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Wanderstiefel als Badelatsche? Design von Schuhen kann irreführend sein

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Schuhsohle irreführend Wettbewerbsrecht
@ underdogstudios -Fotolia.com

In einem aktuellen Urteil hat das Frankfurter Oberlandesgericht entschieden, dass das Design von Kleidungsstücken grundsätzlich ein irreführendes Merkmal im Sinne des Wettbewerbsrechts darstellen kann. Die Art der Gestaltung könne demnach beim Käufer den Eindruck hervorrufen, das Produkt weise spezielle Vorteile auf oder eigne sich besonders gut für eine bestimmte Verwendung. Voraussetzung sei allerdings, dass die entsprechende Aufmachung als „Erkennungszeichen“ einer bestimmten Eigenschaft unter den Käufern als solches bekannt ist. 

Wenn der Sportschuh drückt…

Im konkreten Fall handelte es sich um das Design eines Sportschuhs.

Ein Hersteller der „Sneaker“ hatte auf dem Markt ein Produkt der Konkurrenz entdeckt, das eine gestalterisch ähnliche Sohle wie die eines eigenen Modells aufwies. Nach Ansicht des Unternehmers wurde dadurch beim Verbraucher der Eindruck erweckt, der Schuh sei gleichsam dem eigenen Erzeugnis besonders gut für sportliches Laufen auf langen Strecken geeignet.

Die hauseigenen Galoschen kamen im Einzelnen mit einem speziellen Dämpfungsmaterial in der Sohle daher, das eine hohe Energierückgewinnung zur Folge hatte. Das Konkurrenzprodukt wies diese Eigenschaft gerade nicht auf. Aufgrund der optischen Ähnlichkeit schreibe der Käufer diese dem Schuh des Rivalen aber zu, so das Unternehmen. In der Folge erhob der Schuhhersteller Klage vor dem Frankfurter Landgericht.

LG Frankfurt: Auf die Verpackung kommt es an.

Zunächst mit vollem Erfolg: Die Kammer sprach dem klagenden Unternehmen einen Anspruch auf Unterlassung aus §§ 3, 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 1 UWG zu. Die Gestaltung der Sohle der streitgegenständlichen Schuhe sei geeignet, über die Eigenschaft der Sohle als wesentliches Merkmal des Schuhs die angesprochene Verkehrskreise zu täuschen (LG Frankfurt, Urteil v. 7.2.2018, Az. 3-08 O 173/17).

Für eine Irreführung im Sinne des UWG sei es nicht zwingend erforderlich, dass einem Produkt bestimmte Eigenschaften durch eine ausdrückliche Angabe zugeschrieben werden. Die Ausdrucksform sei demnach grundsätzlich irrelevant. Erforderlich sei allein, dass sich die Angabe – ob in Worte gefasst oder nicht – auf Tatsachen bezieht und inhaltlich nachprüfbar ist. Daher könne auch in der Aufmachung oder dem Aussehen einer Ware eine Angabe über ein wesentliches Merkmal der Ware liegen.

Ebenso liege der Fall hier: Das markante Design der strittigen Schuhsohle allein suggeriere, ebenfalls mit einem besonderen Dämpfungsmaterial ausgestattet zu sein.

OLG Frankfurt: Auf den Verbraucher kommt es an.

Diese Ansicht teilte das Frankfurter Oberlandesgericht zwar teilweise, änderte das Urteil der Vorinstanz im Ergebnis jedoch und wies die Klage ab (OLG Frankfurt, Urteil v. 16.8.2018, Az. 6 U 40/18).

So enthalte die beanstandete Sohle gerade keine irreführenden Eigenschaften. Der Grund hierfür sei allerdings nicht, dass sich diese im Design erschöpften und nichts ausdrücklich suggeriert worden seien. Vielmehr habe das Landgericht zu Recht angenommen, dass Angaben im Sinne des UWG auch konkludent vermittelt werden können. In einer solchen konkludenten „Aussage“ liege regelmäßig dann eine Irreführung, wenn der angesprochene Verkehr daraus den Schluss zieht, die so dargestellte Eigenschaft begründe bestimmte Vorteile. Voraussetzung sei dabei, dass der Verbraucher seine Kaufentscheidung auch tatsächlich davon abhängig macht.

Allerdings vertrat das Oberlandesgericht hinsichtlich der beiden letztgenannten Punkte im konkreten Fall eine andere Auffassung als die Vorinstanz. Nach Ansicht des Senats habe der Hersteller auf Klägerseite nicht darlegen können, dass ausreichende Teile der angesprochenen Verbraucher mit dem Design des Schuhs auch tatsächlich die Vorstellung verbinden, dieser weise eine bestimmte Technologie auf.

Das Design allein genügte für die Irreführung noch nicht

Die Aufmachung der Schuhe allein reiche nicht aus, um eine derartige Fehlvorstellung hervorzurufen. Hierbei müssten auch weitere Umstände berücksichtigt werden. So lege die Gestaltung des Angebots der Schuhe nahe, dass diese vorwiegend als Alltagsschuh zu verwenden sind. Das beklagte Unternehmen hatte die strittigen Quadratlatschen unter anderem als „bedruckte Sneaker“ und „trendige Fitwear-Sneaker“ angepriesen.

In diesem Zusammenhang sei für eine Irreführung auch erforderlich, dass die entsprechenden Käuferkreise mit der Sohle ein „Erkennungszeichen“ verbinden. Aber auch dies sei im konkreten Fall nicht gegeben.

Der durchschnittliche Verbraucher habe keinen Anlass, sich über die Gründe der besonderen Gestaltung Gedanken zu machen. Insofern werde keine Verbindung zwischen dem Design und den auf der Technologie basierenden Vorteilen hergestellt. Diesbezüglich erfreue sich die spezielle Sohle als besonders gut dämpfend keiner ausreichenden Bekanntheit. Vielmehr hätten hierzu potentiellen Interessenten die besonderen Eigenschaften näher gebracht werden müssen, beispielsweise durch gezielte und intensivere Werbung.

Im Ergebnis kamen die Richter daher zu dem Ergebnis, dass der Klägerseite kein Anspruch auf Unterlassung zustehe.

Fazit

Das Urteil zeigt: Eine Irreführung des Käufers allein durch die gestalterische Aufmachung eines Produktes ist durchaus möglich. Ausdrückliche Angaben, beispielsweise im Rahmen von Werbung, sind demnach nicht zwingend Voraussetzung.

Allerdings muss das Design markant und bekannt genug sein, um derartige Fehlvorstellungen hervorzurufen. Als Beispiel können hier sogenannte „Boxbeutelflaschen“ genannt werden. Die spezielle Form dieser Flaschen kann den Eindruck erwecken, es handele sich um Wein aus dem Anbaugebiet Franken.

Es muss also auch feststehen, dass der Käufer mit dem Design tatsächlich bestimmte Eigenschaften verbindet. Dass die Sohle im Falle der Sneaker tatsächlich ein ausreichend bekanntes „Erkennungszeichen“ war, konnte der Kläger vor dem Frankfurter OLG letztlich nicht darlegen bzw. beweisen.

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