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Noch einmal: kino.to und Urherberrechtsverletzungen

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Aufgrund der aktuellen Ereignisse rund um den – aus unserer Sicht sehr zu begrüßenden – Schlag gegen die Drahtzieher und Hintermänner von kino.to (wir haben darüber berichtet) möchten wir die aktuelle Debatte nutzen, um einige Grundsätze des Urheberrechts in Bezug auf Urheberrechte und Internetnutzung zu erläutern.

Strafbarkeit – aber fehlendes Unrechtsbewusstsein

In der täglichen Arbeit erleben wir sehr häufig, dass eines der größten Probleme das fehlende Unrechtsbewusstsein darstellt: Filme, Musik, Bilder oder Grafiken können im Internet leicht gefunden werden und ebensoleicht sind sie auf die Festplatte kopiert und/oder werden angesehen, kopiert, veröffentlicht und verbreitet.

Vielleicht liegt gerade auch darin, also in der anonymen Situation des Internets und der „Leichtigkeit“ mit der der Down- und Upload mittels „klick“ vollzogen werden kann, die Ursache für die fehlende Einsicht unrecht zu handeln. Auch die in den Medien seit „napster“ bekannte Diskussion hat die User von illegalen Filesharing-Netzwerken oder Plattformen wie der nunmehr beschlagnahmten Domain kino.to nicht davon abhalten können, diese zu nutzen. Trotzdem laufen (vermutlich) die gleichen Leute (oben beschriebene „User“) nicht in die CD oder DVD Abteilung ihres Vertrauens und nehmen sich allabendlich nach dem wohlverdienten Feierabend ihr Lieblingssendung auf DVD oder die neuste Charts-CD mit nach Hause, ohne die Ware zuvor an der Kasse zu bezahlen.

Die Nutzer von illegalen Streams wie der Internetplattform kino.to und Fileharing-Netzwerken aber auch diejenigen, die anderweitig urheberrechtlich geschützte Werke entgegen den §§ 15 ff UrhG „nutzen“, wollen nicht wahrhaben, dass sie durch ihr Verhalten illegal handeln und sich sogar strafbar machen ebenso wie der „Ladendieb“. Denn die Verletzung von Urheberrechten ist strafbar, was die §§ 106 ff. UrhG regeln. Dies dürfte mittlerweile allseits bekannt sein. Das Landgericht Köln führt hierzu in seinem Urteil v. 27.01.2010,  Az.: 28 O 237/09 aus:

„Die illegale öffentliche Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Musikwerke hat in den letzten Jahren ein enormes Ausmaß angenommen. Das Unrechtsbewusstsein der Mehrzahl der Rechtsverletzer ist dabei erschreckend wenig ausgebildet. Durch das öffentliche Zugänglichmachen von Musiktiteln im Internet über Filesharing-Systeme wird die Musikindustrie jedes Jahr in einem ganz erheblichen Umfang geschädigt, was durch verstärkte Berichterstattung in den Medien auch seit einigen Jahren eindringlich in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht wird.“ (a.a.O.)

Dennoch werden weiterhin unvermindert die Urheberrechte der jeweiligen Rechteinhaber verletzt, ohne dass die Täter ein schlechtes Gewissen plagt.

Welches Verhalten ist strafbar?

Hier ist zwischen den unterschiedlichen „Systemen“ zu unterscheiden:

Illegales Filesharing

Beim illegalen Filesharing besteht die strafbare Handlung zum einen darin, dass die entsprechende Musik- oder Filmdatei einer unbegrenzten Anzahl von Personen im Internet zur Verfügung gestellt wird und insbesondere zum Herunterladen angeboten wird. Hierin liegt eine öffentliche Zugänglichmachung. Die Rechte zur öffentlichen Zugänglichmachung stehen grundsätzlich zunächst nach § 94 UrhG dem Filmhersteller – also dem Produzenten – zu. Wird die Datei sodann ohne Einwilligung des Rechteinahbers, z.B. des Produzenten öffentlich zugänglich gemacht, so ist dies nach § 19 a UrhG rechtswidrig und gemäß § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG strafbar.

Ebenso stellt der Download einer Datei eine Vervielfältigung  i.S.v. § 16 Abs. 1 UrhG eines urheberrechtlich geschützten Werkes dar und ist damit ebenso strafbar wie der Upload und auch eine zulässige Privatkopie liegt nach unserer Ansicht nicht vor. Denn das Privileg des § 53 UrhG greift dann nicht ein, wenn die Kopie  von einer „offensichtlich rechtswidrigen Vorlage“ gemacht wird. Dies ist bei der ganz überwiegenden Zahl von Filmen und Musik im Filesharing der Fall, da diese bereits schon vor und während der Veröffentlichung im Kino oder auf DVD in den entsprechenden Netzwerken angeboten werden.

„Streams“ wie kino.to

Bei den sog. Streams stellt der technische Vorgang auch einen Download dar. Dateien werden, damit Sie als Film oder Lied dargestellt werden können zunächst in dem Cache also Zwischenspeicher des jeweiligen Internetbrowsers gespeichert, von wo aus sie die Wiedergabe der Datei ermöglichen. Der Cache wird von Zeit zu Zeit allerdings wieder gelöscht. Indem im Sekundentakt Downloads im Cache stattfinden wird damit in die Urheberrechte des Rechteinahbers nach § 16 UrhG eingegriffen. Auch in diesem Verfahren gilt, dass die Ausnahme des § 53 UrhG in den allermeisten Fällen nicht eingreifen wird, da die Daten offensichtlich nicht zulässig hergestellt wurden.

Strafbarkeit der User

Wie so oft in der Juristerei gehen die Meinungen über die Strafbarkeit der Nutzer von Streamingseiten auch unter Juristen auseinander (wie berichtet). Nach unserer Ansicht ist eine Strafbarkeit zunächst zu bejahen, da auch beim Streaming ein Download im Zwischenspeicher des Internetbrowsers stattfindet, so dass eine Vervielfältigung nach § 16 Abs. 1 UrhG zunächst gegeben ist. Auch der Ausnahmetatbestand des § 53 UrhG wird wie bereits beschrieben nicht eingreifen.

Ist das ansehen von Filmen auf Plattformen jetzt strafbar oder nicht? Diese  Frage zu stellen, heißt nicht sie einfach beantworten zu können.

Dies liegt an der besonderen „Wiedergabeart“, also am Streaming selbst. Wie beschrieben, ist die Kopie der Dateien im Cache „flüchtig“ und damit nicht dauerhaft. § 44 a UrhG normiert allerdings besondere Regelungen der Zulässigkeit für vorübergehende Vervielfältigungshandlungen und muss daher auch beim Streaming beachtet werden:

Zulässig sind vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,

  1. eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder
  2. eine rechtmäßige Nutzung

eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben.“

Damit ist das Streaming eigentlich von dem Wortlaut der Norm erfasst. Da die Kopie flüchtig und nicht dauerhaft ist. Es kann jedoch darüber nachgedacht werden, ob hier eine teleologische Reduktion vorgenommen werden muss. Und zwar dahingehend, dass wie im Sinne der Nr. 2 oder des § 53 UrhG der Streamingvorgang nur dann zulässig sein soll, wenn die Quelle nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellt worden ist. Erneut möchten wir an dieser Stelle auf den lesenswerten Beitrag des Kollegen Härtel verweisen.

Es bleibt also abzuwarten, ob und wann das erste Gerichtsverfahren gegen einen Nutzer einer illegalen Streamingseite geführt wird und welcher Ansicht insbesondere in Bezug auf § 44a UrhG sich die Richter anschließen werden. (cs)

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