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Ein Like von Verbraucher- und Datenschützern für die Entscheidung des LG Düsseldorf

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Verbraucher- und Datenschützer würden den „Gefällt mir“-Button für das Urteil des LG Düsseldorf vom 09.03.2016 sicherlich auf der Stelle drücken, wenn es einen solchen gäbe.

Die Richter am Landgericht Düsseldorf entschieden über die bloße Einbindung des Social Plugins „Gefällt mir“ von Facebook beim Webauftritt eines Onlineshops zulasten des Shopbetreibers (LG Düsseldorf, Urteil v. 09.03.2016, Az. 12 O 151/15, nicht rechtskräftig). Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde.

Der Verbraucher, der die Onlineshop-Seite besuchte, hatte die Möglichkeit, auch dem Facebookauftritt des Unternehmens einen „Daumen hoch“ zu vergeben. Wer während der Sitzung bei Facebook zugleich angemeldet war, bekam angezeigt, welcher seiner Freunde den Button bezüglich des konkreten Onlineshops bereits betätigt hatte. Unangemeldeten Nutzern wurde abstrakt angezeigt, wie viele Likes die Seite insgesamt schon gesammelt hatte. War es Facebook nicht möglich, den Nutzer zu identifizieren oder war dieser lediglich nur nicht bei Facebook eingeloggt, erfolgte mit Betätigung des „Like“-Buttons eine Weiterleitung auf eine Seite, auf der eine entsprechende Registrierung oder Anmeldung umgehend stattfinden konnte.

Was der Besucher der Seite in der Regel jedoch nicht wusste, war, dass nicht erst die aktive Betätigung des „Gefällt mir“-Buttons eine Mitteilung über den Seitenaufruf und Weitergabe bestimmter Informationen über die Abfrage auslöst, sondern bereits die bloße Einbindung der „Like“-Funktion auf der Onlineshop-Seite. Denn die Einbettung eines Plugins hat zur Folge, dass bei jedem Aufruf der Internetseite automatisch Daten an den Anbieter des Plugins übertragen werden.

Facebook wird also bereits mit Aufruf der Onlineshop-Seite in jedem Fall die IP-Adresse, unter der der Nutzer „online“ ist und der sogenannte „String“ des genutzten Browsers übermittelt. Auf diese Weise werden täglich unzählige Daten über das Surfverhalten der Nutzer unzähliger Websites, die ein solches Plugin in Form des „Gefällt mir“-Buttons einbinden, an das soziale Netzwerk übermittelt.

Der Datenschutz der ahnungslosen Nutzer

Der Kläger vertrat im Gerichtsverfahren die Auffassung, die Übermittlung der IP-Adresse sei ohne datenschutzrechtliche Einwilligung unzulässig. Er bezog sich dabei maßgeblich auf die Vorschriften des Telemediengesetzes. Gemäß § 12 Abs. 1 TMG darf der Diensteanbieter „personenbezogene Daten zur Bereitstellung von Telemedien nur erheben und verwenden, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf Telemedien bezieht, es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat.“  Weiter heißt es in § 13 Abs. 1 TMG: „Der Diensteanbieter hat den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten […] in allgemein verständlicher Form zu unterrichten, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist.“

Das Landgericht Düsseldorf hat nun entschieden, dass die Beklagte dieser Pflicht hinsichtlich ihrer Internetseite nicht nachgekommen war. Die Datennutzung könne sich nicht auf eine generelle Einwilligung aller Besucher der Seite stützen. Eine solche hätte bewusst und eindeutig erteilt werden müssen, § 13 Abs. 2 TMG. Eine solche Einwilligung müsse darüber hinaus der Datenerhebung vorangehen und dürfe nicht erst nachträglich erfolgen.

Eine dem § 13 Abs. 1 TMG entsprechende Information der Nutzer sei ebenfalls nicht erfolgt. Die Internetseite war lediglich mit einem Link zu einer Datenschutzerklärung versehen, welche den Nutzer über Umfang und Nutzung personenbezogener Daten während des Bestellprozesses sowie der sonstigen Nutzung informierte. Sie gab auch Hinweise zur Nutzung der Social Plugins an sich. Die Datenschutzerklärung sah zudem einen Link auf die Datenschutzerklärung und darin enthaltenen Informationen zu den dort stattfindenden Datenerhebungs- und Verarbeitungsvorgängen von Facebook vor. Das Landgericht entschied jedoch, dass dies den Anforderungen von § 13 TMG nicht gerecht wird: „Eine Unterrichtung sah die Internetseite der Beklagten nicht vor, und zwar weder vor einer Weiterleitung von Daten an Facebook, noch während des Beginns des Nutzungsvorgangs. Der bloße Link zu einer Datenschutzerklärung in der Fußzeile der Website stellt keinen Hinweis zu Beginn bzw. vor Einleitung des Verarbeitungsvorgangs dar.“

