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LG Koblenz: Kein neuwertiger Porsche für 5,50 EUR bei eBay

Das Landgericht Koblenz hatte über einen eBay-Fall zu entscheiden, wie sie immer mal wieder vorkommen und immer ärgerlich sind: Ein hochwertiger Artikel wird für einen zu niedrigen Betrag bei eBay versteigert (LG Koblenz, Urteil v. 18.03.2009, Az. 10 O 250/08).

In diesem Rechtsstreit stritten die Parteien über die Wirksamkeit eines bei eBay zustande gekommenen Kaufvertrages über einen neuwertigen Porsche 911/997 Carrera 2S Coupe mit Zubehör. Der Wagen war im Jahr 2007 erstmals zugelassen und wies zu diesem Zeitpunkt eine Laufleistung von 5.800 km auf. Der Beklagte stellte den Wagen im August 2008 bei eBay mit einem Mindestgebot von 1,00 € ein.

Der Kläger bot daraufhin für den Wagen und gab als Maximalgebot 1.100,00 € ein. Der Kläger beendete die Auktion nur 8 Minuten nach dem Start mithilfe des von eBay bereitgestellten Formulars „für das vorzeitige Beenden von Angeboten“ ohne Angabe von Gründen vorzeitig. Zum Zeitpunkt des Abbruchs der Auktion war der Kläger mit einem Gebot von 5,50 € Höchstbietender.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay sehen einige wenige zulässige Gründe für den vorzeitigen Abbruch einer Auktion vor. Unter anderem darf der Anbieter seine Auktion beenden, wenn er gesetzlich dazu berechtigt ist, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen, andernfalls kommt ein wirksamer Kaufvertrag zustande.

Der Kläger hatte sich bereits auf ein wahres Schnäppchen gefreut und forderte insofern die Übergabe des Fahrzeugs zu einem Kaufpreis von 5,50 €, während der Beklagte erklärte, es sei kein wirksamer Vertrag zustande gekommen und er habe überdies seine Vertragserklärung angefochten. Der Kläger beantragte sodann im Klageverfahren, den Beklagten zu verurteilen an ihn 75.000,00 € Schadensersatz – der Marktwert des Fahrzeugs – nebst Zinsen sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.880,20 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragte die Klageabweisung und begründete dies zum einen damit, dass kein wirksamer Vertrag zustandegekommen sei und zum anderen damit, dass aufgrund der unverzüglichen Beendigung der Auktion nach lediglich 8 Minuten keine Schutzbedürftigkeit des Klägers gegeben sei.

Das Landgericht folgte der Auffassung des Beklagten und wies die Klage vollständig ab. Das Gerichte stellte zunächst klar, dass zwar zwischen den Parteien ein wirksamer Kaufvertrag über dieses Fahrzeug zu einem Verkaufspreis von 5,50 € zustande gekommen ist, so dass auch ein Schadensersatzanspruch des Klägers entstanden ist. Dieser Schadensersatzanspruch ist jedoch nach Auffassung des Gerichts gemäß § 242 BGB nicht durchsetzbar.

Das Gericht stellte weiter klar, dass das vorzeitige Beenden einer Auktion durch ein eBay-Formular keinen wirksamen Widerruf gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB darstellt, dies nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des Schutzes des Bieters, da er ansonsten der Willkür des Anbieters ausgesetzt wäre. Auch habe der Beklagten einen für eine wirksame Anfechtung erforderlichen Irrtum nicht ausreichend dargelegt.

Schließlich bejahte das Gericht einen Einwand wegen Rechtsmissbrauchs im Sinne des § 242 BGB, wonach  beide Vertragspartner auf die berechtigten Interessen des anderen Teils Rücksicht nehmen müssen. Bei der Anwendung dieser Norm macht das Gericht jedoch ausdrücklich deutlich, dass es sich hierbei nicht um eine allgemeine Billigkeitsnorm handelt, die es dem Richter gestattet, sich über gesetzliche Wertungen hinwegzusetzen, um zu einem von ihm als gerecht empfundenen Ergebnis zu gelangen. Um eine Rechtssicherheit zu gewährleisten, haben Rechtsprechung und Schrifttum bestimmte Fallgruppen grob unbilliger Ausnahmefälle entwickelt, die stets eine umfassende Abwägung der Interessen erfordern. Nicht schon jedes Ungleichgewicht, nicht schon jede übermäßige wirtschaftliche Benachteiligung macht eine Rechtsausübung unzulässig. Einen solchen Ausnahmefall im Sinne des § 242 BGB nahm das Landgericht vorliegend an, auch weil der Beklagte hier unverzüglich nach Feststellung seines Fehlers gehandelt hat und die Beendigung der Auktion umgehend vornahm.

Auch nach dieser Entscheidung steht aber fest, dass die Einstellung eines Artikels auf der Auktionsplattform eBay grundsätzlich ein verbindliches Angebot darstellt und zum Abschluss eine Kaufvertrages mit dem Höchstbietenden führt. Der Beklagte hatte somit aufgrund der besonderen Umstände in diesem Fall, insbesondere auch wegen seiner schnellen Reaktion, Glück. Allein ein krasses Missverhältnis zwischen Höchstgebot und Marktwert eines Artikels rechtfertigt jedenfalls nicht die Anwendung des § 242 BGB. Dies zeigt auch der bekannte „Rübenroder-Fall„.  Wer bei einer Auktion einen Startpreis von 1,oo € eingibt, darf sich hinterher nicht über einen zu niedrigen Verkaufspreis ärgern (nh).

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