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LG Bonn: Nutzer von geschäftlichen E-Mails müssen Spam-Ordner täglich kontrollieren

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spamDas Landgericht Bonn (LG Bonn, Urteil v. 10.1.2014, Az. 15 O 189/13) hat einen Rechtsanwalt zum Schadensersatz zur Zahlung von 90.000 € Schadenersatz an seine Mandantin verurteilt. Er hatte eine E-Mail des Gegners, in der es um Vergleichsverhandlungen ging, nicht rechtzeitig weitergeleitet, so dass diese scheiterten.

Der Rechtsanwalt hatte sich mit dem Argument verteidigt, dass diese E-Mail in seinem Spam-Ordner gelandet sei und er sie dort erst nach einem Telefonat drei Tage später aufgefunden habe. Erst weitere drei Tage später leitete der Rechtsanwalt die E-Mail an seine Mandantin weiter. Nachdem der Vergleich nicht zustande kam, musste die Frau rund 285.000 € an die Gegenseite zahlen.

Das Landgericht ließ die Verteidigung mit dem Spam-Ordner nicht gelten. Wer seine E-Mail-Adresse auf dem Briefkopf führe, stelle sie auch als Kontaktmöglichkeit zur Verfügung. Dann aber sei derjenige auch dafür verantwortlich, dass die zugesandten E-Mails ihn auch erreichen.

„Bei der Unterhaltung eines geschäftlichen E-Mail-Kontos mit aktiviertem Spam-Filter muss der E-Mail-Kontoinhaber seinen Spam-Ordner täglich durchsehen, um versehentlich als Werbung aussortierte E-Mails zurückzuholen.“

Insbesondere einige Rechtsanwälte kritisieren das Urteil. So zum Beispiel der geschätzte Kollege Tim Hoesmann. Man habe man in der Regel wenig bis gar keinen Einfluss, nach welchen Kriterien die E-Mails markiert und aussortiert werden. Er resümiert, dass man den Spam-Filter dann auch gleich ausstellen könne.

Entscheidung folgerichtig

Die Kritik erfolgt unseres Erachtens zu Unrecht. Wäre die Entscheidung des Landgerichts Bonn nämlich anders ausgefallen, hätte sie eine verbindliche Kommunikation über E-Mail von nun an unmöglich gemacht. Denn der Empfänger einer ihm unliebsamen E-Mail müsste immer nur behaupten, dass diese in seinem Spam-Ordner „gelandet“ sei, den er auch nicht weiter kontrolliere. Dass dies nicht gewünscht sein kann, dürfte auf der Hand liegen.

Genauso, wie man bei der Durchsicht seiner herkömmlichen Post, die ebenfalls immer unerwünschte Briefe bzw. Werbung enthalten kann, vorsichtig sein muss, dabei nicht aus Versehen wichtige Mitteilungen auszusortieren, muss man eben auch beim Empfang digitaler Post – soweit man E-Mail als Kommunikationsweg vorsieht – Vorsicht walten lassen. Dies gilt auch dann, wenn man die Durchsicht der digitalen Post einem Softwareprogramm überlässt. Auch hier gilt, dass die Kommunikation über E-Mail unmöglich gemacht würde, könnte man sich mit dem Argument entlasten, dass man die E-Mail ja nicht selbst als Spam markiert und in den entsprechenden Ordner geschoben, sondern dass dies eine nicht näher kontrollierte Software getan habe.

Dass sogar SPON das Thema aufgreift, zeigt, dass die Entscheidung nicht nur für den konkreten Fall Bedeutung haben dürfte. Jeder, der seine E-Mail-Adresse geschäftlich nutzt, muss etwaige Spamfilter vorsichtig verwenden. Kommt eine E-Mail aufgrund zu strenger Einstellungen dieses Filters nicht an, so geht dies zulasten des Empfängers. (la)

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