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KG Berlin: Zugriffsverweigerung auf den Facebook-Account der verstorbenen Tochter rechtens

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Das Kammergericht Berlin entschied in zweiter Instanz, dass Facebook den Eltern der Verstorbenen keinen Zugriff auf deren Account gewähren muss. Der Einsicht in die Chatverläufe der Tochter stehe das Fernmeldegeheimnis entgegen. 

Was war passiert? 

Die Tochter der Klägerin verunglückte tödlich durch eine einfahrende U-Bahn im U-Bahnhof Berlin Schönleinstraße. Die Umstände des Unglücks sind bisher ungeklärt. Die verständliche Hoffnung der Mutter: Sie wollte sich durch den Zugriff auf den Facebook-Account ihrer Tochter Gewissheit darüber verschaffen, ob es sich um einen Suizid handele. Doch versetzte Facebook den Account in den Gedenkzustand. Ein Zugriff auf den Account war damit nicht mehr möglich.

Vererbbarkeit des digitalen Nachlasses 

Grundsätzlich rücken die Erben im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge in sämtliche Rechtsverhältnisse des Erblassers. Umgemünzt auf vorliegenden Fall würden die Eltern in den Vertrag ihrer verstorbenen Tochter mit Facebook einrücken. Zumal die Klägerin lediglich passive Leserechte erhalten wollte und nicht etwa die aktive Fortführung. Laut der Pressemitteilung merkte das Gericht an, dass das Erbrecht allerdings voraussetze, dass höchstpersönliche Rechtspositionen

in irgendeiner Form im Eigentum des Verstorbenen verkörpert seien und nicht nur virtuell existierten.

Hält man sich vor Augen, dass ein Tagebuch der Tochter problemlos vererbbar wäre, gerät man ins Stocken und wundert sich über dieses Paradoxon. Letzten Endes scheute das Gericht die Entscheidung, ob der Facebook-Account nun vererbbar ist oder nicht.

Der entscheidende Grund der Verweigerung: Das Fernmeldegeheimnis

Auch für den Fall, dass der Account vererbbar wäre, stünde das Fernmeldegeheimnis einem Zugriff entgegen. Dieses stelle eine objektive Werteentscheidung der Verfassung dar und verpflichte den Staat wie auch Facebook die Kommunikationsinhalte zu schützen, auf die die Nutzer keinen Zugriff haben, da sie auf den Servern der Provider gespeichert sind. Schützenswert seien an dieser Stelle die Chatpartner der Verstorbenen. Diese hätten vorliegend auf das Fernmeldegeheimnis verzichten müssen um einen Zugriff zu ermöglichen.

Fehlen weiterer Anspruchsgrundlagen 

Auch weitere mögliche Ansprüche auf Zugang zu dem Account wurden erörtert. Doch weder das Recht der elterlichen Sorge, welches mit dem Tod des Kindes erlösche, noch das Totenfürsorgerecht, aus welchem sich kein entsprechender Anspruch herleiten ließe, würden der Klägerin Abhilfe schaffen. Zu guter Letzt wurde versucht mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin zu argumentieren, welches jedoch als nicht geeignet angesehen wurde. Zwar könne die Unkenntnis der Todesursache die Entfaltung der Persönlichkeit der Mutter beeinträchtigen, dennoch sei dies auch durch andere Geschehnisse möglich. Die Beweggründe der Eltern für die Klageeinreichung seien verständlich. Allein dies reiche aber noch nicht für die Gewährung des Zugangs zu dem Account aus.

Facebook als Datenschützer?

Durch die Weigerung von Facebook der Klägerin Zugriff auf den Account zu gewähren mag man den Eindruck gewinnen Facebook entwickle sich nun zu dem Datenschutzritter in blau-weißer Rüstung. Hält man sich hingegen den zugrundeliegenden Sachverhalt vor Augen und ruft sich das sonstige Gebaren Facebooks hinsichtlich des Datenschutzes in Erinnerung, so beschleicht einen der Argwohn.

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