Der „Like“-Button auf der Onlineshop-Seite und die damit verbundene Erhebung der Daten seitens Facebook über den bloßen Besuch der Seite stellten so einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Nutzer, namentlich in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Danach ist der Einzelne befugt, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu entscheiden. Für diesen Eingriff haftet die Beklagte nach § 3 Abs. 7 BDSG als verantwortliche Stelle. Durch das Einbinden des Plugins ermöglicht sie die Datenerhebung und spätere Verwendung der Daten durch Facebook.

Wettbewerbsrechtliche Relevanz

Das Urteil nimmt ebenso Bezug auf die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Einbindung des „Gefällt mir“-Plugins. §§ 12 und 13 TMG, als Normen, die die Erhebung von Daten betreffen, schützen im Kontext des vorliegenden Sachverhalts nicht nur das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, sondern auch den Wettbewerb an sich. Häufige Klicks auf den „Gefällt mir“- Button führen zu einer besseren Platzierung von Werbung und zu dem vermehrten Erhalt personalisierter Werbung des Onlineshops bei Facebook. Das Plugin ist so in der Lage, auch das kommerzielle Verhalten der Nutzer zu beeinflussen. Das Anzeigen der Facebook-Freunde, die die in Rede stehende Internetseite geliked haben, als auch die Kenntnis einer abstrakten Anzahl von „Gefällt mir“-Angaben können sich ebenso auf das Kaufverhalten des Nutzers auswirken. Insoweit pflichtete das Landgericht der Darlegung des Verbraucherschutzbundes  bei, dass eine Berücksichtigung der §§ 12 und 13 TMG hier auch in der Rolle als Marktverhaltensregeln Berücksichtigung finden müssten. Die Nutzung des „Like“-Buttons war so auch im Sinne des § 3a UWG in Verbindung mit § 13 TMG unlauter und stellte einen Wettbewerbsverstoß dar.

Derartige Datenerhebung ist nicht erforderlich

Die Beklagte trug außerdem vor, sie sei nach § 15 TMG zur Erhebung personenbezogener Daten befugt, da die Einbindung von Drittinhalten integraler Bestandteil der Funktionsfähigkeit des Internets sei. Demgegenüber erklärte das Landgericht, die Datenübermittlung über die Einbindung des „Gefällt mir“-Buttons sei nicht erforderlich für den Betrieb der Website. Vielmehr könnte sie weiterhin die Vorteile einer Verknüpfung mit Facebook nutzen. Hierfür müsse sie lediglich die Rechte Dritter Nutzer in Zukunft beachten. Eine Möglichkeit, die dies einbinde, ergebe sich aus dem sog. „2 Klick-Verfahren“. Eben dieses sehe die Onlineshop-Seite ohnehin seit der ersten Abmahnung durch den Verbraucherverband vor. Der Nutzer muss so, um dem Unternehmen einen Daumen nach oben zu geben, zunächst eine Funktion aktivieren, durch die er zustimmt, dass Daten an die Betreiber sozialer Netzwerke übertragen werden. Anschließend kann er „Gefällt mir“ drücken. Eine Einbindung von Drittinhalten ist dem Internetseitenbetreiber so also nach wie vor möglich, ohne den Nutzer schutzlos mit Beziehung seiner persönlichen Daten hinter das Licht zu führen.

Die Folgen des Urteils

Einen „Daumen nach oben“ verdient das Urteil des Landgerichts Düsseldorf besonders unter dem Aspekt des Schutzes des informationellen Selbstbestimmungsrechts und der Stärkung des Datenschutzes von Internetnutzern.

Für Webseitenbetreiber, die ebenso wie die Beklagte den „Gefällt mir“-Button in ihren Internetauftritt integriert haben, steigt die Gefahr einer Abmahnung. Nach Auffassung des LG Düsseldorf dürften sie einer Inanspruchnahme jedoch durch die Einbindung des sog. „2-Klick-Verfahrens“ entgehen können, wie es auch von uns unter jedem Artikel verwendet wird. Das letzte Wort ist diesbezüglich aber natürlich noch nicht gesprochen.

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