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Jugendschutz bei Filmen & Computerspielen: 5 Dinge, die Shopbetreiber zur Altersverifikation wissen müssen

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Dass nicht alle Filme und Computerspiele an Minderjährige verkauft werden dürfen, ist allseits bekannt.

Die Verpackungen sowie die Trägermedien selber sind mit entsprechenden Altersfreigaben gekennzeichnet.

Während im klassischen Einzelhandel das Alter anhand eines Personalausweises geprüft werden kann, stellt sich vor allem im Bereich des Versandhandels die Frage, wie eine Altersverifikation zu gestalten ist.

Diese Frage ist von Bedeutung, denn wer Filme und Computerspiele ohne Altersverifikation verkauft, setzt sich nicht nur der Gefahr eines Bußgeldes bis zu 50.000 € aus, auch hat derjenige mit wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen, wie Abmahnungen mit strafbewehrten Unterlassungserklärungen zu rechnen. Im Folgenden erläutern wir 5 Dinge, die Shopbetreiber zur Altersverifikation wissen müssen.

1. Allgemeines

Nicht alles, was im Internet verkauft wird, ist für die Augen und Ohren von Kindern und Jugendlichen bestimmt und darf an diese veräußert werden. Das Jugendschutzgesetz (kurz: JuSchG), das die Entwicklung der Persönlichkeit der Jugendlichen im Blick hat, soll den Verkauf von jugendgefährdenden Medien an Minderjährige verhindern. Relevant ist dies vor allem für Filme und Computerspiele: Denken Sie nur an Horrorfilme oder so genannte „Ballerspiele“.

Filme und Computerspiele müssen zunächst von einer obersten Landesbehörde oder einer Organisation der freiwilligen Selbstkontrolle freigegeben und gekennzeichnet werden. Solche Altersfreigaben werden für die Filmindustrie von der „Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH“ (kurz: FSK) und für die Computerspieleindustrie von der „Freiwilligen Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware GmbH“ (kurz: USK) vorgenommen. Die entsprechenden FSK- bzw. USK-Siegel sind allseits bekannt.

Während in einem Ladengeschäft eine entsprechende Altersverifikation durch Ausweiskontrolle möglich ist, gestaltet sich eine Altersverifikation im Internet schwieriger. Nach § 12 Abs. 3 JuSchG ist es sogar verboten, Bildträger, die nicht oder mit „Keine Jugendfreigabe“ vom Anbieter gekennzeichnet sind, im Versandhandel anzubieten und zu überlassen. Liest man diese Vorschrift zunächst isoliert, drängt sich einem unweigerlich die Frage auf, wie es sein kann, dass trotz dessen Filme ohne Jugendfreigabe im Internet verkauft werden.

Der Grund hierfür ist § 1 Abs. 4 JuSchG, der eine Definition des Versandhandels enthält:

„Versandhandel im Sinne dieses Gesetzes ist jedes entgeltliche Geschäft, das im Wege der Bestellung und Übersendung einer Ware durch Postversand oder elektronischen Versand ohne persönlichen Kontakt zwischen Lieferant und Besteller oder ohne dass durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt, vollzogen wird.“

Wer im Internet Filme und Computerspiele ohne die technischen oder sonstigen Vorkehrungen, die sicherstellen, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt, verkauft oder in einer anderen Art und Weise gegen das JuSchG verstößt, hat nicht nur mit Bußgeldern zu rechnen, auch drohen wettbewerbsrechtliche Konsequenzen der Mitbewerber (hierzu später mehr).

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2. Zulässige Altersverifikation

Doch welche technischen oder sonstigen Vorkehrungen müssen getroffen werden, um sicherzustellen, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt? Diese Frage stellte sich bereits im Jahr 2007 der BGH und fordert seitdem von Shopbetreibern im Internet ein zweistufiges Altersverifikationssystem:

„Für einen effektiven Kinder­ und Jugendschutz ist deshalb einerseits eine zuverlässige Altersveri­fikation vor dem Versand der Medien erforderlich. Andererseits muss aber auch sichergestellt sein, dass die abgesandte Ware nicht von Minderjährigen in Empfang genommen wird.“

Die Richter in Karlsruhe beließen es allerdings nicht bei den eben zitieren allgemeinen Ausführungen. Das Gericht machte vielmehr genaue Vorgaben, wie eine zweistufige Altersverifikation zu gestalten ist.

Stufe 1: Vor Versendung der Ware

Vor Versendung der Ware könne ein Shopbetreiber mithilfe des Postidentverfahrens sicherstellen, dass der Empfänger volljährig ist. Bei dem Postidentverfahren muss sich der Kunde mit seinem Personalausweis zu einer Postfiliale begeben. Die Post verifiziert sodann die Volljährigkeit des Kunden und gibt dem Shopbetreiber Bescheid.

Stufe 2: Der Warenversand

Des Weiteren führt der BGH aus, dass der Warenversand in einer Weise stattzufinden habe, in der regelmäßig sichergestellt werde, dass die Ware dem volljährigen Kunden, an den sie adressiert ist, persönlich ausgehändigt werde. Konkret sprach das Gericht die folgende Empfehlung aus:

„Das kann etwa durch eine Ver­sendung als „Einschreiben eigenhändig” gewährleistet werden (BGH, Urteil v. 12.07.2007, Az. I ZR 18/04).“

Bei dem sog. „Einschreiben eigenhändig“ wird die Ware vom Zusteller persönlich nur gegen eine Unterschrift und ausschließlich an den Empfänger oder an einen seiner schriftlich Bevollmächtigten ausgehändigt.

