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Prüfungspflichten des File-Hosting-Dienstes Rapidshare jetzt auch vom BGH bejaht

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rapidshareErst gestern berichteten wir über die Entscheidung des KG Berlin, in der es im die  Haftung eines Host-Providers – dort Google-Maps – ging.

Im vorliegenden Fall entschied der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil v. 15.08.2013, Az. I ZR 80/12), dass ein File-Hosting-Dienst zu einer umfassenden regelmäßigen Kontrolle verpflichtet ist, wenn er durch sein Geschäftsmodell Urheberrechtsverletzungen im erheblichen Umfang Vorschub leistet. Der BGH bestätigte mit diesem Urteil im wesentlichen die vorinstanzliche Entscheidung des OLG Hamburg (OLG Hamburg, Urteil v. 14. März 2012, Az. 5 U 87/09), von der wir am 19.03.2012 berichteten. Wir warfen unter anderem die Frage auf, ob es sich dabei um eine Fehlentscheidung gehandelt haben könnte. Der BGH verneint diese Frage.

Der BGH bestätigte, dass der File-Hosting-Dienst Rapidshare nicht erst ab der Kenntnisnahme einer Urheberrechtsverletzung tätig werden muss, sondern sogar im Vorfeld.

Was war geschehen?

Die Klägerin ist die GEMA. Bei der GEMA handelt es sich um eine Verwertungsgesellschaft für Musikurheberrechte. Die Beklagte betreibt den File-Hosting-Dienst Rapidshare, der bereits aus einschlägigen Medienberichten bekannt sein dürfte.

RapidShare stellen im Internet unter der Webadresse www.rapidshare.com Speicherplatz zur Verfügung. Nutzer des Dienstes können dort Dateien hochladen. Hiermit soll ein einfacher Austausch von Daten ermöglicht werden. Insbesondere große Dateien können mit hoher Geschwindigkeit hoch- und heruntergeladen und somit unter Nutzern ausgetauscht werden.

Die Klägerin machte geltend, dass nahezu 5.000 Musikwerke, die sie als Verwertungsgesellschaft verwaltet, ohne ihre Zustimmung über den Dienst der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht wurden und verlangte von der Beklagten Unterlassung.

Die Entscheidung

Der BGH blieb seiner Linie treu, nach der er eine Störerhaftung hinsichtlich Urheberrechtsverletzungen der Hosting-Dienstleister dann bejaht, wenn sie nach einem Hinweis auf eine klare Urheberrechtsverletzung die ihnen obliegenden Prüfungspflichten nicht einhalten und es deswegen zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt.

Das Gericht ging zwar davon aus, dass das Geschäftsmodell der Beklagten nicht von vornherein Rechtsverletzungen bezweckt habe. Die Beklagte treffe aber eine verschärfte Haftung, da sie die Gefahr einer urheberrechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes durch eigene Maßnahmen gefördert habe. Diese Förderung liege zum Beispiel darin, dass sie für den überwiegenden Teil  ihres Services kein Geld verlange. Die Beklagte erziele ihre Umsätze durch das Angebot von sogenannten „Premium-Konten“.

In der am 03.09.2013 veröffentllichten Presemitteilung des BGH heißt es:

„Die damit verbundenen Komfortmerkmale führten dazu, dass die Beklagte ihre Umsätze gerade durch massenhafte Downloads erhöhe, was zu Urheberrechtsverletzungen einlade, führte das Gericht aus. Die Attraktivität für illegale Nutzungen werde durch die Möglichkeit gesteigert, den Dienst der Beklagten anonym in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte gehe selbst von einer Missbrauchsquote von 5-6% aus, was bei einem täglichen Upload-Volumen von 500.000 Dateien etwa 30.000 urheberrechtsverletzenden Nutzungshandlungen entspricht. Bei der Bestimmung des Umfangs der Prüfpflichten sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes durch eigene Maßnahmen fördere.“

Das Gericht folgerte aus diesem Geschäftsmodell eine umfassende Prüfungspflicht:

„Bei der Bestimmung des Umfangs der Prüfpflichten ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung ihres Dienstes durch eigene Maßnahmen fördert. Ist die Beklagte auf konkrete Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer hinsichtlich bestimmter Werke hingewiesen worden, so ist sie deshalb nicht nur verpflichtet, das konkrete Angebot unverzüglich zu sperren; sie muss darüber hinaus fortlaufend alle einschlägigen Linksammlungen darauf überprüfen, ob sie Links auf Dateien mit den entsprechenden Musikwerken enthalten, die auf den Servern der Beklagten gespeichert sind. Die Beklagte hat über allgemeine Suchmaschinen wie Google, Facebook oder Twitter mit geeigneten Suchanfragen und ggf. auch unter Einsatz von sog. Webcrawlern zu ermitteln, ob sich für die konkret zu überprüfenden Werke Hinweise auf weitere rechtsverletzende Links zu ihrem Dienst finden. Diese Prüfpflichten bestehen im selben Umfang für jedes Werk, hinsichtlich dessen die Beklagte auf eine klare Verletzung hingewiesen worden ist. Die Prüfpflichten werden nicht dadurch geringer, dass die Beklagte auf eine große Zahl von Rechtsverletzungen – im Streitfall auf die Verletzung der Rechte an mehr als 4.800 Musikwerken – hingewiesen worden ist.“

Das besondere an dieser Entscheidung ist, dass nach Ansicht des BGH selbst ein an sich zulässiges Geschäftsmodell zu erhöhten Prüfpflichten führen kann, wenn es zu einer großen Zahl von Urheberrechtsverletzungen kommt. Der Host-Provider muss dann mit denen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nach weiteren Rechtsverletzungen suchen. (jr)

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