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Identitätsklau auf Facebook: Vettel, Arnautovic und Co. jagen "Doppelgänger"

Wieder einmal schwappt eine Entwicklung in den USA als Welle auch nach Europa. Der Identitätsdiebstahl oder -missbrauch wird auch in Deutschland immer populärer.

Aktuell gehen zahlreiche Prominente gegen solche Vorgänge im sozialen Netzwerk Facebook vor.

Auch Sebastian Vettel wurde seine Identität bei Facebook „geklaut“. Ein Unbekannter hatte sich in seinem Namen ein Account angelegt und sich offensichtlich genügend plausibel als junger Zweifachweltmeister ausgegeben. Denn immerhin drückten knapp 600.000 Facebook-User den „Gefällt-mir“-Button und signalisierten damit ihre Unterstützung gegenüber dem vermeintlichen Rennfahrer. Rund ein Dutzend weiterer Trittbrettfahrer versuchten sich bei Facebook als „Sebastian Vettel“, möglicherweise getrieben von dem Wunsch sich auch einmal als Star fühlen zu können.

Vettel selbst erklärte inzwischen, dass er überhaupt nicht bei Facebook aktiv sei und gegen sämtliche Fälle des Identitätsklaus über seine Anwälte die erforderlichen Schritte einleiten werde.

Der Identitätsklau bei Facebook hat bislang keine materiellen Betrugshintergründe, wie dies in der ganz überwiegenden Anzahl der Identitätsdiebstähle im Internet („identitiy fraud“) der Fall ist. Das angegegriffene Rechtsgut ist neben dem Namensrecht aus § 12 BGB vielmehr das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen.

So verkündete der populäre „falsche“ Sebastian Vettel auf seiner Facebook-Seite, dass er Single sei und sich in seinem Heimatort Heppenheim eine denkmalgeschützte Villa für 1.500.000, 00 Euro und ca. 300 Quadratmeter Wohnfläche gekauft habe.

Beide Tatsachenbehauptungen sind in Bezug auf den „echten“ Sebastian Vettel schlicht falsch. Vettel sah sich aufgrund dieser falschen Behauptung dazu gezwungen, offiziell mitzuteilen, dass er weiterhin glücklich mit seiner Freundin Hannah zusammen ist, mit der er bereits seit Schulzeiten eine Beziehung führt. Außerdem habe er keine Villa in Heppenheim gekauft, sondern lebe weiterhin glücklich in einer restaurierten Mühle in der Schweiz, eine Rückkehr nach Deutschland schließe er aktuell aus.

Allein die Tatsache, dass ein Dritter seinen Namen missbräuchlich für ein Facebook-Account nutzt, begründet einen Unterlassunsganspruch, mit welchem er die gefälschte Seite löschen lassen kann.

Nach § 12 BGB kann der Berechtigte die Beseitigung einer solchen Beeiträchtigung der eigenen Rechte verlangen, wenn ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht. Neben diesem Anspruch wegen Namensanmaßung stehen Sebastian Vettel weitere Unterlassungsansprüche wegen Verletzung seines Persönlichekitsrechts zu.

Auch die Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden ist möglich. Zwar sind in der Praxis die tatsächlichen Rechtsverletzer oftmals nicht oder nur sehr schwer über ihre IP-Adresse auszumachen, eine Strafanzeige sollte in diesen Fällen aber grundsätzlich immer gestellt werden.

Die Problematik bezüglich der Suche nach dem eigentlichen Täter umfasst auch die Durchsetzung der zivilrechtlichen Ansprüche wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Namensrechts. Auch wenn die Identität des Identiätsdiebes nicht ausfindig gemacht werden kann, kann die falsche Seite über den Seitenbetreiber gelöscht werden.

Voraussetzung dafür ist die sofortige Inkenntnissetzung des Seitenbetreibers über die Rechtsverletzung. Nimmt der Seitenbetreiber den rechtsverletzenden Inhalt nach dieser Information nicht unverzüglich – im schnelllebigen Internet kann eine Löschung innerhalb von 24 – 48 Stunden verlangt werden – aus dem Netz, haftet er sebst als Störer auf Unterlassung.

In einem solchen Fall könnte Sebastian Vettel dann auch Facebook selbst kostenpflichtig abmahnen, d. h. außergerichtlich die Beseitigung der Störung und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung fordern. Falls auch ein solches Vorgehen nicht ausreicht, um die Ansprüche durchzusetzen, könnte Vettel auch gerichtlich gegen Facebook vorgehen und eine einstweilige Verfügung erwirken.

Auch mehrere Bundesligaprofis der Spitzenmannschaft Werder Bremen sind von ähnlichen Vorgängen betroffen. Über 40 falsche Accounts von angeblichen Werder-Profis existieren bei Facebook. Die betroffenen Spieler, Tim Wiese, Marco Arnautovic, Clemens Fritz und Marko Marin lassen diese jetzt über ihren Verein löschen.

Auch Twitter ist von ähnlichen Vorgängen betroffen und hat bereits auf diese Entwicklung reagiert. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen wird den Nutzern eine sogenannte „Impersonation“, also der Identitätsdiebstahl, verboten. Dass eine solche Maßnahmen eher den guten Willen zeigt, als die Täter vom Missbrauch der Identitäten Prominenter tatsächlich abzuhalten, liegt auf der Hand. Ein weiterer Versuch bei Twitter das Phänomen des Identitäsdiebstahls zu bekämpfen, ist die Zertifizierung echter Profile von Prominenten. Geprüfte Accounts werden mit einem weißen Häkchen auf himmelblauer Wolke versehen. Auf diese Weise will Twitter die Betroffenen schützen und die User auf Fake-Profile aufmerksam machen.

Diese Versuche zeigen wieder einmal, dass das Internet nicht zu beherrschen ist. In einer abgewandelten Form kommt auch bei diesem Problem der Streisand-Effekt zum Vorschein: Sobald ein falsches Profil gelöscht wird, schießen zwanzig neue Accounts aus dem virtuellen Boden.

Bevor der werte Leser aber am aufgezeigten Problem nun verzweifelt, raten wir ihm sich ein gutes Buch zu nehmen, sich zurück zulehnen und sich in dieses unproblematische Medium zu vertiefen. Aber Vorsicht bei der Wahl des Buches, sonst holt einen die Problematik schneller wieder ein, als es einem lieb sein kann. (ha)

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