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OLG Frankfurt: Viele AGB-Klauseln zum Vertragsschluss sind "abmahngefährdet"

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Nicht erst  nach den Gesetzesänderungen zur so genannten „Buttonlösung“ dürften viele Formulierungen zu den Angaben darüber, wann der Kunde mit dem Händler einen Vertrag schließt in allgemeinen Geschäftsbedingungen überarbeitungsbedürftig sein.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat sich in einer aktuellen Beschwerdeentscheidung (OLG Frankfurt, Beschluss v. 29.8.2012, Az. 6 W 84/12)  mit der Zulässigkeit der folgenden AGB-Klausel beschäftigt:

„Der Vertrag mit uns kommt zustande, wenn wir das Angebot des Kunden innerhalb von 5 Tagen schriftlich oder in Textform annehmen oder die bestellte Ware übersenden. Für den Fall der vereinbarten Zahlungsart Vorkasse erklären wir bereits jetzt und an dieser Stelle die Annahme des Vertragsangebotes des Kunden zu dem Zeitpunkt, in dem der Kunde Vorkasse leistet, wenn die Zahlung innerhalb von 10 Tagen nach Absendung der Bestellung erfolgt.“

Nachdem das Landgericht Frankfurt noch keine Rechtswidrigkeit erkennen konnte, betont das Oberlandesgericht, dass diese Klausel sowohl intransparent ist, als den Verbraucher auch unangemessen benachteiligt.

Intransparenz

Der Verbraucher könne anhand des bloßen Hinweises „Zahlung“ den Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht ermitteln und wisse somit nicht, wie lange er an sein Vertragsangebot gebunden sein soll.

Unangemessene Benachteiligung

Darüber hinaus – und das dürfte für den vorliegenden Fall das Entscheidende sein – wird der Verbraucher nach der allgemeinen Geschäftsbedingung des Händlers bereits zu einem Zeitpunkt zur Zahlung aufgefordert, zu dem noch gar kein Vertragsverhältnis besteht.

Obwohl der Streitwert der Angelegenheit vom Gericht nur mit lediglich 3.300,00 € (Hauptsache 5.000,00 €) angesetzt wurde und es sich somit nicht um einen schwerwiegenden Verstoß handelt, dürfte sich die oben ersichtliche Klausel so oder so ähnlich in tausenden von allgemeinen Geschäftsbedingungen von Onlinehändlern finden. Es besteht besteht somit für zahlreiche Shops eine hohe  „Abmahngefahr“.

Der Beschluss lautet im Volltext:

 

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Beschluss vom 29.8.2012

Az. 6 W 84/12

 

In der Beschwerdesache

Antragstellerin und Beschwerdeführerin,

gegen

Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin,

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 3, Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. 7. 2012 am 29, 8. 2012 beschlossen:

Der Beschluss des Landgerichts wird abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Verbrauchern gegenüber Möbel, Dekorationsartikel, Grills, Pavillons und Gartenzelte zu bewerben und dabei die folgenden AGB-Klausel zu verwenden:

„Der Vertrag mit uns kommt zu Stande, wenn wir das Angebot des Kunden innerhalb von 5 Tagen schriftlich oder in Textform annehmen oder die bestellte Ware übersenden. Für den Fall der vereinbarten Zahlungsart Vor¬kasse erklären wir bereits jetzt und an dieser Stelle die Annahme des Vertragsangebotes des Kunden zu dem Zeitpunkt, in dem der Kunde Vorkasse leistet, wenn die Zahlung innerhalb von 10 Tagen nach Absendung der Bestellung erfolgt.“

wenn dies wie aus der Anlage AST 6 ersichtlich geschieht

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Eilverfahrens zu tragen.

Beschwerdewert: 3.300 €.

Gründe:
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Antragstellerin steht ein Anspruch auf Unterlassung der in § 2 Abs. 3 ihrer allgemeinen Geschäftsbeingungen verwendeten Bestimmung (Anlage AST 6) zu.

Der Klauselbestandteil „Für den Fall der vereinbarten Zahlungsart Vorkasse erklären wir bereits jetzt und an dieser Stelle die Annahme des Vertragsangebotes des Kunden zu dem Zeitpunkt, in dem der Kunde Vorkasse leistet, wenn die Zahlung innerhalb von 10 Tagen nach Absendung der Bestellung erfolgt“ enthält keine klare und verständliche Regelung, mit der der Zeitpunkt der Annahmeerklärung der Antragsgegnerin hinreichend bestimmt wird (§§ 307, 308 Nr. 1 BGB). Darin liegt zugleich ein Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel i. S. des § 4 Nr. 11 UWG.

Die Antragsgegnerin meint, die Voraussetzung „…Vorkasse leistet…“ beziehe sich eindeutig auf den Zeitpunkt der Absendung des Kaufpreises. Der Senat vermag sich dem nicht anzuschließen. Da die Antragsgegnerin von diesem Vorgang naturgemäß keine Kenntnis haben kann, spricht viel mehr dafür, dass ein verständiger Durchschnittsverbraucher diese Bedingung der Annahmeerklärung auf den Zahlungseingang bei der Antragsgegnerin beziehen und dass er demgegenüber die nachfolgende Voraussetzung „…wenn die Zahlung innerhalb von 10 Tagen nach Absendung der Bestellung erfolgt auf das vorangehende Initiieren der Zahlung beziehen wird.

Wenn der Zahlungseingang bei der Antragsgegnerin Bedingung für die Annahme ihres Vertragsangebots ist, dann wird dem Bestimmtheitsgebot nicht genügt, weil sich dieses Ereignis der Einfluss- bzw. Kenntnissphäre des Kunden entzieht und er daher nicht in der Lage ist, selbst zu erkennen, wie lange er an sein Angebot gebunden ist. (Palandt-Grüneberg, BGB, 71. Aufl., Rn. 5, 8 zu § 308 BGB).

Dem steht auch nicht entgegen, dass § 675 s BGB den Zahlungsdienstleistern die Verpflichtung auferlegt, sicherzustellen, dass der Zahlungsbetrag spätestens am Ende des auf den Zugangszeitpunkt des Zahlungsauftrags folgenden Geschäftstag beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingeht. Zum einen ist damit noch keine Aussage über die Wertstellung auf dem Konto des Empfängers getroffen. Zum anderen bezieht sich die Regelung nur auf bargeldlose Zahlungen während die Bestimmung „Vorkasse“ in einem umfassenden Sinn verstanden werden kann.

Unabhängig von der Intransparenz der Klausel führt sie auch zu einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden, weil diese ihre Zahlung zu einem Zeitpunkt veranlassen müssen, in denen noch gar kein Vertrag zwischen den Parteien besteht. Dies ist mit wesentlichen Grundgedanken des allgemeinen Schuldrechts nicht vereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Da die Bedingung für die Vertragsannahme der Antragsgegnerin aus den o. g. Gründen erst mit Zahlungseingang eintritt, wird der Kunde gezwungen, ihr den Kaufpreis zu überweisen oder zu übersenden, obwohl noch gar kein Vertrag zustande gekommen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

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