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Microsoft wirft Softwarebilliger.de öffentlich vor, Softwarefälschungen zu verkaufen

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Hasta la vista, baby Microsoft wirft einem Online-Händler – softwarebilliger.de – in einer Pressemitteilung aktuell öffentlich vor, Fälschungen seiner Software Windows 7 zu verkaufen.

Bereits 2011 habe Microsoft nach eigenen Angaben bemerkt, dass über Softwarebilliger.de gefälschte Datenträger mit Windows 7 verkauft werden. Der Konzern habe daraufhin beim Landgericht Frankfurt eine einstweilige Verfügung erwirkt und Strafantrag gegen den Geschäftsführer gestellt. Bei einer Durchsuchung des Lagers in Berlin im August 2011 seien  neben originalen Datenträgern auch mehrere Tausend gefälschter Datenträger mit Microsoft-Software sichergestellt worden.

Bereits eine Woche nach der Durchsuchung habe man erneut feststellen müssen, dass über das besagte  Portal  Softwarefälschungen von Microsoft verkauft wurden. Die Seite softwarebilliger.de sei zu diesem Zeitpunkt aber bereits durch ein neues Unternehmen übernommen worden, das die Seite bis heute betreibe. Eine weitere Durchsuchung habe daraufhin Zur Sicherstellung weiterer gefälschter Datenträger geführt.

Gegen die erste einstweilige Verfügung habe die ursprüngliche Betreiberin sowie deren Geschäftsführer bislang erfolglos Rechtsmittel eingelegt. So wurde die erste einstweilige Verfügung gegen die Firma durch das Urteil des Landgericht Frankfurt vom 21.09.2011 bestätigt (Az.: 2-06 O 390/11). Über die dagegen eingelegte Berufung wurde noch nicht entschieden. Im Strafverfahren gegen den Geschäftsführer bestätigten zudem das Amtsgericht Tiergarten sowie das Landgericht Berlin in höherer Instanz den Beschluss der Beschlagnahme durch das Landeskriminalamt. Auch die neue Betreiberin hat gegen die sie betreffende einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt. Bisher bestehe die einstweilige Verfügung weiter.

Die Pressemitteilung von Microsoft endet mit dem Hinweis, dass Kunden, die Computerprogramme über das besagte Portal erworben haben, diese kostenlos auf Echtheit überprüfen lassen könnten. dies sei über den von Microsoft Angebot gebotenen Produktidentifikationsservice möglich, der über www.microsoft.de/pid zu erreichen ist.

Darf Microsoft das?

Viele werden sich nun fragen, ob das Verhalten von Microsoft zulässig ist, zumal – worauf Microsoft selbst hinweist –  bisher keine entsprechende rechtskräftige Gerichtsentscheidung in der Welt ist. Fest steht allein, dass das hinter Softwarebilliger.de stehende Unternehmen durch einen solchen öffentlich erhobenen Vorwurf nicht unerheblichen Schaden nehmen dürfte, wenn es ihn überhaupt überlebt.

Wir verstehen die Pressemitteilung von Microsoft so, das der Plattform softwarebilliger.de vorgeworfen wird, richtige „Raubkopien“ der Software angeboten und vertrieben zu haben und dass es nicht um das zurzeit ebenfalls heftig diskutierte Problem geht, ob und wie Zwischenhändlern der Verkauf von „gebrauchter“ Microsoft Software im Zusammenhang mit Echtheitszertifikaten gestattet ist.

Der BGH hat im Oktober 2011 beispielsweise entschieden, dass es unzulässig ist, einen so genannten Recovery-Datenträger mit einem Echtheitszertifikat zu verbinden, wenn dieser nicht von Microsoft ursprünglich so verbunden in den Verkehr gebracht wurde. Wir berichteten. Obwohl es sich in diesem Fall um „echte“ Software und auch um ein originales Echtheitszertifikat gehandelt hatte, befand der Bundesgerichtshof, dass der Vertrieb der so gekennzeichneten Ware rechtswidrig in das Markenrecht von Microsoft eingreife, da die vom Händler vorgenommene  Zusammensetzung von Datenträger und Echtheitszertifikat suggeriere, dass Microsoft für die Echtheit des Datenträgers einstehe, was in Wirklichkeit nicht der Fall sei.

Wenn die Vorwürfe zutreffen, über die Plattform softwarebilliger.de demgegenüber tatsächlich gefälschte, „raubkopierte“ Datenträger vertrieben worden sein sollten, ist der Vorgang tatsächlich skandalös und das Vorgehen Microsofts nachvollziehbar.

Microsoft müsste die Vorwürfe beweisen können

Falls sich die Vorwürfe allerdings nicht beweisen lassen sollten – Microsoft teilt in seiner Pressemitteilung selbst mit, dass die ergangenen Gerichtsentscheidungen zur Zeit noch durch höhere Instanzen überprüft werden – hat Microsoft ein Problem. Denn die so genannte Anschwärzung ist gemäß § 4 Nr. 8 UWG unzulässig und nach § 186 StGB sogar strafbar und mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedroht.

Der Tatbestand dieser Vorschriften ist bereits dann erfüllt, wenn derjenige, der die herabsetzenden Tatsachen behauptet, diese nicht beweisen kann. Das bedeutet, dass Microsoft die Darlegungs- und Beweislast trifft, dass über das Portal softwarebilliger.de tatsächlich gefälschte Datenträger verkauft worden sind. Da die Pressemitteilung Microsofts, wie oben bereits erläutert, so zu verstehen ist, dass damit nicht lediglich eine Streitigkeit über die lizenzrechtliche Zulässigkeit des Vertriebs von Software, sondern der Vertreib waschechter Piraterieware gemeint ist, wäre dieser Beweis wohl auch nur geführt, wenn es sich bei den sichergestellten Datenträger auch um echte Raubkopien gehandelt hätte.

Man darf daher gespannt sein, wie die zivilrechtlichen und strafrechtlichen Verfahren ausgehen. Auch wenn es Microsoft wahrscheinlich egal bzw. vielleicht sogar ganz Recht ist, wenn das angeprangerte Unternehmen „über die Klinge springt“ könnte den Beteiligten rund um die brisante Pressemitteilung eine strafrechtliche Verfolgung drohen. (la) 

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