Die Rechtsprechung des BGH wurde im Jahr 2014 von dem OLG Frankfurt a.M. mit einem entsprechenden Urteil bestätigt. In dem Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalt unterblieb eine entsprechende Altersverifikation durch den Zusteller. Das Gericht führte hierzu aus, dass der Shopbetreiber sich das Verhalten des Zustellers nach § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen müsse (OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 07.08.2014, Az. 6 U 54/14).

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3. Unzureichende Altersverifikationen

Unzureichende Altersverifikationen stellen Altersangaben oder Checkboxen im Bestellprozess dar. Shopbetreiber, die das Alter mittels eines Eingabefeldes abfragen oder lediglich eine Checkbox im Bestellprozess zur Verfügung stellen, werden den Vorgaben des BGHs nicht gerecht.

Des Weiteren könnte man als Shopbetreiber auf die Idee kommen, dass eine Zusendung einer Ausweiskopie den Anforderungen des JuSchG genüge. Dem müssen wir widersprechen. Zum einen besteht bei diesem Verfahren ein hohes Fälschungsrisiko und zum anderen wäre das Verfahren auch aus datenschutzrechtlicher Perspektive kritisch zu betrachten.

Auch eine Eingrenzung mithilfe von Zahlungsarten kann den Anforderungen des Jugendschutzes nicht genügen, schließlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich auch Jugendliche im Besitz von Kreditkarten befinden.

Darüber hinaus wollen wir an dieser Stelle anmerken, dass keine der drei eben genannten Optionen, die für sich genommen schon unzulässig sind, dem zweistufigen Altersverifikationssystem gerecht werden.

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4. Weitere mögliche Verstöße gegen das JuSchG

Nicht allein eine fehlende oder ungenügende Altersverifikation kann einen Verstoß gegen das JuSchG darstellen und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Auch kann eine fehlende oder unzureichende Platzierung des FSK- oder USK-Siegels einen JuSchG-Verstoß bedeuten.

Das JuSchG macht exakte Vorgaben, wo und in welcher Größe die Siegel angebracht sein müssen. So heißt es in § 12 Abs. 2 JuSchG:

„Auf die Kennzeichnungen nach Absatz 1 ist auf dem Bildträger und der Hülle mit einem deutlich sichtbaren Zeichen hinzuweisen. Das Zeichen ist auf der Frontseite der Hülle links unten auf einer Fläche von mindestens 1.200 Quadratmillimetern und dem Bildträger auf einer Fläche von mindestens 250 Quadratmillimetern anzubringen.“

Wichtig zu wissen: Die Altersfreigabe eines Films kann sich durch das Bonusmaterial verändern. Sollten Sie einen Film mit einer Altersfreigabe „Freigegeben ab zwölf Jahren“ verkaufen und nehmen eine DVD des Films mit Bonusmaterial, das Szenen enthält, die eine Altersfreigabe „Freigegeben ab sechzehn Jahren“ enthalten, in Ihr Sortiment auf, so ändert sich die gesamte Altersfreigabe. Die DVD mit dem Film („Freigegeben ab zwölf Jahren“) und dem Bonusmaterial („Freigegeben ab sechzehn Jahren“) muss mit der Kennzeichnung „Freigegeben ab sechzehn Jahren“ versehen sein, ansonsten liegt ein Verstoß gegen das JuSchG vor.

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5. Rechtliche Konsequenzen

Wie eingangs erwähnt drohen bei Verstößen gegen das JuSchG rechtliche Konsequenzen. Zum einen kann gegen Sie gem. § 28 JuSchG ein Bußgeld bis zu 50.000 € verhängt werden, zum anderen drohen wettbewerbsrechtliche Konsequenzen.

Verstöße gegen das JuSchG stellen immer einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht dar, denn die Vorschriften des JuSchG sind dazu bestimmt, dass Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln. Wer bspw. kein Altersverifikationssystem bereithält, hat unweigerlich einen Vorsprung gegenüber seinen Konkurrenten, die sich an die Vorgaben hinsichtlich der Altersverifikation halten.

Mitbewerber werden so in die Lage versetzt, unredliche Konkurrenten abzumahnen und strafbewehrte Unterlassungserklärungen zu fordern. Darüber hinaus kann Unterlassung und gegebenenfalls Schadensersatz gefordert werden.

Sollte es zu einem gerichtlichen Verfahren kommen, sind Streitwerte von 30.000 € nicht unüblich. Das OLG Hamburg führte hierzu aus, dass sich die Wertfestsetzung nicht in erster Linie an den gefährdeten Umsatzinteressen des Klägers orientiere, sondern an der Gefährlichkeit der angegriffenen Handlung (OLG Hamburg, Urteil v. 02.04.2008, Az. 5 U 81/07).

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Verstöße gegen das JuSchG mithilfe von Testkäufen leicht bewiesen werden können und der Abmahnende die erforderlichen Beweise vor Gericht mit Leichtigkeit erbringen kann. Die Vorschriften des JuSchG sind daher unbedingt einzuhalten.

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