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Aus Slogans werden Marken, aber nur ausnahmsweise

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Das Bundespatengericht hatte kürzlich die Gelegenheit, sich mit der Frage eingehend auseinanderzusetzen, unter welchen Voraussetzungen ein Werbeslogan als Marke geschützt werden kann (Beschl. v. 05.07.2012 – 30 W (pat) 40/11). Konkret ging es dabei um die Wortfolge

„Aus Akten werden Fakten“,

die für die folgenden Waren und Dienstleistungen eingetragen werden sollte:

Computersoftware (gespeichert), insbesondere für das Vertragsmanagement; Unternehmensberatung (Beratung bei Einführung, Konfiguration, Betrieb); EDV-Beratung (Beratung bei technischen Problemen rund um Einführung und Betrieb); Programmierung von Software für das Vertragsmanagement.

Das im ersten Schritt mit der Sache befasste DPMA kam zum Schluss, dass der Eintragung die absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegenstehen würden und wies die Anmeldung zurück. Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Anmelderin hatte keinen Erfolg. Dem fraglichen Zeichen fehle nach Auffassung des DPMA jegliche Unterscheidungskraft. Das Zeichen werde vom Publikum als bloße Sachangabe in der Form eines Werbespruchs aufgefasst, nicht aber als betrieblicher Herkunftshinweis.

Gegen diese Beurteilung legte die Anmelderin eine Beschwerde beim Bundespatentgericht ein.

Auch aus Slogans werden Marken…

Der Senat folgte zunächst der Auffassung der Anmelderin und stellte fest, dass der Wortfolge „Aus Akten werden Fakten“ in Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht schon von Hause aus jede Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann.

„Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen […] von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet […]. […] Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden […]. Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen. […]

An die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen und Slogans sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen […]. Es wäre daher unzulässig, besondere Kriterien aufzustellen, die das Kriterium der  Unterscheidungskraft ersetzen oder von ihm abweichen […], etwa dergestalt, dass die sloganartige Wortfolge phantasievoll sein und ein begriffliches Spannungsfeld, das einen Überraschungs- und damit Merkeffekt zur Folge habe, aufweisen müsse […]. Auch wenn Werbeslogans keinen strengeren Schutzvoraussetzungen unterliegen, ist jedoch zu berücksichtigen, dass Wortmarken in Form von Werbeslogans vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. Insoweit ist bei Slogans, die eine im Vordergrund stehende Werbefunktion ausüben, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Durchschnittsverbraucher aus solchen Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren schließen. Bei nach Art eines Slogans gebildeten Wortfolgen wird der Verkehr diese daher als eine Beschreibung oder Anpreisung des Inhalts oder Gegenstands
entsprechender Waren und Dienstleistungen auffassen […].“

Nach diesen Grundsätzen könne der streitgegenständlichen Wortfolge nicht per se jede Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Diese sei zwar aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache gebildet, und ihr fehle auch nicht jeder Sinnbezug. Insbesondere liege die Annahme nahe, dass die angemeldete Marke die Vorstellung vermittelt, dass die mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen einer EDV-gestützten Aktenverwaltung dienen. Dieser beschreibende Aussagekern stehe aber nicht im Vordergrund, sondern werde dem Publikum nach Art eines sprechenden Zeichens in eher vager und unterschwelliger Form nahegebracht.

Aufgrund dieser suggestiven Andeutungen könne dem Zeichen grundsätzlich nicht die erforderliche Unterscheidungskraft genommen werden. Die angemeldete Marke erfordere einen gewissen Interpretationsaufwand, um zu ihrem beschreibenden Aussagegehalt vorzudringen und sei daher geeignet, bei den angesprochenen Verkehrskreisen ein entsprechendes Denkprozess auszulösen. Wegen des verwendeten reimenden Schmuckelements besitze sie darüber hinaus eine gewisse Originalität und Prägnanz.

…es sei denn, sie erschöpfen sich in einer branchenüblichen Werbeaussage

Dennoch musste der Senat die Beschwerde der Anmelderin zurückweisen, da im Zuge des Verfahrens bekannt wurde, dass der Slogan „Aus Akten werden Fakten“ gerade in dem betroffenen Bereich des IT-gestützten Vertragsmanagements gegenwärtig bereits umfangreich als Werbespruch verwendet wird.

„Vor dem Hintergrund der gebräuchlichen Verwendung ist die Wortfolge Aus Akten werden Fakten im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren, die nach den beispielhaften Angaben im Verzeichnis  Vertragsmanagement zum Gegenstand haben sollen und können, und bei den Dienstleistungen ausdrücklich darauf bezogen sind, nicht unterscheidungskräftig. Denn wenn das angesprochene Publikum – hier in erster Linie  geschäftliche Abnehmer – mit dem beanspruchten Slogan seitens einer größeren Anzahl von Anbietern von Vertragsmanagementprodukten konfrontiert ist, kann sich hieran keine individuelle betriebliche  Herkunftsvorstellung mehr knüpfen. Unerheblich ist dabei, ob – wie von der Anmelderin behauptet – jedenfalls teilweise Kooperationen mit der Anmelderin bestehen. Denn dies ist für den Verkehr nicht erkennbar.“

In Anbetracht dieser Umstände habe der Werbeslogan seine von Hause aus gegebene Unterscheidungskraft verloren. Es erschöpfe sich in einer werbeüblichen Anpreisung und sei daher nicht geeignet als Herkunftshinweis zu dienen.

Aufgrund des festgestellten absoluten Schutzhindernisses konnte das DPMA richtigerweise keine Eintragung bewirken. Gegen seine Entscheidung gerichtete Beschwerde war als unbegründet zurückzuweisen. (pu)

(Bild: © JiSIGN – Fotolia.com)

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