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Warum der Fernsehsender N24 keinen Spaß versteht und das Kölner Landgericht ihm Recht gibt

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postillionNicht nur auf facebook und in anderen sozialen Netzwerken kursieren die nicht ganz ernst gemeinten Nachrichtenbeiträge des „Postillon“ – seit einiger Zeit strahlt auch der NDR die dazugehörige Sendung aus: „Postillon24“.

Pünktlich zur vorerst letzten Sendung hat der Fernsehsender N24 vor dem Landgericht Köln nun eine einstweilige Verfügung erwirkt – das Logo der Sendung verletze die Markenrechte von N24. Alle bisherigen „Postillon24“-Sendungen löschte der NDR sodann aus seiner Mediathek und in der letzten Sendung durfte das Logo zur Sendung überdies nicht mehr gezeigt werden. Das Logo wurde durch einen „geschmackvollen schwarzen Balken“ ersetzt – spottete der Moderator Thieß Neubert.

Auch N24 meldete sich in Anbetracht des starken Gegenwindes seitens der „Postillon“-Fangemeinde zu Wort und beteuerte, der Sender habe nichts gegen Satire, nur würde dem Sender die rechtliche Handhabe gegen Markenrechtsverletzungen aberkannt, wehre er sich nicht gegen die Markenrechtsverletzung durch das „Postillon24“-Logo.

Doch ist die einstweilige Verfügung tatsächlich zu Recht ergangen?                       

Nach dem Markengesetz ist es Dritten unter anderem untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit einer im Inland bekannten Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn die Benutzung des Zeichens die Wertschätzung oder die Unterscheidungskraft der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt. Das Logo von „Postillon24“ ist dem von N24 tatsächlich sehr ähnlich – auch das bekannte orangene Quadrat des Logos wird übernommen. Man kann also davon ausgehen, dass ein markenmäßiger Gebrauch der im Inland bekannten Marke N24 vorliegt und eine Verwechselungsgefahr besteht. Auch wird man wohl annehmen können, dass Voraussetzungen einer Ausnutzung der Unterscheidungskraft der bekannten Marke von N24 annehmen – wie vom Markenrecht gefordert. Der scherzhafte Charakter der Nachrichten, den der „Postillon“ zweifelsohne auch mit der Gestaltung der Sendung erzielen will, ist vor allem auch dadurch zu erreichen, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Anspielung auf die Marke N24 erkennen, was deren Bekanntheit erfordert.

Zwar ist bei der identischen oder ähnlichen Benutzung einer bekannten Marke zu dem Zweck, die mit ihrer Verwendung verbundene Aufmerksamkeit auszubeuten, regelmäßig von einem die Unlauterkeit im Sinne des Markenrechts begründenden Verhalten auszugehen. Dennoch könnte durchaus die Markenverletzung aufgrund einer Abwägung mit dem durch grundgesetzlich durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Recht auf Freiheit der Kunst ausscheiden. Die Kunstfreiheit besteht jedoch nicht schrankenlos. Vielmehr findet sie ihre Begrenzung in anderen kollidierenden Grundrechten, zu denen auch die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentumsgarantie gehört. Zu diesem Bereich gehört auch das Markenrecht von N24.

Eine solche Kollision grundrechtlich geschützter Werte ist stets durch eine umfassende Gesamtabwägung aufzulösen. Im Streitfall könnte es durchaus vorzugswürdig sein, der Kunstfreiheit auf Seiten des „Postillon“ Vorrang zu gewähren. Eine Herabsetzung oder Verunglimpfung der Marke N24 kann nicht festgestellt werden. Die Nachrichtensendung und das dazugehörige Logo sind vielmehr als witzig und humorvoll anzusehen. Auch lässt sich keinesfalls feststellen, dass der „Postillon“ die Marke N24 ausschließlich zu dem Zweck benutzt hat, ein sonst nicht verkäufliches oder vermarktungsfähiges eigenes Produkt auf den Markt zu bringen. Der „Postillon“ verfolgt mitnichten ausschließlich kommerzielle Zwecke mit seinen Aktivitäten. Auch bleibt den angesprochenen Verkehrskreisen eine satirische Auseinandersetzung seitens des „Postillon“ nicht im Geringsten verborgen.

Auch die Interessen des Schoko-Riesen-Milka mussten seinerzeit der Satire weichen

Im Jahr 2005 entschied der BGH (BGH, Urt. v. 3.2.2005, Az. I ZR 159/02) zugunsten eines Postkartenherstellers und zu Gunsten der Satire. Der Postkartenhersteller hatte eine Karte mit der Aufschrift „Über allen Wipfeln ist Ruh, irgendwo blökt eine Kuh. Muh! Rainer Maria Milka” auf den Markt gebracht. Die lila Farbe – von Milka bekannt –  wurde als Untergrund genutzt, die Kuh wurde zwar nicht, wie in der Werbung der Klägerin üblich, zeichnerisch dargestellt, sondern begrifflich bezeichnet und „Milka“ wurde zum fiktiven Familiennamen des Dichters, der eigentlich Rilke heißen müsste. Die Auflösung vorgenannter Grundrechtekollision auf Grundlage der verfassungsrechtlichen Wertordnung im Fall „Lila-Postkarte” erfolgt schließlich zu Gunsten der Parodie und Milka musste die Markenrechtsverletzung hinnehmen.

Das Urteil „Lila-Postkarte” schließt sich damit dem Modoro“-Urteil des BGH aus dem Jahr 1984 (BGH, Urt. v.  17.04.1984, Az. VI ZR 246/82) an in welchem der BGH schon damals entschied, dass  die Verwendung einer satirisch verfremdeten Zigarettenreklame in einem Nichtraucherkalender zur Warnung vor den Gesundheitsgefahren des Rauchens und zur Kritik an der Zigarettenwerbung die Rechte des betroffenen Zigarettenherstellers grundsätzlich nicht verletze. Der BGH gab auch in diesem Fall der Satire den Vorrang.

Wenn die Gerichte in ähnlichen Kollisionsfällen anders zugunsten des Eigentums- und Markenrechts entschieden – so etwa der BGH in den Fällen „Markenverunglimpfung II(GRUR 1995, 57) und Markenverunglimpfung I” (GRUR 1994, 808) ebenso das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 7.7.2006 (Az. 96 O 42/06), so lag stets eine Verunglimpfung der jeweiligen Marke vor oder es lag eine Ausnutzung der Wertschätzung der Marke vor – was man dem „Postillon“ wohl nicht wird vorwerfen können. Es bleibt abzuwarten, wie es in dieser Sache weitergeht. (he)

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