von allgemein zugänglichen Orten aus bieten. Das seien allein Orte und Einrichtungen, die einen Teil der Erdoberfläche bilden oder mit der Erdoberfläche zumindest dauerhaft und fest verbunden sind.

Drohnenbilder: Nur mit Hilfsmittel möglich

Dazu könnten auch öffentlich zugängliche Wasserflächen oder öffentlich zugängliche Aussichtstürme oder Aussichtsplattformen gehören, nicht aber der Luftraum. Diesen könne der Mensch mit seinen naturgegebenen Fortbewegungsmöglichkeiten Laufen, Klettern und gegebenenfalls noch Schwimmen grundsätzlich nämlich nicht ohne Hilfsmittel erreichen. Daher sei es ohne Belang, dass die streitgegenständlichen Luftbildaufnahmen möglicherweise auch von einem Menschen aus einem Luftfahrzeug heraus hätten angefertigt werden können.

Panoramafreiheit: Unter Umständen Lizenz erforderlich

Das Unionsrecht, so das OLG Hamm, erlaube keine andere Auslegung von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG. Der Wortlaut von Art. 5 Abs. 3 lit. h der EG-Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft gebiete „zur Wahrung der berechtigten Interessen des Rechteinhabers eine eher behutsame Auslegung der Schrankenregelungen in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie“.

Nach Artikel 5 der EG-Richtlinie 2001/29 (‚Ausnahmen und Beschränkungen‘) werden vorübergehende Vervielfältigungshandlungen von dem in Artikel 2 der Richtlinie vorgesehenen Vervielfältigungsrecht ausgenommen. Nach Artikel 5 Abs. 2 der EG-Richtlinie 2001/29 sind Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das in Artikel 2 vorgesehene Vervielfältigungsrecht möglich. Artikel 5 Abs. 3 lit. h der EG-Richtlinie 2001/29 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die in den Artikeln 2 und 3 vorgesehenen Rechte vorsehen können „für die Nutzung von Werken wie Werken der Baukunst oder Plastiken, die dazu angefertigt wurden, sich bleibend an öffentlichen Orten zu befinden“.

Im Jahr 2020 hat das Landgericht Frankfurt in einem im LHR Magazin besprochenen Urteil genau gegenteilig entschieden, die Panoramafreiheit gelte für Luftbildaufnahmen per Drohne. Das LG Frankfurt gelangte zu einer anderen Auslegung des Unionsrechts. Interessant dürfte sein, wie weitere Land- oder Obergerichte zu der Thematik urteilen und ob es möglicherweise eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur unionrechtskonformen Auslegung der EG-Richtlinie 2001/29 geben wird. Da bereits Revision gegen das Urteil des OLG Hamm eingelegt wurde, liegt der Fall bereits beim Bundesgerichtshof.

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