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Abmahnung im Wettbewerbsrecht: Vorsicht bei Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung

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Das Kammergericht Berlin hat sich in einer Entscheidung vom September 2016 (KG Berlin, Urteil v. 2.9.2016, Az. 5 U 16/16) zu der Frage der Reichweite eines Unterlassungsanspruchs und der Ausräumung der Wiederholungsgefahr durch eine beschränkte Unterlassungserklärung geäußert.

Das Urteil beendete ein Verfügungsverfahren, das überhaupt nur deshalb geführt wurde, weil die Antragsgegnerin außergerichtlich nicht, wie gefordert, eine allgemein gehaltene sondern eine eingeschränkte Unterlassungserklärung abgegeben hatte.

Hintergrund des Rechtsstreits war eine Werbung der Antragsgegnerin mit fachlichen Empfehlungen für zwei Arzneimittel. Eine Werbung mit fachlichen Empfehlungen ist im Falle von Arzneimitteln generell verboten (§§ 8, 3, 3a UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG).

Insbesondere bei der Abmahnung im Wettbewerbsrecht: Eine vorformulierte Unterlassungserklärung sollte nicht ungeprüft abgeändert werden

Der Antragsteller forderte daher eine strafbewehrte Unterlassungserklärung von der Antragsgegnerin hinsichtlich der Werbung mit fachlichen Empfehlungen bezüglich aller Arzneimittel. Diese Erklärung gab die Antragsgegnerin jedoch nur in eingeschränkter Form – nämlich hinsichtlich der zwei beworbenen Arzneimittel – ab, da sie vermutlich davon ausging, dass nur insoweit ein Unterlassungsanspruch bestand.

Da ihm die Unterlassungserklärung nicht ausreichte, beantragte der Antragsteller eine einstweilige Verfügung mit einem Verbotsantrag bezüglich der Werbung mit fachlichen Empfehlungen hinsichtlich aller Arzneimittel. Diese einstweilige Verfügung erließ das LG Berlin auch – mit Ausnahme der beiden Arzneimittel, für die die Antragsgegnerin die Unterlassungserklärung abgegeben hatte, da diesbezüglich die Wiederholungsgefahr selbstverständlich bereits ausgeräumt war.

Dem Kammergericht ging die Unterlassungserklärung nicht weit genug

Im Berufungsverfahren beim Kammergericht wurde nun darüber gestritten, ob trotz der Abgabe der Unterlassungserklärung noch eine Wiederholungsgefahr bestehe. Die streiterhebliche Frage war also die Reichweite des Unterlassungsanspruchs. Und hier positionierte sich das KG Berlin eindeutig und stützte somit die erstinstanzliche Entscheidung des LG Berlin: Der Unterlassungsanspruch bestehe im vorliegenden Fall hinsichtlich aller Arzneimittel. Wenn die Antragsgegnerin also nur eine auf zwei Arzneimittel beschränkte Unterlassungserklärung abgebe – wie im vorliegenden Fall –,  räume sie auch nur diesbezüglich die Wiederholungsgefahr aus:

„Das hier in Rede stehende gesetzliche Verbot der Werbung mit fachlichen Empfehlungen gilt in exakt gleicher Weise für alle Arzneimittel. Daher ist im Verhältnis zum Verstoß einer solchen Werbung für die Arzneimittel Maaloxan und Nagel Batrafen ein Verstoß mittels solcher Werbung für irgendein sonstiges Arzneimittel kerngleich. Daher beschränkte sich der Unterlassungsanspruch aufgrund Wiederholungsgefahr keineswegs nur auf die in der Werbung angeführten Arzneimittel Maaloxan und Nagel Batrafen, sondern erstreckte sich auf alle anderen Arzneimittel gleichermaßen. Die Wiederholungsgefahr ist mittels eingeschränkter Unterwerfung aber nur bezüglich der beiden genannten Arzneimittel ausgeräumt worden, nicht aber bezüglich aller anderen Arzneimittel. Deshalb besteht insoweit (weiterhin, trotz Unterwerfung) ein Unterlassungsanspruch bezüglich einer Werbung wie geschehen mit fachlichen Empfehlungen für alle sonstigen Arzneimittel außer Maaloxan und Nagel Batrafen.“

Praxistipp:

Die Entscheidung des KG Berlin veranschaulicht sehr schön, dass wenn es zu einer Rechtsverletzung gekommen ist und somit auch ein Unterlassungsanspruch besteht, infolge dessen man sich gezwungen sieht, eine Unterlassungserklärung abzugeben, es sehr genau zu prüfen gilt, wie weit der Unterlassungsanspruch im konkreten Fall tatsächlich geht.

Verständlicherweise will man sich nicht zu weitgehend „unterwerfen“, aber man setzt sich eben einem erheblichen Kostenrisiko aus, wenn man „zu kurz springt“ und dann trotz der Unterlassungserklärung noch die einstweilige Verfügung ins Haus flattert.

In der Regel ist es zwar ausreichend, sich nur in Bezug auf die konkrete Verletzugnsform zu unterwerfen. Die Unterlassungserklärung muss aber grundsätzlich nicht nur die identische, sondern auch im Kern gleiche Handlungen erfassen. Zweifel gehen zu Lasten des Erklärenden. Daher sollte bei der Modifikation einer Unterlassungerklärung immer auch klargestellt werden, dass man bereit ist, auch kerngleiche Handlungen zu unterlassen.

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