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Focus Markenrecht
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Keine Geschmackssache: Marke in Überschrift wird herkunftshinweisend verstanden

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Herkunftsangabe Überschrift Online-Angebot
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Eine Bezeichnung in der Überschrift einer Prospekt- oder Onlineshop-Anzeige wird für gewöhnlich als herkunftshinweisende, markenmäßige Nutzung aufgefasst. Das verwendete Zeichen kann dann neben der Dachmarke als Zweit- oder Untermarke wahrgenommen werden und wirkt so neben der Dachmarke als selbstständig kennzeichnend. Dies birgt bei Gleichheit oder -ähnlichkeit mit der geschützten Marke eine rechtswidrige Verwechslungsgefahr.

Die Markeninhaberin hatte eine einstweilige Verfügung beantragt, um der Tochter eines großen Handelskonzerns zu untersagen, alkoholfreie Getränke unter einer Bezeichnung zum Verkauf anzubieten, die die Dachmarke des dortigen Produkts, sowie auch eine Zweit- oder Untermarke enthielt. Die Zweit- oder Untermarke war mit der Marke der Markeninhaberin nahezu identisch.

LG München I: Reine Geschmacksangabe

Das LG München I wollte dieser Auffassung nicht folgen und wies den Antrag ab, weil nach der Ansicht des Gerichts eine Verbindung zur Geschmacksrichtung des Getränks bestünde, zudem spräche auch die konkrete Gestaltung der Angebotsüberschrift gegen eine markenmäßige Nutzung (LG München I, Beschluss v. 15.2.2021, Az.: 33 O 1074/21).

Die vom Gericht hergestellte Verbindung zur Geschmacksrichtung warf hierbei jedoch bereits dadurch Fragen auf, dass die eigentliche (in der Tat beschreibende) Geschmacksrichtung in dem betreffenden Angebot direkt unter der Artikelüberschrift separat angegeben war.

OLG München: In Überschrift herkunftshinweisend

Das OLG München hat sodann auf Beschwerde der Markeninhaberin den Beschluss der Vorinstanz kassiert und die einstweilige Verfügung wie beantragt erlassen (OLG München, Beschluss v. 24.3.2021, Az. 29 W 358/21). Hierbei stellte das OLG zunächst fest, dass bei einem Angebot für Lebensmittel (etwa in einem Onlineshop) eine Bezeichnung in der Artikelüberschrift oder wenn sie drucktechnisch derart hervorgehoben ist, dass man sie als Überschrift interpretieren kann, von den maßgeblichen Verkehrskreisen regelmäßig herkunftshinweisend – also als Marke – wahrgenommen werde. Und zwar gelte dies neben der Dachmarke auch für die anderen Bestandteile der Bezeichnung – wenn diese denn unterscheidungskräftige Zweit- oder Unterbezeichnungen sind.

Im konkreten Fall laut OLG München gerade keine Geschmacksangabe und daher auch keine rein beschreibende Verwendung

Zweit- oder Unterbezeichnungen können im Getränkebereich zwar auch rein beschreibend sein, wenn sie alleine den Geschmack oder bestimmte Inhaltsstoffe abbilden und als somit vom Verkehr nicht einem bestimmten Unternehmen zugeordnet werden können. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Denn das OLG stellte zurecht fest, dass das verwendete Zeichen mitnichten als Geschmacksangabe verstanden werden konnte. Zumal, wenn die Geschmacksrichtung im Anzeigentext noch extra erläutern wird. Daher wurde das Zeichen vom Gericht als selbstständig kennzeichnend und letztlich markenverletzend angesehen.

(Offenlegung: LHR hat die Antragstellerin vertreten)

Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.

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